11.07.2014 14:20:00

Österreich und CEE könnten wieder in den Fokus von Investoren rücken

Raiffeisen-Analysten zeichnen für das zweite Halbjahr 2014 einen insgesamt positiven Ausblick für die Kapitalmärkte in Österreich und Osteuropa. Sie könnten wieder in den Fokus von internationalen Investoren gelangen. Deutliche Konjunkturverbesserungen in den CEE-Kernländern und das niedrige Zinsumfeld sollte das Interesse an der Region wieder stärken.

"Über die Sommermonate und bis Jahresende ist mit höheren Kursen zu rechnen", sagte der stellvertretende Chefanalyst der Raiffeisen Centrobank (RCB) , Bernd Maurer, am Freitag bei der Präsentation des Konjunktur- und Kapitalmarktausblickes der Raiffeisen Bank International (RBI) für das dritte Quartal. Im Vergleich zu internationalen Aktienmärkten seien Österreich und Osteuropa relativ attraktiv bewertet. "Es besteht die Hoffnung, dass unsere Region wieder in den Fokus kommt", so Maurer.

Für den ATX, den Leitindex der Wiener Börse, prognostiziert Maurer einen Jahresschlusswert von 2.750 Punkte. Gegenüber dem aktuellen Stand von 2.370 wäre dies ein Anstieg um 16 Prozent.

"Günstig sind wir nicht, aber relativ attraktiv. Wo sonst gibt es Renditemöglichkeiten", so Maurer. Die KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnisse) von 13 bis 15 müssten im aktuellen Niedrigzinsumfeld aber anders bewertet werden, als in früheren Zeiten mit höherem Zinsumfeld. Negativ auf die Stimmung der Investoren könnten sich die jüngsten Gewinnwarnungen - von Verbund, Erste Group und EVN - auswirken. "Das große Ganze ist aber stärker als einzelne Gewinnwarnungen", so Maurer. Viele Gewinnwarnungen seien bilanzielle Nachlaufeffekte und würden nicht das operative Geschäft betreffen.

In der ersten Jahreshälfte hat der ATX knapp 2 Prozent eingebüßt, die Hauptmärkte in Osteuropa notierten nahezu unverändert - nur der rumänische Leitindex BET zeigte ein Plus von 8 Prozent. Er profitierte von deutlich verbesserten Rahmenbedingungen und könnte von MSCI bald als "investable" qualifiziert werden, meinte Maurer. Die Westmärkte konnten dagegen im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich zulegen. Rückblickend sei der Ukraine-Konflikt für den negativen ATX verantwortlich. Die Region sei sehr verwundbar für ausländische Investitionen, diese würden keine großen Differenzierungen zwischen den einzelnen Ländern machen.

Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek geht davon aus, dass in der zweiten Jahreshälfte nicht mehr die Geldpolitik sondern die Wirtschaftsentwicklung eine wesentliche Rolle für die Kapitalmärkte in Österreich und Osteuropa spielen wird. Während aber Österreich in der ersten Jahreshälfte eher enttäuschte, habe es in Osteuropa eine erfreuliche Entwicklung gegeben. Die Konjunkturdynamik sollte in Europa zur Jahresmitte 2015 ihren Höhepunkt erreichen. Brezinschek erwartet sich keine so starken "Boom-Bust"-Muster mehr wie früher.

Der Chefanalyst hat die Wachstumsprognosen für Österreich für 2014 und 2015 um jeweils 0,2 Prozentpunkte auf 1,3 bzw. 2,1 Prozent zurückgenommen, für CEE dagegen deutlich nach oben revidiert - mit Ausnahme von Serbien, das unter der Flutkatastrophe leidet, und der Ukraine und Russland.

Mit "erfreulichen" Wachstumsraten habe Osteuropa wieder die Führungsrolle in Europa übernommen, aber nicht mehr so stark, wie früher, sagte Brezinschek. Rezession und Stagnation der letzten Jahre könnten überwunden werden. Vor allem Polen, Rumänien und Ungarn würden von hohen ausländischen Investitionen profitieren. Auch der private Konsum unterstütze, die Währungsrelationen hätten sich verbessert und die Fiskalpolitik wäre in einer besseren Situation.

Österreich falle dagegen weiter hinter Deutschland und die Schweiz zurück. "Wir reglementieren uns zu Tode", kritisierte Brezinschek. Um wieder auf einen langfristigen Wachstumspfad zurückzukehren, müsste endlich der Reformstau angegangen werden. Die hohe Steuer- und Abgabenquote stelle eine Wachstumsbremse dar. Zusätzlich bremse der Fachkräftemangel die Konjunktur jährlich um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte. "Von 100 hochqualifizierten Österreichern arbeiten 80 Prozent in den USA, Deutschland oder der Schweiz", so Brezinschek. Mangel an Fachkräften gebe es sowohl in der Industrie als auch im Gewerbe. Altlasten in Gesetzen und Verordnungen würden zu viel Zeit kosten und zu Verzögerungen bei der Umsetzung von öffentlichen Bauvorhaben führen. Bürokratie müsse abgebaut werden.

Hinsichtlich des Ukraine-Konfliktes meinte Brezinschek, dass "alles andere als eine Lösung" in Sicht sei. Beide Länder würden darunter leiden, Russland stagniere, Ukraine befinde sich in einer Rezession. Die Weichen für einen Aufschwung in der Ukraine würden erst 2015 oder 2016 gelegt. Reformen, Budget, Korruption und Rechtssicherheit seien die wichtigsten Themen, damit ausländische Investitionen wieder laufen könnten.

Die Aussichten für Russland werden als verhalten eingestuft. Das Risiko von Sanktionen bleibe im Markt. Es werden aber keine erhöhten Auswirkungen auf Unternehmen erwartet. Für die Gasversorgung in Europa werden keine Probleme erwartet.

Den Anlegern empfohlen werden Unternehmen der Öl- und Gasbranche, aber nur Förderunternehmen wie die OMV, MOL, LUKoil, Tatneft und Novatek. Auch die Immobilienbranche sollte noch länger vom Niedrigzinsumfeld profitieren. Hier wird die Immofinanz empfohlen. Im Bankenbereich gibt es selektive Empfehlungen für die polnische BZ WBK und die rumänische BRD-GSG und die Komercni Banka. Bei den Versorgern stehen CEZ, E.ON Russia oder InterRAO auf Kauf, im Telekom-Bereich Netia (Polen) und MegaFon (Russland).

(Schluss) ggr/phs

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