Reformagenda Österreich 2025 29.06.2016 13:19:00

Wifo fordert Umbau der Wirtschaftspolitik zu mehr Lebensqualität

Statt nur auf das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu achten, sollte die heimische Politik danach trachten, die Lebensqualität zu erhöhen, sagte Wifo-Chef Karl Aiginger am Dienstag bei der Vorstellung der "Agenda Österreich 2025". Ziele sind soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit.

"Wir brauchen ein breiteres Erfolgsmaß und schlagen dafür steigende Lebensqualität vor", so Aiginger. Indikatoren dafür seien eine ökologische Wirtschaft, die weniger fossile Energieträger braucht, mehr Einkommensgleichheit, eine bessere und genauer auf den Bedarf des Arbeitsmarkts ausgerichtete Bildung. Die Steuerreform habe nicht zu einer gerechteren Einkommensverteilung geführt, denn Steueranpassungen im unteren Bereich zeigten wenig Wirkung, da müsse man bei eher bei der Sozialversicherung ansetzen, so Wifo-Forscher Marcus Scheiblecker. Die aktuelle "Bildungsvererbung", dass also Kinder weniger gebildeter Menschen häufig wieder nur eine geringe Bildung erhalten, "ist Verschwendung", sagte Aiginger. Man müsse den Menschen die Abstiegsängste nehmen, denn vor allem diese seien ein Grund für die Polarisierung in der Gesellschaft. Wer Abstiegsängste habe, stelle Zäune auf und wehre sich gegen Neuerungen.

Konkret schlägt das Wifo vor, Steuern und Abgaben auf Arbeit, die in Österreich bei 25 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung lägen, zu senken. Dafür sollte es höhere Abgaben auf Energie und Ressourcen geben. Eine Halbierung der Steuern auf Arbeit führe dazu, das die Arbeitslosigkeit um fünf Prozentpunkte zurückgeht, wenn die Belastung stattdessen auf Ressourcen und Energie umgelegt werden, dann sinken die Emissionen um 60 Prozent.

Arbeitszeiten sollten flexibler werden - nach Bedürfnissen von Arbeitgebern wie auch Arbeitnehmern. Auch Vermögen und - große - Erbschaften sollten besteuert werden. Eine "Maschinensteuer", also eine Wertschöpfungsabgabe hält Aiginger aber nicht für zielführend, denn da würden Zinsen, Abschreibungen oder Unternehmensgewinne belastet und das sollte man derzeit nicht tun. Der Staat sollte seine Ausgaben in Richtung mehr ökologische Maßnahmen umlenken, eine Reform des Föderalstaates und des Finanzausgleichs sei nötig, ergänzte Wifo-Forscherin Margit Schratzenstaller.

Österreich brauche jedenfalls ein "integriertes Gesamtkonzept" und keine Einzelreformen, sonst gebe es immer Widerstand, stellte Aiginger fest. Es müsse glaubwürdig sein, dass die Gesamtbelastung abnimmt und dass die Republik mit dem eingenommenen Geld den Weg zur europäischen Spitze anstrebt.

Österreichs Ambitionen seien am Durchschnitt orientiert, aber ein Spitzenland bei den Einkommen brauche eine Spitzenstrategie, sagte Aiginger. Die Österreicher seien sich nicht bewusst, dass sie in wirtschaftlichen Belangen und in Umweltrankings keinen Spitzenplatz mehr einnehmen. Im Yale economic performance Indikator ist Österreich innerhalb Europas von Rang drei auf 12 (2016) gefallen. Bei der Entwicklung aller Umweltindikatoren zusammen zwischen 2000 und 2014 liegt Österreich unter 28 Ländern nur auf Rang 23 und in der Stickoxid-Bilanz (NOx) liegt Österreich in Europa nur an 20. Stelle wegen der vielen Diesel-Fahrzeuge. "Das ist nicht vereinbar mit dem, was wir bei der Klimakonferenz in Paris unterschrieben haben", so Aiginger.

Durch so eine Umgestaltung erwartet das Wifo jährlich um 0,2 bis 0,3 Prozent mehr Wirtschaftswachstum. Seine Erfahrung habe ihn gelehrt, dass schon 0,1 Prozent mehr Wachstum schwer zu erzielen sind, so Aiginger, man dürfe das nicht geringschätzen. Falls die Wirtschaft um 1,8 Prozent statt um 1,5 Prozent zulege, könnte das schon einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern. "Zurück zur Spitze durch sozialen Ausgleich und durch ökologische Exzellenz" wäre aus Aigingers Sicht ein gutes Motto für seine Vorschläge.

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