31.10.2022 20:26:38
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Endlich Tabula rasa, Kommentar zu Fresenius von Sabine Wadewitz
Frankfurt (ots) - Die Hiobsbotschaften aus dem Gesundheitskonzern Fresenius
reißen nicht ab. Auch das neue Führungsduo schickt mit der ersten Präsentation
eines Zwischenberichts eine Gewinnwarnung in den Markt. Der neue Fresenius-CEO
Michael Sen und Carla Kriwet, die neue Chefin der Dialysetochter Fresenius
Medical Care (FMC), müssen sich dafür natürlich nicht verantworten, sondern die
Versäumnisse ihrer Vorgänger ausbaden.
Sorgenkind bleibt vor allem das Dialysegeschäft im wichtigsten Markt
Nordamerika, wo FMC von Personalengpässen und deutlich steigenden Kosten
belastet ist. Die eingeleiteten Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage
zeigen anders als im Management erwartet noch keine Erfolge. So stellt FMC für
das Jahr nun einen Gewinnrückgang um bis zu 25 Prozent in Aussicht, während der
Worst Case zuvor bei Einbußen von 20 Prozent angesetzt wurde - und auch das war
schon fatal.
Die Misere von FMC schlägt auf Fresenius durch. Zunehmend lädiert präsentieren
sich allerdings auch alle anderen Segmente im Konzern, was ebenfalls auf
Kostensteigerungen und Lieferkettenstörungen zurückgeführt wird. Die Schlinge
zieht sich zu. Das verheißt nichts Gutes für das Jahresendergebnis, zumal beide
Konzerne beachtliche Goodwillpositionen in der Bilanz haben.
Die neue Führungsspitze hat mit klarer Botschaft deutlich gemacht, dass sie die
Probleme erkannt hat und alles daran setzt, die Segmente auf Kurs zu bringen.
Zugleich wird im Mutterunternehmen Fresenius bekräftigt, dass der Konzern neu
ausgerichtet und das Portfolio auf den Prüfstand gestellt werden soll. Der neue
Konzernlenker Sen verspricht, er werde schneller und entschlossener vorgehen als
sein Vorgänger - dieser hatte auch einen Konzernumbau versprochen, ließ seinen
Worten aber keine Taten folgen.
Für Fresenius wird die Rückkehr zur Ertragsperle kein einfacher und schneller
Weg. Eine übereilte Zerschlagung des Konzerns zu Ausverkaufspreisen ist auch
nicht angeraten - so groß ist die Not nicht. Das würde vor allem kaufwilligen
Finanzinvestoren in die Hände spielen, die dann anstelle von Fresenius die
Restrukturierungsgewinne vereinnahmen könnten.
Gleichwohl darf das neue Management nicht lange warten, um den Investoren eine
verlässliche Strategie mit klar bezifferten Rentabilitätszielen zu präsentieren.
Das gilt umso mehr, als der Hedgefonds Elliott eingestiegen ist, der zwar
begrenzte gesellschaftsrechtliche Eingriffsmöglichkeiten hat, aber öffentlich
auf den Putz hauen kann. Über allem steht der Wiederaufbau von Vertrauen im
Kapitalmarkt. Hier wäre schon ein Anfang gemacht, wenn es künftig verlässliche
Prognosen gäbe.
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