Aktionäre enttäuscht 12.11.2015 14:30:00

RWE-Aktie rutscht ab wegen Ausblick und Dividendenaussagen

In den ersten neun Monaten sackten die Gewinne aus dem laufenden Geschäft erneut ab. Neben dem anhaltenden Verfall der Strompreise im Großhandel und der unklaren Richtung der Energiepolitik kämpft das Unternehmen nun auch noch mit hausgemachten Problemen. Am Donnerstag machte RWE hinter die ohnehin schon wenig optimistische Prognose für das Gesamtjahr ein dickes Fragezeichen.

Eine klare Dividendenaussage blieb das Management schuldig. Aktionäre befürchten eine spürbare Kürzung: Ein großer Einzelaktionär hat nach dpa-Informationen die künftigen Dividendeneinnahmen in seinen internen Kalkulationen bereits von bisher einem Euro auf 85 Cent pro Aktie reduziert.

Inzwischen fasst der Vorstand angesichts der wegbrechenden Gewinne der Großkraftwerke die Aufspaltung von RWE nach dem Vorbild des Konkurrenten Eon stärker in den Blick. "Damit muss man sich ernsthaft befassen", sagte Finanzchef Bernhard Günther. RWE will bislang den Konzern als Ganzes erhalten. "Die Situation ist angesichts der Entwicklung der Strompreise in diesem Jahr leider nicht leichter geworden." Weitere Kraftwerksschließungen schloss der Manager nicht aus.

AKTIEN VERLIEREN WIEDER DEUTLICH

An der Börse gingen RWE-Aktien wieder auf Talfahrt. Bis zum frühen Nachmittag verloren sie fast acht Prozent an Wert und erreichten damit den tiefsten Stand seit Anfang Oktober. Die Papiere haben in diesem Jahr mehr als die Hälfte an Wert verloren, im September lag der Wertverlust sogar bei zwei Dritteln. Danach hatten einige politische Entscheidungen der Aktie wieder etwas Unterstützung gegeben, doch dieser Effekt scheint nun verpufft zu sein.

Konzernweit sackte das betriebliche Ergebnis in den ersten neun Monaten um knapp neun Prozent auf 2,6 Milliarden Euro ab. Hinzu kam eine hohe Steuerquote. Diese ließ den um Sondereffekte bereinigten Nettogewinn um fast 29 Prozent auf 545 Millionen Euro sinken. An der Prognose hielt der Vorstand nur eingeschränkt fest. Demnach soll der bereinigte Nettogewinn im laufenden Jahr zwar weiterhin bei 1,1 bis 1,3 Milliarden Euro landen. RWE schränkte allerdings ein, dass die Vorgabe eventuell nur knapp erreicht werde. 2014 hatte der Konzern an dieser Stelle noch 2,3 Milliarden Gewinn ausgewiesen.

KUNDENSCHWUND IN GROSSBRITANNIEN

Immer schlechter läuft es in der Erzeugungssparte. Wegen des Ökostrombooms haben sich die Preise an der Leipziger Strombörse EEX in den vergangenen vier Jahren halbiert. Dies ließ bei RWE den Gewinn der konventionellen Kraftwerke um mehr als die Hälfte einbrechen. Weitere Belastungen sind wahrscheinlich. Finanzvorstand Günther deutete Abschreibungen für den Jahresabschluss an: "Das muss man schauen, wir sind derzeit im Planungsprozess." Am Vortag hatte Konkurrent Eon wegen milliardenschwerer Wertberichtigungen einen Rekordverlust gemeldet.

Hinzu kommen bei RWE große Probleme in Großbritannien. Dort ist die Einführung eines neuen Computersystems für die Abrechnung mit Privatkunden daneben gegangen. Die Folge ist, dass in den ersten neun Monaten 200 000 britische Kunden die RWE-Tochter Npower verlassen haben und RWE rote Zahlen schrieb. Dies sei keine gute Visitenkarte für RWE, räumte Vorstandschef Peter Terium im Zwischenbericht ein. Wichtige Manager bei der Tochter Npower hat RWE inzwischen ausgetauscht. Wann die Probleme im Griff sind, ist noch offen. "Wir wollen bis Jahresende ein genaues Bild über die Aufräumarbeiten haben", sagte Günther.

RÜCKENDECKUNG DER BUNDESREGIERUNG

Dass der Gewinn nicht noch stärker gesunken ist, verdankt RWE deutlichen Zuwächsen der eigenen Ökostromsparte. Zudem profitiert der Konzern von einem Bilanzierungseffekt bei der Anrechnung der Ergebnisse der slowakischen Tochter VSE. Dass der Konzern unter dem Strich auf einen Gewinnanstieg von 95 Prozent auf knapp zwei Milliarden Euro kam, liegt aber allein am Sonderbeitrag aus dem milliardenschweren Verkauf der Öl- und Gasfördertochter Dea im ersten Quartal. Dieser ließ zudem die Schulden in den ersten neun Monaten um gut fünf Milliarden Euro auf 25,8 Milliarden Euro sinken.

Zuletzt hatte der Konzern wieder etwas Rückendeckung aus Berlin bekommen. So bescheinigte ein Gutachten der Bundesregierung den vier deutschen Atomkonzernen, ausreichend Rückstellungen für die Kosten des Atomausstiegs gebildet zu haben. Damit drohen hier zumindest kurzfristig keine Belastungen. Zudem verzichtet das Bundeswirtschaftsministerium auf die geplante Klimaabgabe für alte Kohlekraftwerke. Stattdessen erhält der Konzern Entschädigungen für das Abschalten einiger Braunkohlemeiler.

ESSEN (dpa-AFX)

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