26.07.2022 20:30:49
|
OTS: Börsen-Zeitung / Auf des Messers Schneide, Kommentar zum Gas-Sparplan in ...
Auf des Messers Schneide, Kommentar zum Gas-Sparplan in der EU von
Stefan Paravicini
Berlin (ots) - Als der russische Energiekonzern Gazprom Anfang Juli zu
Wartungszwecken den Gasfluss durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 in Richtung
Westeuropa unterbrach, dachten sich Analysten von Deutsche Bank Research drei
Szenarien aus, wie es nach Ende der Wartungsarbeiten weitergehen könnte. "Auf
des Messers Schneide" nannten sie ein Szenario, in dem Gazprom den Gasfluss auf
ein Fünftel der Kapazitäten von Nord Stream 1 reduzieren würde. Schon an diesem
Mittwoch dürfte dieses Szenario Wirklichkeit werden. Täglich mehren sich
außerdem die Hinweise, dass Moskau in den nächsten Monaten auch vor einem
Komplett-Lieferstopp nach Europa nicht Halt machen wird, sofern sich der Kreml
davon Vorteile im Angriffskrieg gegen die Ukraine erhoffen darf.
Die Einigung der Energieminister der Europäischen Union auf ein gemeinsames Ziel
für Einsparungen beim Gasverbrauch dürfte die Hoffnungen des Kremls in dieser
Hinsicht zumindest nicht gänzlich zerschlagen haben. Denn im Vergleich zum
Vorschlag der EU-Kommission aus der vergangenen Woche setzt der jetzt gefundene
Kompromiss auf ein freiwilliges Einsparziel für die nächsten acht Monate. Das
kann im Falle eines drohenden Versorgungsnotstandes zwar zur Verpflichtung
gemacht werden. Doch dieser Notstand kann nicht mehr allein von der Kommission,
sondern muss im Rat mit qualifizierter Mehrheit festgestellt werden. Schließlich
gibt es wie immer in der EU eine lange Liste von Ausnahmeregelungen.
Die Einigung der EU-Länder im Rekordtempo ist dennoch ein starkes Signal
Richtung Moskau. Jetzt müssen die Sparziele allerdings schnell konkretisiert
werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der erst in der vergangenen
Woche ein weiteres Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht hat, sieht Deutschland
bereits auf Kurs zum Sparziel. Allerdings stockt unter anderem die Aktivierung
der Kraftwerksreserve, die den Einsatz von Gas in der Stromerzeugung
zurückdrängen soll. Auch das Auktionsmodell, mit dem weitere Anreize für die
Industrie geschaffen werden sollen, Gas einzusparen, lässt bis Herbst auf sich
warten.
"Willkommen im Winter der Gas-Rationierungen" ist das Szenario von Deutsche Bank
Research überschrieben, das von einem russischen Lieferstopp ausgeht. Der Kreml
hat in den ersten fünf Kriegsmonaten nicht nur den Widerstand der Ukraine,
sondern auch die Geschlossenheit der Europäer unterschätzt. In den nächsten acht
Monaten wird es ungleich schwieriger, diese Geschlossenheit zu wahren.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5282498
OTS: Börsen-Zeitung
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!