Panama-Leaks 04.04.2016 12:32:00

Raiffeisen vergab Kredite an Poroschenko-Firmen

Dies geht aus geleakten Dokumenten hervor, die aus der Kanzlei Mossack Fonseca stammen, und in Österreich vom "ORF" und "Falter" als Teil eines internationalen Medien-Recherchenetzwerkes durchforstet wurden.

Laut "Falter" und "ORF" ist Poroschenko Kunde bei der Raiffeisen Zentralbank Österreich. "Im Auftrag von Offshore-Gesellschaften auf den British Virgin Islands vergab die Raiffeisengruppe hohe Millionenkredite an Unternehmen im Einflussbereich Poroschenkos", schreibt die Wiener Wochenzeitung "Falter" am Sonntagabend in ihrer Onlineausgabe.

Kreditvereinbarungen von Offshore-Gesellschaften zugunsten von Dritten gelten bei Korruptionsexperten als mögliches Indiz für Geldwäsche. "Diese Konstruktionen sind der Geldwäsche zugänglich. Wirtschaftlich machen sie nicht unbedingt Sinn", so Rudolf Unterköfler, Leiter der Abteilung Wirtschaftskriminalität im Bundeskriminalamt.

Die Geschäftsbeziehung zwischen Raiffeisen und den Briefkastengesellschaften starten laut den geleakten Dokumenten im Jahr 2002. Die Kanzlei Mossack Fonseca in Panama registrierte damals die Gesellschaft Linquist Services Limited auf den British Virgin Islands. Die Offshore-Firma Linquist hat mehrere Bankkonten bei der Raiffeisen Zentralbank Österreich (RZB).

Raiffeisen soll im Auftrag von Linquist - und mehrerer anderer Offshore-Firmen - Kredite an verschiedene Unternehmen vergeben haben. "Mit einer mit 23. Dezember 2010 datierten Vereinbarung zwischen Linquist und der Raiffeisenbank International (RBI) wird beispielsweise ein Kredit der RBI über nicht weniger als 115 Millionen Dollar an Poroschenkos Süßwarenkonzern Roshen in Kiew vereinbart", schreibt die Wochenzeitung.

Die Raiffeisen Zentralbank und Raiffeisen Bank International wollten gegenüber dem "Falter" und "ORF" konkrete Einzelfälle unter Berufung auf das Bankgeheimnis nicht kommentieren. Die beiden Finanzinstitute betonten, ihren gesetzlichen Verpflichtungen zur Prävention und Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aber stets nachgekommen zu sein. Im Zuge der Offshore-Geschäfte sei besonders genau geprüft worden.

"Da wir kein Organ der Exekutive sind, ist eine gänzliche Durchleuchtung von Kunden und Transaktionen nicht möglich. Wir erfüllen aber selbstverständlich die gesetzlichen Anforderungen zur Geldwäscheprävention", so Raiffeisen-Sprecherin Ingrid Krenn-Ditz. Eine abschließende Beurteilung von Kunden und Geschäftsvorgängen könne man jedoch nicht vornehmen. "Sollten wir im Rahmen unserer Prüfpflicht zum Verdacht der Geldwäscherei kommen, melden wir diesen unverzüglich der Behörde". Wenn die Nachvollziehbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion, zum Beispiel über Offshore-Gesellschaften, nicht gegeben sei, lehne man "auch immer wieder Geschäftsfälle ab".

FMA prüft RBI und Hypo Vorarlberg außertourlich

In Folge der Berichterstattung zu "Panama-Leaks" wird die Finanzmarktaufsicht (FMA) die beiden genannten österreichischen Banken, die Raiffeisen Bank International (RBI) und die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank (Hypo Vorarlberg), genauer unter die Lupe nehmen.

"Wir werden bei jeder dieser Banken eine anlassbezogene Vorortprüfung durchführen um zu überprüfen, ob in diesen genannten Fällen die Organisationspflicht zur Prävention von Geldwäsche eingehalten wurde", sagte FMA-Sprecher Klaus Grubelnik am Montag zur APA. Dabei sei die FMA nur für die Überwachung der Vorbeugungsmaßnahmen zuständig, also um zu überprüfen, ob die Banken die geforderten organisatorische Maßnahmen zur Prävention von Geldwäsche auch eingehalten haben. Ein Verdacht auf Geldwäsche selber sei von der Geldwäschemeldestelle im Bundeskriminalamt bzw. den ordentlichen Gerichten zu verfolgen.

Eine mögliche Folge der Vorortprüfungen wäre, dass die FMA per Bescheid sicherstelle, dass entdeckte Fehler sofort behoben werden und dass die Organisation so aufgestellt wird, dass es zu keinen weiteren Problemen komme. Sollte ein konkreter Verdacht auf Geldwäsche aufgedeckt werden würde die FMA eine "Verdachtsmeldung" weiterleiten.

Bei einem in den Medien genannten Fällen, die sich auf Österreich beziehen, habe die FMA bereits im Jahr 2012 bei einer Vorortprüfung einen Verdacht auf Geldwäsche festgestellt und eine Verdachtsmeldung an die Geldwäschemeldestelle im Bundeskriminalamt weitergeleitet, sagte Grubelnik. Details dazu könne er nicht nennen.

Seit 2009 hat die FMA die Kompetenz, die Prävention von Geldwäsche bei den beaufsichtigten Instituten zu überwachen. Eine eigene Abteilung der Finanzaufsicht prüfe diesbezüglich routinemäßig die Banken. Im Jahr 2015 habe es 28 Vorortprüfungen und 30 Company Visits gegeben. Bei Vorortprüfungen werden stichprobenmäßig konkrete Unterlagen analysiert, ob alle Vorschriften eingehalten werden, erläutert der Sprecher. Bei Company Visits werde überprüft, ob es entsprechende Organisationshandbücher und Schulungen für Mitarbeiter sowie ein Softwaresystem, mit dem die Identitäten der Personen geprüft werden können, gebe.

WKStA: Vorwürfe in Österreich derzeit "zu unkonkret"

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sieht derzeit keinen Anlass, in der Causa "Panama-Leaks" selber aktiv zu werden. "Uns liegt derzeit keine Anzeige vor. Laut der Medienberichterstattung ist der Vorwurf in Österreich viel zu unkonkret, um hier Ermittlungen einleiten zu können", sagte die Sprecherin der WKStA, Oberstaatsanwältin Alexandra Baumann, am Montag auf Anfrage zur APA.

Die Staatsanwaltschaft werde die Medienberichterstattung weiter verfolgen. "Es kann sich ja heute noch einiges tun", meinte Baumann. Eventuell Betroffene, die reinen Tisch machen wollen, könnten jederzeit Selbstanzeige erstatten, sowohl bei jeder Polizeistelle als auch bei der WKStA selber.

cri/tsk

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