Zwei Jahre |
15.11.2023 17:54:00
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Siemens Energy-Aktie schießt hoch: Siemens Energy erhält wohl vom Bund Milliardenunterstützung
Trotzdem plant Siemens Energy im Konzern für das laufende Jahr mit einem Überschuss von rund 1 Milliarde Euro. Darin sind allerdings Mittelzuflüsse zwischen 2,5 und 3 Milliarden Euro aus Veräußerungen und beschleunigtem Portfolioumbau enthalten. So erlöst Siemens Energy aktuell bereits 2,1 Milliarden Euro durch den Verkauf eines großen Aneils an Siemens India an die ehemalige Konzernmutter.
Im vergangenen Jahr führten unter anderem Qualitätsprobleme bei Onshore-Windanlagen, gestiegenen Kosten und Anlaufproblemen für eine neue Offshore-Turbine von Siemens Gamesa den gesamten Konzern tief in die roten Zahlen. Netto stand ein Fehlbetrag von knapp 4,6 (Vorjahr: 0,7) Milliarden Euro zu Buche. Der Erfolg der übrigen Geschäftsbereiche, die 70 Prozent des Jahresumsatzes von Siemens Energy ausmachen, seien durch die Probleme im Windgeschäft überschattet worden, heißt es in der Mitteilung.
Immerhin gab es zuletzt keine weiteren Rückstellungen im Windgeschäft. Die technische Analyse der Qualitätsprobleme bei zwei Onshore-Anlagen sei nahezu abgeschlossen, es hätten sich keine weiteren Probleme gezeigt. Um Siemens Gamesa wieder profitabel zu machen, werde der Umfang der Geschäftsaktivitäten überprüft. Details sollen beim Kapitalmarkttag am 21. November genannt werden.
Insgesamt verzeichnet Siemens Energy starke Nachfrage. Das Neugeschäft stieg im abgelaufenen Geschäftsjahr vergleichbar um gut ein Drittel auf 50,4 Milliarden Euro, der Konzern sitzt auf einem Auftragspolster von 112 Milliarden Euro. Der Bund stellt eine Bürgschaft von 7,5 Milliarden Euro, damit Großprojekte auch realisiert werden können.
Für das neue Geschäftsjahr rechnet der Konzern mit einem erheblichen Rückgang des Wachstumstempos im Segment Gasturbinen. Im Konzern wird das vergleichbare Umsatzwachstum deshalb noch bei 3 bis 7 Prozent liegen - nach einem Plus von 9,9 Prozent im abgelaufenen Jahr. Die bereinigte operative Marge erwartet Siemens Energy zwischen minus 2 und plus 1 Prozent nach minus 8,9 Prozent im vergangenen Jahr.
Siemens Energy bekommt Garantien von Bund und Banken
Siemens Energy bekommt vom Bund eine Milliardenbürgschaft zur Absicherung künftiger Großaufträge. Banken stellen Garantien für insgesamt 12 Milliarden Euro, dabei steht der Bund mit bis zu 7,5 Milliarden Euro dafür gerade, wie das Bundeswirtschaftsministerium bereits am Dienstag mitteilte.
Wie vom Bund gefordert ist auch der ehemalige Mutterkonzern Siemens, der noch 25,1 Prozent der Anteile am kriselnden Energietechnikunternehmen hält, mit im Boot. Siemens gewährt eine Erstverlusttranche im Volumen von bis zu 1 Milliarde Euro: Auf sie können die Banken im Schadensfall vorrangig zurückgreifen.
Siemens hat sich dafür im Gegenzug bei Siemens Energy abgesichert - mit einem Pfandrecht über ein Aktienpaket sowie vereinbarte Zahlungsstundungen, wie Siemens Energy am Mittwochmorgen mitteilte.
Siemens stellt Siemens Energy überdies weitere 2,1 Milliarden Euro zur Stärkung der Bilanz zur Verfügung. Dafür überträgt Siemens Energy dem Großaktionär 18 Prozent an Siemens Ltd, der indischen Vertriebsorganisation. Der Anteil von Siemens an Siemens India steigt dadurch auf 69 Prozent, der von Siemens Energy sinkt auf 6 Prozent. Der Teilverkauf sei "ein erster Schritt im Rahmen der geplanten, nun beschleunigten Entflechtung von Siemens Energy und der Siemens AG in Indien", hieß es.
Üblicherweise werden Garantien bei Großprojekten von den Auftraggebern selten gezogen. Wegen der fortgesetzt hohen Verluste bei der Windkraft-Tochter Siemens Energy zögerten Banken jedoch zuletzt, Siemens Energy weiterhin Garantien in dieser Größenordnung zu geben. "Denn bei den Garantiestellern könnten Klumpenrisiken auf einem technologisch herausfordernden Markt entstehen", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Siemens Energy saß Ende September auf einem Auftragspolster von 112 Milliarden Euro.
Die Inanspruchnahme der Bundesgarantien hat Folgen für die Aktionäre: Solange sie laufen, dürfen weder Dividenden noch Boni an den Vorstand ausgezahlt werden. Siemens Energy hat im vergangenen Jahr wegen der Probleme im Windkraftgeschäft einen Nettoverlust von 4,6 Milliarden Euro eingefahren. Noch zwei weitere Jahre wird Siemens Gamesa nach jetzigem Stand rote Zahlen schreiben.
Bruch ist zuversichtlich
"In einem äußerst herausfordernden Jahr für Siemens Energy wachsen zwei Drittel unserer Geschäfte profitabel und haben ihre Jahresziele erreicht oder übertroffen", sagte Bruch. Die Nachfrage nach den Produkten von Siemens Energy ist weiter hoch: Im abgelaufenen Geschäftsjahr lag der Auftragseingang mit gut 50 Milliarden Euro rund ein Drittel höher als 2022. Der Auftragsbestand wuchs um gut ein Siebtel auf 112 Milliarden.
Im laufenden Geschäftsjahr soll der Verkauf von Geschäftsteilen die Ergebnisentwicklung stützen. Siemens Energy erwartet 2,5 Milliarden bis 3,0 Milliarden Euro Mittelzuflüsse aus Veräußerungen und aus einem beschleunigten Portfolioumbau. Einschließlich dessen geht das Management für 2023/24 von einem Gewinn nach Steuern von bis zu einer Milliarde Euro aus.
Siemens Energy sieht in zwei Segmenten mittelfristig mehr Wachstum
Siemens Energy ist in den zwei kleineren seiner vier Geschäftssegmente mit Blick auf das Wachstum mittelfristig etwas optimistischer. Grid Technology, das Geschäft mit der Netztechnik, werde 2026 niedrig zweistellig wachsen, teilte der Energietechnikkonzern bei Vorlage seiner Jahresbilanz mit. Bislang galt für 2025 das Ziel eines mittleren einstelligen Wachstums.
Das Segment Transformation of Industries, zu dem auch das neue Wasserstoff-Geschäft gehört, werde mittelfristig hoch einstelliges Wachstum zeigen statt wie bisher erwartet mittleres einstelliges Wachstum.
Damit seien für beide Bereiche auch höhere Margenziele 2026 im Vergleich zu 2025 verbunden, hieß es weiter. Einzelheiten will Siemens Energy auf dem Kapitalmarkttag in der nächsten Woche nennen.
Siemens Energy: Aktuell kein Rückzug aus dem Onshore-Windgeschäft
Siemens Energy wird sich vorerst nicht aus dem Geschäft mit Onshore-Windkraftanlagen zurückziehen. Man werde nicht sagen können, "das machen wir nicht mehr", sagte Vorstandschef Christian Bruch auf der Bilanzpressekonferenz in München. Ein solcher "Knalleffekt" sei in der nächsten Woche auf dem Kapitalmarkttag nicht zu erwarten. Vorrangig sei es, die Qualitätsprobleme bei den Onshore-Turbinen "zu fixen". Das Unternehmen werde sich aber in Zukunft auf bestimmte Turbinen und Märkte beschränken, kündigte er an. "Man wird sich mehr fokussieren müssen", so Bruch.
Untersucht werde etwa, welche Turbine standardisiert in welche Ländern verkauft werden könne. Vereinfachung sei hier ein wesentliches Thema. Die Frage, in welchen Ländern Siemens Energy vertreten bleibt, entscheidet sich aber auch am Wettbewerb. Europa und die USA stehen als Kernregionen für das Windgeschäft von Siemens Energy aber nicht zur Disposition.
Siemens Energy will Rückgarantien vom Bund nur kurzzeitig nutzen
Siemens Energy will nach den Worten von CEO Christian Bruch die mit dem Bund ausgehandelten Rückgarantien auch mit Blick auf das angekündigte Dividendenverbot nur so kurz wie möglich nutzen. "Es ist unser Interesse und das Interesse unserer Aktionäre, das so kurz wie möglich zu gestalten. Daher gehe ich mal von unter zwei Jahren aus", sagte er auf der Bilanzpressekonferenz in München. Die mit dem Bund ausgehandelte Struktur erlaube aber eine sichere Planung für zwei Jahre.
Bruch machte deutlich, dass die genauen Konditionen der Vereinbarung jetzt mit dem Bund noch ausgehandelt werden müssen. Dabei werde es neben den Gebühren auch um das Dividendenverbot gehen, das Berlin wolle. Eine solche Regelung sei eigentlich "unüblich", sagte Bruch. Das werde man mit der Bundesregierung diskutieren. "Aber solange wir Verluste machen und der Bund da Rückgarantien gibt, verstehe ich absolut diese Forderung", sagte er.
Im nächsten Jahr werde Siemens aber ohnehin "in einer Situation sein, wo wir kein Nettoeinkommen generieren, und das ist ja die Voraussetzung für eine Dividende". Bruch sagte, man verhandele mit weiteren Ländern, "in denen wir Arbeitsplätze haben", über zusätzliche Garantien im Volumen von 3 Milliarden Euro. Er nannte in diesem Zusammenhang Spanien. Auch mit der Europäischen Entwicklungsbank sei man im Gespräch.
Siemens Energy redet mit weiteren Ländern wegen Garantien
Nach der Bürgschaft durch Deutschland spricht der Energietechnikkonzern auch mit anderen Ländern über Garantien. Dies sei Teil der bereits am Dienstag genannten Garantien über insgesamt 15 Milliarden Euro. 3 Milliarden sollen dabei von anderen Beteiligten kommen, erklärte das Unternehmen am Mittwoch. Diese Summe werde durch eine Kombination aus staatlichen Programmen in anderen Ländern, der EU und der Optimierung von Garantien gesichert, hieß es.
Berichten spanischer Medien zufolge ist auch die dortige Regierung an diesen Gesprächen beteiligt. Ein großer Teil der schwächelnden Windkraftsparte von Siemens Energy, die der Kern der aktuellen Schwierigkeiten ist, sitzt in Spanien.
Hilfestellung hält Siemens Energy weiter im Aufwind
Die Aktien von Siemens Energy haben am Mittwoch ihre Erholung fortgesetzt. Weitere Nachrichten zu Hilfen für den angeschlagenen Energietechnikkonzern und positiv aufgenommene Aussagen zu den Geschäftserwartungen ließen die aktuellen Quartalszahlen in den Hintergrund treten.
Die Siemens Energy-Aktien erlebten erneut einen sehr starken Handelstag und gingen 8,93 Prozent höher bei 11,14 Euro aus dem XETRA-Handel. Vom im Oktober erreichten Rekordtief von 6,402 Euro, als Gespräche mit dem Bund über staatliche Garantien bekannt geworden waren, steht eine Erholung von aktuell mehr als zwei Drittel zu Buche. Der Kursrückgang seit Jahresbeginn liegt aber immer noch bei 39 Prozent, womit Siemens Energy abgeschlagenes Schlusslicht im deutschen Leitindex ist.
Am Dienstag hatten die Aktien letztlich positiv auf einen Durchbruch im Ringen um finanzielle Garantien reagiert. Kern ist eine Bürgschaft des Bundes über 7,5 Milliarden Euro. Auch die ehemalige Konzernmutter Siemens, Privatbanken und weitere Akteure sind im Boot. Insgesamt geht es um Garantien von 15 Milliarden Euro. Zur Wochenmitte bestätigten sich zudem Berichte über den Verkauf eines Großteils des Indien-Geschäfts von Siemens Energy an Siemens. Die Siemens-Titel hatten bereits am Dienstag deutlich zugelegt und gewannen nun weitere zwei Prozent.
Wegen der anhaltenden Probleme im Windkraftgeschäft gab Siemens Energy am Mittwoch einen Rekordverlust für das abgelaufene Geschäftsjahr bekannt und rechnet hier mit weiteren Einbußen. Dennoch erwarten die Münchner im seit Oktober laufenden, neuen Geschäftsjahr einen Gewinn nach Steuern von bis zu einer Milliarde Euro - dank der gut laufenden übrigen Geschäfte und der Erlöse aus Verkäufen.
Analyst Akash Gupta von der US-Bank JPMorgan wertete es positiv, dass mit den jüngsten Nachrichten das Risiko einer Kapitalerhöhung kurzfristig sinke. Er lobte zudem die hohen Auftragseingänge im vergangenen Quartal und die besser als von ihm erwartete Nettoverschuldung zum Geschäftsjahresende.
Die Erlöse aus dem Verkauf von Aktivitäten dürften eher am oberen Ende der Unternehmenszielspanne ausfallen, womit wohl die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung entfalle, meint auch Philip Buller von der Privatbank Berenberg. Vor dem wichtigen Kapitalmarkttag des Energietechnikkonzerns kommende Woche habe sich die Situation bei der Windkrafttochter Gamesa zumindest nicht verschlimmert. Der Höhepunkt der Verluste und Negativ-Schlagzeilen scheine hinter dem Unternehmen zu liegen.
FRANKFURT / MÜNCHEN (Dow Jones / dpa-AFX)
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