12.05.2015 13:16:00

Porr-Chef plant Zukäufe und plädiert für Bestbieter-Prinzip

Der Chef und Miteigentümer des Porr-Baukonzerns, Karl-Heinz Strauss, ist auf der Suche nach Kaufobjekten zur Abrundung der Angebotspalette speziell in Wachstumsländern wie Polen. Neue Chancen erhofft sich Porr neben dem arabischen Raum auch in England und Norwegen. Für den Heimmarkt Österreich mit 90 Prozent Erlösanteil wünscht sich Strauss endlich den Umstieg vom Billigst- zum Bestbieter-Prinzip.

Der Preis werde zwar sicher weiterhin das Hauptkriterium bei Zuschlägen für Bauprojekte bleiben, aber wahrscheinlich nur mit einer Gewichtung von 50 bis 60 Prozent. Das Bestbieter-Prinzip gehöre freilich möglichst genau definiert, forderte Strauss am Dienstag im Hinblick auf die geplante gesetzliche Änderung in diese Richtung, die - nach früheren Absichten - noch bis Sommer hätte kommen sollen. Neben Referenzen sollte auch die Größe eines Auftragswerbers eine Rolle spielen, sodass nicht ein einzelner Auftrag voluminöser sein könne als der gesamte Firmenumsatz. Auch beim Eigenkapital sollte es Mindestquoten geben, etwa 8 Prozent, forderte der Porr-Chef.

Die Baumärkte insgesamt sieht Strauss als "überbesetzt" an, die Frage sei, wie viele Bauarbeiter es gebe und wie lange sich ein einzelner Anbieter dieses Preisniveau leisten könne. In einem derart gesättigten Markt wie Österreich müsse man die Wachstumschancen jedenfalls vorsichtiger ansetzen, meinte der Herr über rund 13.000 Arbeitnehmer und 3,5 Mrd. Euro Produktionsleistung im Klub der Wirtschaftspublizisten. Die Porr selbst wolle möglichst viel selbst machen, denn Leiharbeiter seien nur kurzfristig günstiger und oft fehle auch deren Commitment zur Firma.

"Für ein Up und Down sind wir gut gerüstet", meinte Strauss, schließlich hat sich der Konzern u.a. 2014 unterm Strich komplett entschuldet, verfügt über eine zweistellige Mio.-Cashposition und hat die operativen Ergebnisse gesteigert. Dennoch reagiert der gebürtige Kärntner etwas verstört auf den Stopp jeglicher Baumaßnahmen durch das Land Kärnten und hofft "auf eine baldige Lösung Bund-Kärnten": "Man sollte das noch im Mai erledigen und keine unnötige Zeit verlieren."

Europa sei im Bausektor "ein Europa der zwei Geschwindigkeiten". Kernmärkte für Porr sind Österreich, Deutschland, die Schweiz und Polen. Der in Summe 50 Mrd. Euro schwere Markt in Polen wachse 7 Prozent pro Jahr und sei für Porr im Bahn- und Straßenbau sehr vielversprechend. In Tschechien habe sich die Situation mit 4 bis 5 Prozent Plus im Jahr schon wieder gebessert. Südeuropa sei stark negativ, doch sei Porr dort ohnedies nicht vertreten. In Österreich mit 33 Mrd. Euro Bauvolumen jährlich wachse der Sektor um 0,7 bis 1 Prozent im Jahr, der sogar 55 Mrd. Euro große Bereich in der Schweiz etwa ebenso stark. Deutschland, wo der Sektor 330 Mrd. Euro groß ist, sei für Porr der zweitwichtigste Markt, man sei dort sechst- oder siebentgrößter Player. In anderen Ländern wie Rumänien, Slowakei, Serbien engagiere man sich nur im Projektgeschäft.

Im Fokus habe man neue Märkte im Tunnel- und Straßenbau. Aktuell sehe man sich England "ganz besonders an", dort sei man als Partner für den Tunnelbau angefragt und eingeladen worden. Auch Norwegen sei interessant, da das Land Geld und einen Nachholbedarf in der Infrastruktur habe, sagte Strauss. Akquisitionen plane man nur in den Heimmärkten und dort, wo es um Ergänzungen gehe, also einen Lückenschluss oder eine bessere Flächenabdeckung. So bemüht man sich etwa in Polen um einen Teil des früheren deutschen Baukonzerns Bilfinger mit 800 Mitarbeitern und 170 Mio. Euro Umsatz.

Für den gesamten Nahen Osten nutze man Katar als "Hub" für Aktivitäten etwa in Saudi-Arabien, doch solle auf die Region maximal ein Zehntel der Betriebsleistung entfallen, "wir sind dort sehr vorsichtig". In Katar, Gastgeberland der Fußball-WM 2022, hat sich Porr mit Partnern schon vor längerem einen U-Bahn-Bauauftrag für Doha gesichert. Das Auftragsvolumen umfasst 1,89 Mrd. Euro, davon entfallen 50 Prozent auf Porr. Mittlerweile konnte man dort schon einen 240 Mio. Euro schweren Zusatzauftrag an Land ziehen, "wir erhielten die Verlängerung der U-Bahn auf Stelzen in die Sport City". Mit der fast 17 km langen "Green Line" selbst liege man "ganz im Plan", 80 Prozent der U-Bahn-Stationen seien fertig, was Aushub und Fundament betreffe. Man habe sechs Tunnelbohrmaschinen eingesetzt, im Sommer 2018 solle die U-Bahn in Doha fertig sein.

In Saudi-Arabien hofft Porr einen Zuschlag für den Metro-Bau in Mekka, wo man mit einem Partner im Rennen ist, wobei das Volumen aber deutlich geringer als in Doha ist und der Porr-Anteil weniger als die Hälfte ausmacht. "Angeblich stehen unsere Chancen sehr gut", meinte Strauss, der eine Entscheidung noch vor dem heuer Ende Juli beginnenden Ramadan für möglich hält, oder danach.

Die Sparten-Aufteilung zwischen Porr und UBM durch die mehrstufige Umstrukturierung der beiden Ortner/Strauss gehörenden Konzerne bezeichnete der Porr-CEO als notwendig auch im Hinblick auf Bewertungen und Analysen. Nun gebe es die Porr als einen "reinrassigen" Baukonzern einerseits und die UBM als Immo-Developer europäischen Formats andererseits, der sich auf das Vermieten und Vermarkten konzentriere. Porr bringt es auf gut 800 Mio. Euro Börsenkapitalisierung, UBM auf rund 250 Mio. Euro. Porr gehört zu knapp 54 Prozent den Eigentümergruppen Ortner und Strauss, UBM dagegen steht mehrheitlich im Streubesitz.

Für die Dividende habe sich Porr als Zielmarke eine Pay-out-Ratio zwischen 30 und 50 Prozent gegeben, erinnerte Strauss. Auch im Hinblick auf den Ausblick 2015 wolle man für das Vorjahr 1,50 Euro je Aktie ausschütten, obwohl das Jahresergebnis - durch die Spaltung/Aufgliederung sowie hohe Steuern in Deutschland (weil Verlustvorträge fehlten) - 2014 leicht zurückging. Die Dividende versteht sich übrigens noch für die jetzigen Aktien, die an der Wiener Börse aktuell etwas unter 56 Euro notieren. Bei der bevorstehenden Porr-Hauptversammlung am 3. Juni sollen die Aktionäre ja einen Aktien-Split im Verhältnis 1:2 - zwei neue Aktien für eine alte - absegnen. Kurs und Dividende je Aktie würden sich dann halbieren. Für die jetzigen Titel gingen Analysten zuletzt von Dividendenerhöhungen auf 2 Euro bzw. sogar bis zu 3 Euro für 2016/17 aus.

(Schluss) sp/itz

ISIN AT0000609607 WEB http://www.porr-group.com

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