Auf Hauptversammlung 30.08.2017 17:18:00

Posse um STADA geht weiter - Aufsichtsrat attackiert Ex-Konzernchefs

Posse um STADA geht weiter - Aufsichtsrat attackiert Ex-Konzernchefs

Aufsichtsratschef Carl Ferdinand Oetker, der wegen der Übernahme durch Bain und Cinven selbst abtritt, erhob auf der Hauptversammlung des Arzneimittelherstellers am Mittwoch schwere Vorwürfe gegen die früheren Firmenchefs Hartmut Retzlaff und Matthias Wiedenfels sowie Ex-Finanzvorstand Helmut Kraft. Wegen "belastbaren Hinweisen auf schwerwiegenden Pflichtverletzungen" wolle der Aufsichtsrat sie nicht entlasten, sagte er überraschend.

Damit ging Oetker auch auf Konfrontation zu Übergangschef Engelbert Willink, der mehr Zeit für eine Untersuchung forderte. Kreisen zufolge hat das Unternehmen mittlerweile einen Nachfolger für Willink gefunden. STADA stehe kurz vor der Ernennung von Claudio Albrecht zum Vorstandschef, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittwoch unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Ein Stada-Sprecher wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern. Albrecht hat reichlich Erfahrung in der Pharmabranche. Bis 2005 führte er den Generikahersteller Ratiopharm. Später leitete er den isländischen Wettbewerber Actavis.

Die Entlastung der früheren Führungsspitze wurde schließlich aber mit großer Mehrheit der Anteilseigner auf das Aktionärstreffen 2018 vertagt. Mit einer Entlastung sprechen Aktionäre auf Hauptversammlungen dem Management üblicherweise ihr Vertrauen aus. Juristisch gesehen hat eine verweigerte Entlastung keine Folgen. Der MDAX-Konzern STADA ist für Medikamente wie Grippostad und die Sonnenmilch Ladival bekannt.

Oetkers Attacke auf die frühere Konzernspitze war unerwartet gekommen: Ursprünglich hatten Vorstand und Aufsichtsrat eine Entlastung gefordert. Oetker erklärte aber dann, es gebe neue Ermittlungen des Aufsichtsrats wegen Verstößen gegen Rechtsgrundsätze im Asiengeschäft sowie Beraterverträge ohne erkennbare Leistungen für STADA. Die Hinweise hätten die Grundlage für die Zusammenarbeit mit Wiedenfels und Kraft zerstört. Daher seien sie im Juli abgetreten. Mit seinem Vorstoß sende der Aufsichtsrat einstimmig das Signal, "dass wir solche Geschäftspraktiken nicht tolerieren können."

Der langjährige Firmenchef Retzlaff, der 2016 von aktivistischen Investoren aus dem Amt gedrängt worden war, habe ebenso wie Kraft und Wiedenfels Gelegenheit zu Stellungnahmen erhalten. Wiedenfels ließ die Anschuldigungen Oetker von seiner Anwältin zurückweisen. Die genannten geschäftlichen Themen seien lange bekannt und böten "nach gründlicher Prüfung keinen Anhaltspunkt für Pflichtverletzungen" durch Wiedenfels. Der plötzliche Schwenk, ihrem Mandanten die Entlastung zu verweigern, sei nicht nachvollziehbar.

Mit den Vorwürfen gegen die früheren Firmenchefs handelt Oetker kurz vor Ende seiner Amtszeit. Er tritt gemeinsam mit vier weiteren Kontrolleuren zum 25. September ab. Die neuen Eigentümer Bain und Cinven wollen eigene Vertreter in den Aufsichtsrat senden. Oetker gilt als Gegner eines Verkaufs und soll mit Wiedenfels über Kreuz gelegen haben.

Aktionärsvertreter kritisierten die Querelen bei dem hessischen Pharmakonzern. STADA sei ein Lehrstück für schlechte Unternehmensführung, sagte Winfried Mathes von der Dekabank. "Wir bekommen von allen Protagonisten eine Daily Soap geliefert, die man mit dem Titel "Alle zusammen - jeder für sich" beschreiben könnte." Auch die am Ende nur hauchdünn geglückte Übernahme sei eine Leistung, für die "alle Beteiligten die "goldene Himbeere" verdient hätten".

Peter Barth vom Anlegerschutzverein DSW kritisierte, Wiedenfels und Kraft seien nach dem ersten gescheiterten Übernahmeversuch von Bain und Cinven "aus dem Amt gedrängt worden". Er bemängelte, dass Willink nur einen Vertrag bis Jahresende hat und somit der dritte STADA-Chef binnen rund eines Jahres ist. Alle Ungereimtheiten müssten "schonungslos aufgeklärt" werden, forderte Barth. "Geld gemacht haben die Hedgefonds, verloren hat die Gesellschaft." Die traditionsreiche STADA habe "ihre über Jahrzehnte aufgebaute Identität verloren".

Die Aktionäre billigten zudem ein neues Vergütungssystem, das der variablen Bezahlung des STADA-Managements mehr Gewicht gibt. Aufsichtsratschef Oetker sowie weitere Kontrolleure wurden mit großer Mehrheit entlastet./als/tav/DP/edh

FRANKFURT (dpa-AFX)

Weitere Links:

JETZT DEVISEN-CFDS MIT BIS ZU HEBEL 30 HANDELN
Handeln Sie Devisen-CFDs mit kleinen Spreads. Mit nur 100 € können Sie mit der Wirkung von 3.000 Euro Kapital handeln.
82% der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter. Sie sollten überlegen, ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren.

Bildquelle: STADA Arzneimittel AG

Analysen zu STADAmehr Analysen

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!

Indizes in diesem Artikel

MDAX 25 909,94 -0,35%