S&P 500
25.03.2022 19:05:38
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Tanz auf dem Vulkan / Die Märkte und der Ukraine-Krieg, Eine Analyse
von Christopher Kalbhenn.
Frankfurt/M. (ots) - Die Investoren werden die ersten drei Monate dieses Jahres
noch sehr lange in sehr schlechter Erinnerung behalten, vor allem wegen des
entsetzlichen Krieges in der Ukraine. Aber auch aus Performance-Sicht fällt das
Auftaktquartal erschreckend aus. Der Schock, den Inflation und Geldpolitik sowie
der Ukraine-Krieg ausgelöst haben, hat auch an den Finanzmärkten erheblichen
Schaden angerichtet. Kurz vor Ende März weisen die globalen Aktienmärkte laut
Bank of America einen Verlust von 6,5% auf, was eines ihrer bislang
schlechtesten Ergebnisse für ein erstes Quartal bedeutet.
Noch schlimmer ist, dass der für viele Portfolios zur Risikoabfederung
unerlässliche Anleihemarkt ein Totalausfall ist. Einen Verlust von 6,7% haben
Staatsanleihen den Investoren eingebrockt. Laut Bank of America ist das der
drittstärkste Staatsanleihen-Bärenmarkt der Geschichte. Zuletzt haben
Staatsanleihen im Jahr 1994 ein ähnliches Debakel erlebt. Für die meisten
Investoren gab es damit kaum Möglichkeiten, sich dem Strudel zu entziehen.
Rohstoffe sind die Gewinner des Quartals, daneben auch Edelmetalle und der
Dollar nebst anderen Safe-Haven-Währungen, Assets, die vielen Marktteilnehmern
aber nur in begrenztem Umfang das Ausweichen ermöglichen.
Völlig unkalkulierbare Lage
Zu allem Übel werden auch die kommenden Wochen vor dem Hintergrund steigender
Inflation und stärker auf die Bremse tretender Notenbanken sowie insbesondere
des Krieges sehr herausfordernd sein. Den Schlüssel in der Hand hat die
Entwicklung in der Ukraine, die völlig unkalkulierbar bleibt. Für die Investoren
gleicht die Situation dem Tanz auf dem Vulkan. Eskaliert der Konflikt und setzen
die Energiepreise ihren Höhenflug fort, werden Risiko-Assets wie Aktien einen
weiteren Absturz erleiden. Dagegen gilt es sich abzusichern. Eine stark
defensive Positionierung und erst recht Wetten auf fallende Kurse wiederum
würden nach hinten losgehen, sobald sich ernst zu nehmende Anzeichen für eine
Deeskalation bzw. friedliche Lösung des Konflikts einstellen. Denn dann würden
die Aktienkurse durch die Decke gehen.
Analysten spielen verschiedene Szenarien mit unterschiedlichen
Wahrscheinlichkeiten durch. Bis zum Februar war ein Angriff Russlands auf die
Ukraine das Worst-Case-Szenario, das dann leider eingetreten ist. UBS
beispielsweise sieht in ihrem Ausblick auf das zweite Quartal nun einen
signifikanten Anstieg der Rohstoffpreise und ihr lang anhaltendes Verharren auf
hohem Niveau als Worst-Case-Szenario an. Ein derartiges Szenario wäre der
Schweizer Großbank zufolge mit einer direkten Rohstoffangebotsunterbrechung oder
Sanktionen, die russische Ausfuhren abschneiden, konsistent. Folgen wären, so
UBS, ein starker Rückgang des Wirtschaftswachstums und der Unternehmensgewinne
in Europa bis ins Jahr 2023 hinein. Die Auswirkungen auf die Vereinigten Staaten
würden zwar geringer ausfallen. Jedoch setzt das Institut für diesen Fall für
den S&P 500 ein Ziel von 3600 Zählern an. Das entspräche gegenüber dem Stand vom
Freitagnachmittag von 4509 Punkten einem Rückgang um rund 20%.
Im Basisszenario der UBS bleiben die Rohstoffpreise hoch, geben aber im zweiten
Halbjahr nach. Dies wäre dem Institut zufolge mit einem Waffenstillstand,
nachlassenden Spannungen zwischen der Nato und Russland sowie einer allmählichen
Beseitigung Russlands aus globalen Energielieferketten konsistent. In diesem
Szenario würde die Inflation kurzfristig hoch bleiben und im zweiten Halbjahr
sinken, das Unternehmensgewinnwachstum in diesem Jahr positiv bleiben. Das Ziel
für den S&P 500 lautet für dieses Szenario auf 4700 Punkte. Im Falle des
positiven Szenarios kommt es innerhalb von einigen Wochen zu einem
Waffenstillstand und nachlassenden Spannungen zwischen der Nato und Russland mit
entsprechend geringeren Belastungen für die Weltwirtschaft. Das Ziel für den S&P
500 in diesem Szenario lautet auf 5100 Zähler.
(Börsen-Zeitung, 26.03.2022)
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