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27.02.2014 22:37:59

Ostthüringer Zeitung: Jörg Riebartsch kommentiert den Freispruch für Christian Wulff: Gesiegt und doch gescheitert

Gera (ots) - Zum Schluss steht Mitgefühl, Mitgefühl mit Christian Wulff, einem Gescheitertem, einem Zerriebenen. Dass er gestern von dem Vorwurf der Vorteilsnahme freigesprochen wurde, hat den früheren Bundespräsidenten juristisch rehabilitiert. Aber es bleibt haften, dass hier ein Politiker - - der als Nachwuchstalent der CDU galt - systematisch fertig gemacht wurde. Und im Volk bleibt haften, dass da mit Wulff irgend etwas war. In einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland, das Rechtstaatlichkeit und Grundsätze der Gleichbehandlung wie eine Monstranz vor sich herträgt, konnte die Staatsanwaltschaft in Hannover nicht anders als zu ermitteln und anzuklagen. Das muss man wissen, wenn man die Behörde nun wegen ihres Fehlverhaltens tadelt. Immerhin ist sie grandios gescheitert. Es mangelte an Beweisen gegen den Angeklagten. Die Ansprüche für den biederen Juristen Wulff, früher Ministerpräsident in Niederachsen, waren unerfüllbar hoch. Das in der Öffentlichkeit dominante Meinungsbild des Boulevards wollte ein glamourös-jugendliches Image auf das Amt projizieren. Das musste scheitern: Die Aufgaben des Bundespräsidenten eignen sich nicht dafür, royalen Glamour für die bewegten Bilder des Fernsehens zu produzieren. Ersatz-Monarchen bringen die Gesellschaft nicht weiter. Und Christian Wulff musste dafür in eine Rolle schlüpfen, die ihm nicht gut anstand. Hölzern und formaljuristisch reagierte er spürbar ungeschickt als sich abzeichnete, dass - fein formuliert - er zumindest moralisch darin fehlte, wenn er Vertreter der Wirtschaft zu nah an sich heran ließ. Es waren Lobbyisten in eigener Sache, die sich mit Nähe zur Politik Vorteile für ihre Geschäfte erhofften. Sonst wäre Wulff, der Ex-Bundespräsident, heute nicht so einsam, wenn es wirklich seine Freunde gewesen wären und nicht tumbe Geschäftsbesorger. Zu jung, nicht unabhängig genug - Wulffs juristischer Sieg darf nachträglich nicht bemänteln, dass er als Bundespräsident ungeeignet war. Das Schicksal teilt er zwar mit verschiedenen Vorgängern im Amt, aber ihn traf es grausam wie keinen anderen.

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