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11.08.2022 20:34:38

ROUNDUP 2/'Cum-Ex': Ex-Finanzsenator wirft Tschentscher Einflussnahme vor

(nach Abschluss der Sitzung aktualisiert)

HAMBURG (dpa-AFX) - Der frühere Hamburger Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) hat seinem späteren Nachfolger, dem heutigen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), im Zusammenhang mit der steuerlichen Behandlung der Warburg Bank Einflussnahme vorgeworfen. Tschentscher hätte 2016 ein Schreiben der in den "Cum-Ex"-Skandal verwickelten Bank zu drohenden Rückforderungen unrechtmäßig erstatteter Steuern nicht an die Finanzverwaltung weiterleiten dürfen, sagte der 78-Jährige am Donnerstag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zum "Cum-Ex"-Skandal. "Das ist der Beginn einer Einflussnahme, wenn etwas über den Finanzsenator in den steuerlichen Apparat eingespeist wird."

Dass ein solches Verhalten nicht ohne Folgen bleibe, sei klar, "weil sich die Menschen in der Finanzbehörde zwangsläufig fragen: "Warum? Was beabsichtigt der Senator?"", sagte Peiner, der von 2001 bis 2006 Finanzsenator war. Wenn ein Senator so ein Schreiben "nach unten weiterleitet mit dem Hinweis, er würde sich für den Verlauf interessieren, dann werte ich das als Einflussnahme". Tschentscher hätte das Schreiben an den Absender, den Mitinhaber der Warburg Bank, Christian Olearius, zurückschicken müssen.

In dem Schreiben hatte die Bank ihre Rechtsauffassung dargestellt, nach der eine Rückforderung der erstatteten Kapitalertragssteuer ungerechtfertigt sei.

Olearius hatte das Schreiben auf Rat des damaligen Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz an Tschentscher geschickt, wie aus den sichergestellten Tagebüchern des Bankers hervorgeht. Zuvor waren Olearius und der Warburg-Miteigentümer Max Warburg persönlich mit dem Bürgermeister im Rathaus zusammengetroffen. Zum damaligen Zeitpunkt liefen bereits Ermittlungen gegen Olearius wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung in Zusammenhang mit "Cum-Ex"-Geschäften. Tschentscher hatte das Schreiben mit der Bitte, über den Sachstand informiert zu werden, an die Behörde weitergeleitet.

Olearius habe sich in der fraglichen Zeit mit einem "großen steuerlichen Problem" auch an ihn gewandt und gefragt, "ob er sich politischen Rat holen soll", sagte Peiner. "Mein Rat war eindeutig. Ich habe gesagt: "Auf keinen Fall!"" Er halte in konkreten steuerlichen Fragen solche Kontakte "zu politischen Instanzen, also zum Bürgermeister oder einem Senator, für ein No-Go".

Der SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss, Milan Pein, sprach nach der Vernehmung Peiners von einer bestellten Aussage, da die CDU-Fraktion den früheren Finanzsenator als Zeugen geladen hatte. "Die Bitte um "Informationen zum Sachstand" des damaligen Finanzsenators Tschentscher zu einem Thema, welches schon damals Gegenstand eines Untersuchungsausschusses des Bundestages war, ist keine politische Einflussnahme, sondern pure Selbstverständlichkeit", sagte er.

Ihr sei zwar die grüne Tinte, die nur ein Senator benutze, auf dem Schreiben aufgefallen, sagte die damals für die Warburg Bank zuständige Referentin der Finanzbehörde bei ihrer Vernehmung. Auch sei es der einzig ihr bekannte Fall, in dem sich ein Senator in der Art in einem entsprechenden Fall eingeschaltet habe. "Ich habe mich davon aber nicht angesprochen gefühlt", sagte sie. "Damit ist gesagt: "Bitte informiere mich über den Sachstand", aber es ist nicht gesagt: "entscheide so oder so"."

Der Untersuchungsausschuss will den Vorwurf einer möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der Warburg Bank klären. Nach den Treffen der Bankgesellschafter mit Scholz hatte die Finanzverwaltung die Rückforderung zu unrecht erstatteter 47 Millionen Euro Steuern - entgegen ursprünglicher Planungen - in die Verjährung laufen lassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.

Wie genau es im November 2016 zu dem Sinneswandel hinsichtlich der Steuerrückforderung gekommen ist, konnte die frühere Leiterin des Finanzamts für Großunternehmen am Donnerstag vor dem Ausschuss nicht erklären. Bei einem Treffen von Vertretern des Finanzamts und der Finanzbehörde habe es ein "großes Hin-und-Her" über das Für und Wider gegeben. Am Ende sei von ihr oder jemand anderem die Frage gestellt worden: "Sollen wir das lieber lassen? Und dem haben sich dann alle angeschlossen", sagte die 67-Jährige. Von den Treffen des Bürgermeisters mit den Bankern habe sie zum damaligen Zeitpunkt nichts gewusst.

Sie könne auch nicht sagen, was es mit einer Whatsapp-Nachricht der für die Warburg Bank zuständigen Finanzbeamtin an eine Kollegin auf sich habe, in der diese laut Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltschaft kurz nach dem Bürgermeister-Treffen geschrieben hatte, ihr "teuflischer Plan" sei aufgegangen. Mit dem Zusatz in der Nachricht "mit freundlicher Unterstützung von S1" sei aber sicher sie gemeint, sagte die Zeugin. S1: "Das bin ich." Sie habe deshalb lange überlegt, was damit gemeint sein könne - auch ob dies auf "meine Frage "Oder sollen wir es lieber lassen?"" bezogen sein könne. Das sei aber "reine Spekulation", sagte sie.

Scholz hatte die Treffen mit den Bankern im vergangenen Jahr bei seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss eingeräumt, aber angegeben, sich an den Inhalt der Gespräche nicht erinnern zu können. Eine Einflussnahme auf das Steuerverfahren schloss er gleichwohl aus.

In seiner Sommerpressekonferenz in Berlin wies Scholz die Vorwürfe am Donnerstag erneut zurück. "Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass es eine politische Beeinflussung gegeben hat." Er verwies auf umfangreiche Untersuchungen in den vergangenen zweieinhalb Jahren. "Ich bin sicher, dass diese Erkenntnis nicht mehr geändert werden wird." Am Freitag kommender Woche ist Scholz erneut vor den Hamburger Untersuchungsausschuss geladen./fi/DP/he

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