380 Millionen Dollar 11.10.2013 15:59:00

Rechtsstreitigkeiten reißen JPMorgan in die roten Zahlen

Die Vergangenheit holt die erfolgsverwöhnte US-Großbank JPMorgan ChaseCo doch noch schmerzhaft ein. Das Institut, das selbst auf dem Höhepunkt der Finanzkrise noch Gewinne schrieb, rutschte im dritten Quartal in die roten Zahlen. Schuld sind milliardenschwere Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten. Unter dem Strich stand ein Fehlbetrag von 380 Millionen Dollar, wie das Institut am Freitag mitteilte. Vor einem Jahr hatte es noch 5,7 Milliarden Dollar verdient.

Für die zahlreichen juristischen Auseinandersetzungen legte die Bank nun 9,2 Milliarden Dollar zur Seite. Das belastete den Nettogewinn allein mit 7,2 Milliarden Dollar. Damit liegen nun 23 Milliarden Dollar für mögliche Strafen und Schadensersatzansprüche bereit. "Angesichts steigender Forderungen und Strafen von Behörden hielten wir es für klug, unsere Rücklagen jetzt deutlich zu erhöhen", sagte Vorstandschef Jamie Dimon.

WEITERES UNGEMACH DROHT

Der Manager deutete zugleich an, dass in den kommenden Quartalen noch mehr in die Vorsorge fließen könnte. Die Bank bezifferte das derzeit absehbare zusätzliche Risiko, für das es noch keine Rücklagen gibt, auf 5,7 Milliarden Dollar. Zuletzt war die Rede davon, dass JPMorgan mit den Aufsichtsbehörden allein wegen fragwürdiger Hypothekengeschäfte vor der Finanzkrise über einen 11 Milliarden Dollar schweren Vergleich verhandele. "Wir suchen weiter eine faire und vernünftige Einigung", sagte Dimon.

Im dritten Quartal zahlte das Institut bereits wegen der mutmaßlichen Manipulation des US-Strommarkts 410 Millionen Dollar Strafe und wegen des Spekulationsdesasters um einen Derivatehändler mit Spitznamen "Wal von London" 920 Millionen Dollar. Auch im Skandal um die Manipulation des Referenzzinssatzes Libor wird gegen JPMorgan ermittelt.

DIMON UNTER DRUCK

US-Behörden hatten in den vergangenen Monaten den Druck auf das Institut wegen dessen zweifelhafter Geschäfte aus der Vergangenheit massiv erhöht. Viele Experten glauben, dass die Aufarbeitung der Altlasten erst jetzt richtig losgeht, nachdem sich der US-Bankensektor von der Folgen der Finanzkrise weitgehend erholt und sich stabilisiert hat.

Für Dimon ist es der erste Verlust seit seinem Amtsantritt 2006. Der "König der Wall Street" hatte JPMorgan in den vergangenen drei Jahren von einem Rekordgewinn zum nächsten geführt. Doch seit dem Bekanntwerden des 6,2 Milliarden Dollar schweren Spekulationsdebakel einer Londoner Abteilung im vergangenen Jahr steht er unter Beschuss. Im Frühjahr überstand er einen Misstrauensantrag von kritischen Aktionären.

TAGESGESCHÄFT BESSER ALS ERWARTET

Das Tagesgeschäft lief bei JPMorgan trotz allem besser als erwartet. Bereinigt um Sondereffekte wie die Rechtskosten und die Auflösung von Risikovorsorgen im Privatkundengeschäft verdiente JPMorgan 5,8 Milliarden Dollar und damit mehr als von Analysten erwartet. Das lag auch daran, dass die Kunden ihre Kredite angesichts der Wirtschaftserholung in den USA wieder zuverlässiger bedienen. Im frühen New Yorker Handel bewegte sich die Aktie kaum. Analysten zeigten sich nicht überrascht über die hohen Rückstellungen.

Im Investmentbanking bekam JPMorgan die Folgen der unklaren Geldpolitik der US-Notenbank weniger zu spüren als gedacht. Viele Konkurrenten wie die Deutsche Bank hatten zuletzt vor schwachen Ergebnissen gewarnt, da sich Anleger gerade im Anleihenhandel zurückhielten. Bei JPMorgan legte der Gewinn des Investmentbanking im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar zu. Das lag auch an einigen dicken Deals. Das Institut ist bei der 130 Milliarden Dollar schweren Komplettübernahme des US-Mobilfunkriesen Verizon Wireless durch den Mutterkonzern Verizon (Verizon Communications) einer der führenden Berater. Auch beim Rekordanleiheverkauf von Verizon war JPMorgan an Bord.

HÖHERE ZINSEN BELASTEN HYPOTHEKENGESCHÄFT

Einen Dämpfer gab es dagegen in der Immobilienfinanzierung. Die Kunden fragten weniger Kredite nach. Das lag vor allem an den Zinsen, die angesichts der im Sommer gehegten Erwartung, dass die US-Notenbank ihre Geldschwemme bremsen könnte, gestiegen waren. Auch wenn sich die US-Notenbank bislang nicht zu einem Ende der ultralockeren Geldpolitik durchringen konnte, trifft JPMorgan bereits Vorkehrungen. Bis zum Jahresende sollen 11.000 Stellen in der Immobilienfinanzierungssparte gestrichen werden./enl/stk/he

NEW YORK (dpa-AFX)

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