Bank sei "Kriegshelfer" 30.01.2023 20:30:00

Raiffeisen-Aktie auf Talfahrt: Neue ukrainische Sanktionen gegen Raiffeisen - Ex-Chef von belarussischer RBI-Tochter freigelassen

Raiffeisen-Aktie auf Talfahrt: Neue ukrainische Sanktionen gegen Raiffeisen - Ex-Chef von belarussischer RBI-Tochter freigelassen

Die Raiffeisen Bank International (RBI) betonte heute, dass die Leasing keine Vermögenswerte in der Ukraine habe, betroffen wären Kunden wenn sie mit geleaster Ware in die Ukraine fahren würden.

Seit Ausbruch des Angriffskrieges Russlands seien keine neuen Leasinggeschäft in Russland abgeschlossen worden, so die RBI zur APA. Wobei die Kritik der Ukraine an den noch laufenden Raiffeisen-Geschäften in Russland bereits länger andauert. Der ukrainische Botschafter in Österreich, Wassyl Chymynez, hatte schon Anfang Jänner an österreichische Firmen appelliert, sich aus dem russischen Markt zurückzuziehen.

Wenn eine österreichische Bank russischen Rekruten "finanzielle Vergünstigungen zur Verfügung stellt" und die "Fake-Republiken", also die separatistischen Regionen im Osten der Ukraine, indirekt anerkennt, dann sei dies auch ein "moralisches Problem", sagte er der APA. Der Botschafter verwies darauf, dass die Rekruten in der Ukraine "töten und vergewaltigen" sowie dass russisches Geld "mit viel Blut" behaftet sei.

Zuvor wurde nahezu der gesamte RBI-Vorstand, darunter der Vorstandsvorsitzende Johann Strobl, in Kiew auf eine Liste von Personen gesetzt, die für Sanktionen empfohlen werden. Der RBI wurde dabei auch vorgeworfen, russischen Soldaten Kreditstundungen zu gewähren. Die RBI sagte, sie sei gesetzlich dazu verpflichtet.

Die RBI hatte Ende 2021 in Russland mehr als 9.000 Mitarbeiter. Die Bank zählt laut "Standard" zu den zehn größten Kreditinstituten des Landes. Die russische RBI-Tochter war jahrelang die Cashcow des Wiener Bankenkonzerns und steuerte einen großen Teils des Gewinns bei.

Zurück zu den Sanktionen gegen die Leasingtochter der Raiffeisen in Russland. Das beschlagnahmte verfügbare Vermögen werde der Landesverteidigung zugute kommen, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa in seiner Videobotschaft am Samstagabend.

Von Seiten der RBI hieß es heute zu den Sanktionen: "Die politische Entscheidung der ukrainischen Regierung rund 30 russische Leasingunternehmen, darunter die Raiffeisen Leasing Russland, auf eine Sanktionsliste zu setzen bedeutet, dass geleaste Güter der Kunden der Raiffeisen Leasing Russland auf ukrainischem Territorium beschlagnahmt werden können." Vermögenswerte in der Ukraine habe die Leasing Russland nicht.

Weiters betonte die RBI, dass die Raiffeisen Leasing Russland eine 100prozentige Tochter der Raiffeisenbank Russland sei. "Das von ihr finanzierte Leasingvolumen betrug Ende Dezember des Vorjahres 362 Mio. Euro. Seit Ausbruch des Krieges schließt sie keine neuen Leasingverträge mehr ab", so die RBI am Sonntag zur APA.

Von den Sanktionen betroffen ist auch die russische Tochter der Bank-Austria-Mutter UniCredit, bis 2016 wurde das Russlandgeschäft von Wien aus geführt.

Ex-Chef von belarussischer RBI-Tochter freigelassen

Der Ex-Chef der belarussischen Raiffeisentochter Priorbank und Ex-Honorarkonsul Österreichs in Belarus, Sergej Kostjutschenko, ist laut dem Online-Medium "Nascha Niwa" am vergangenen Mittwoch aus seiner Strafhaft entlassen worden. Wahrscheinlich ist eine Begnadigung durch Alexander Lukaschenko: Kostjutschenko war im Juli 2022 für Steuervergehen zu dreieinhalb Jahren Straflager verurteilt worden und hätte noch keinen gesetzlichen Anspruch auf eine vorzeitige Entlassung gehabt.

Konkrete Details zur Freilassung wurden im Bericht des Mediums, das im vergangenen März auch als erstes über die Verhaftung des Bankiers mit engen Beziehungen nach Österreich berichtet hatte, nicht genannt. Dass Kostjutschenko nicht mehr in Haft ist, bestätigten am Wochenende drei informierte Gesprächspartner der APA. Die Rede war unter anderem von einer Begnadigung durch Lukaschenko.

Der im Warschauer Exil lebende Oppositionspolitiker Pawel Latuschko spekulierte ohne Belege im konkreten Fall, dass der Bankier einen hohen Geldbetrag für seine Freiheit bezahlt haben könnte. "Das ist die 100-prozentige Praxis", versicherte er der APA am Sonntag.

Kostjutschenko hatte bis in den vergangenen Sommer die RBI-Tochter Priorbank geleitet und war erst nach seiner Verurteilung, die auch ein fünfjähriges Verbot vorsah, als Manager tätig zu sein, abgelöst worden. Die Strafverfolgung selbst war unter anderem mit politischen Gründen erklärt worden: Der Spitzenmanager habe sich durch eine "zu unabhängige Positionierung" ausgezeichnet und habe Ressourcen der Priorbank nicht auf Anweisung von Bürokraten opfern wollen, referierte "Nascha Niwa" anonyme Branchenvertreter im März 2022.

Kostjutschenko sei nicht nur eine wichtige konsularische Stütze gewesen, er habe Kunst und Kultur gefördert und österreichischen Wirtschaftstreibenden bei der Vernetzung in Belarus massiv geholfen, charakterisierte der österreichische Ex-Botschafter in Belarus, Alexander Bayerl, den vormaligen Honorarkonsul Österreichs in einem Telefonat mit der APA im vergangenen Jahr.

"Ganz große Verdienste hat er zudem beim Thema NS-Vernichtungslager Maly Trostenez erworben, dafür, dass wir außerhalb von Minsk ein Denkmal für die österreichischen Opfer des nationalsozialistischen Wahnsinns errichten konnten", schilderte Bayerl. Ohne Kostjutschenkos gute Kontakte wäre dies praktisch nicht möglich gewesen, betonte er.

So reagiert das Raiffeisen-Papier

Die Aktien von Raiffeisen Bank International (RBI) sind am Montag an der Wiener Börse unter Druck geraten. Letztlich mussten die Titel ein Minus von 2,59 Prozent auf 16,55 Euro hinnehmen.

Wie in der Nacht auf Sonntag bekannt wurde, ist die russische Leasingtochter der Raiffeisen von der Ukraine offiziell als "Kriegshelfer" gebrandmarkt und mit Sanktionen wie der Beschlagnahme von Vermögen belegt worden. Die RBI betonte, dass die Leasing keine Vermögenswerte in der Ukraine habe, betroffen wären Kunden wenn sie mit geleaster Ware in die Ukraine fahren würden.

wiiw: Ukraine-Sanktionen gegen RBI haben kaum ökonomische Folgen

Die am Wochenende von der Ukraine verhängten Sanktionen gegen die russische Leasingtochter der Raiffeisen sind laut dem Geschäftsführer des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw), Mario Holzer, zwar nicht förderlich für das Image der Bank, haben wirtschaftlich aber kaum Folgen. "Das ist nur ein kleiner Bereich der russischen Tochter der Raiffeisen international," sagte Holzer am Montag im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF.

Die Ukraine hat am Wochenende gegen insgesamt 182 Unternehmen und drei Personen Sanktionen verhängt und diese damit offiziell als "Kriegshelfer" gebrandmarkt. Unter den Unternehmen waren auch 30 russische Leasing-Firmen, darunter die Raiffeisen Leasing Russland. Das Hauptgeschäft der russischen Raiffeisen ist dagegen nicht betroffen.

Die Raiffeisen Bank International (RBI) prüft seit Monaten ihre Optionen für das Russland-Geschäft. Ein Ausstieg aus dem Land sei jedenfalls sehr schwierig. "Es gibt nur schlechte Optionen", so Holzer. Die Bank müsse sich durchrechnen, welche die am wenigsten schlechte Option sei.

Seit einem russischen Dekret vom August des letzten Jahres sei ein völliger Ausstieg aus dem Land für ausländische Banken praktisch unmöglich und wäre nur mit Bewilligung "von ganz oben", also aus dem Kreml, möglich, so der wiiw-Experte weiter.

Auf der anderen Seite sei das Russland-Geschäft vor dem Krieg eines der profitabelsten für die RBI gewesen. "Es wird natürlich auch eine Zeit nach Putin in Russland geben und das möchte man sich vermutlich auch nicht völlig verstellen", so Holzer.

stf/ed/hgh

APA

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Bildquelle: Raiffeisen Bank International AG

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