Marktwirtschaft im Fokus |
28.03.2023 06:35:00
|
Schnabel: EZB-Bilanz sollte nur so groß wie nötig sein
Die EZB-Bilanz verkleinert sich seit einiger Zeit über das Auslaufen langfristiger Refinanzierungsgeschäfte und seit Monatsbeginn auch durch den langsamen Abbau der unter dem APP-Programm erworbenen Anleihebestände. Je höher die Bilanzsumme, umso höher die Liquidität im System und desto höher das davon ausgehende Inflationsrisiko.
Schnabel zufolge besteht aber die Gefahr, dass die EZB - ähnlich wie die Fed 2019 - ihre Bilanz zu stark reduziert, weil sie die Liquiditätsbedürfnisse der Banken nicht richtig einschätzt. In diesem Fall würde es zu einem ungewollten Zinsanstieg kommen. Deshalb muss die EZB rechtzeitig überlegen, in welchem Regime sie künftig operieren will.
Schnabel sieht zwei Möglichkeiten:
1. Regime großer Überschussreserven a la Federal Reserve
Die Fed will einen ausreichend großen Puffer an Überschussreserven im System halten, so dass der effektive Federal Funds Rate - der Zinssatz, zu dem sich Banken und bestimmte andere Institutionen gegenseitig Kredite gewähren - nahe am Zinssatz für Reserveguthaben bei der Fed liegt. Dies ist die Untergrenze ("Floor"), unterhalb derer es für die Banken günstiger ist, Liquidität bei der Fed zu deponieren, als sie auf dem Markt zu verleihen.
Neben einigen Vorteilen sieht Schnabel hier aber auch Nachteile - zum Beispiel, dass sich die Liquidität ungleichmäßig über das System (im Euroraum auch über die Länder) verteilt und es Regionen mit höheren Zinsen gibt. Zudem sieht sie eine Tendenz hin zu einem sehr großen Puffer, was gegen das oben genannte Gebot zu marktwirtschaftlichem Agieren verstieße.
2. Nachfragegetriebenes Regime a la Bank of England oder Riksbank
Bei diesem Ansatz bietet die Zentralbank regelmäßig besicherte Kreditgeschäfte an, um sicherzustellen, dass ein etwaiger Engpass bei der Nachfrage der Banken nach Reserven im Zuge des Bilanzabbaus (quantitative Straffung) wieder beseitigt wird. "Auf diese Weise kann die Bank of England ihre Anleihebestände auflösen, ohne die Nachfrage der Banken nach Überschussreserven oder den Punkt zu kennen, an dem die Angebotskurve beginnt, den steilen Teil der Nachfragekurve zu kreuzen", argumentierte Schnabel.
Gelänge es der Zentralbank, einige mit diesem Konzept einhergehende Probleme zu lösen (und der BoE ist das offenbar gelungen), wäre eine gleichmäßigere Verteilung der Reserven als im angebotsgetriebenen System der Fed möglich, was, wie Schnabel anmerkte, die Währungsunion stärken würde. Außerdem wäre die EZB-Bilanz immer nur so groß wie unbedingt nötig und die EZB könnte nach und nach die Liquiditätsbedürfnisse der Banken kennenlernen.
FRANKFURT (Dow Jones)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links: