Optimistisch |
11.02.2021 15:22:00
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Neuer Commerzbank-Chef treibt Umbau voran - Commerzbank-Aktie sackt ab
"Wachstum um jeden Preis ist für die Commerzbank keine Option mehr", betonte Knof. "Profitabilität geht vor." Damit grenzt er sich klar von der bisherigen Führungsriege und deren Versuch ab, schwindende Gewinne durch das Anlocken möglichst vieler Kunden zu kompensieren.
Prämien für neue Privatkunden gehörten bei der Commerzbank der Vergangenheit an, sagte Knof, der sich schon als Deutschlandchef des Versicherers Allianz den Ruf eines Sanierers erworben hatte. Stattdessen müssen sich Kunden - auch bei der Comdirect - darauf einstellen, dass sie für Konto oder Depot künftig zahlen müssen. Zumindest, wenn bestimmte Bedingungen nicht erfüllt sind. "Wir werden mit neuen Preismodellen an den Markt zurückkommen", kündigte Knof an.
An der Börse konnte der Vorstand mit seinen Geschäftserwartungen nicht überzeugen. Der Kurs der Commerzbank-Aktie sackte am Vormittag zeitweise um rund acht Prozent auf nur noch gut fünf Euro in den Keller. Zuletzt lag das Papier noch mit knapp sechs Prozent im Minus und war damit größter Verlierer im MDAX, dem Index der mittelgroßen Werte.
Knof rechnet damit, dass die gesamten Erträge des Instituts 2021 erneut zurückgehen. Schon im vergangenen Jahr waren sie auch wegen einer Sonderbelastung in Polen um fünf Prozent auf gut 8,2 Milliarden Euro gesunken. Branchenexperten hatten für 2021 im Schnitt einen Anstieg auf fast 8,5 Milliarden Euro erwartet. Doch Knof stellt selbst für die Zeit bis 2024 lediglich "weitgehend stabile Erträge" auf dem jüngsten Niveau in Aussicht.
Im Corona-Jahr profitierte die Commerzbank wie die Comdirect immerhin davon, dass ihre Kunden eifrig mit Wertpapieren handelten - was die Provisionserträge in die Höhe trieb. Der Zinsüberschuss ging wegen der verschärften Niedrigzinsen hingegen zurück.
Um die Bank wie geplant wieder zu ansehnlichen Gewinnen zu bringen, bleiben dem Vorstand daher faktisch nur, die Ausgaben für Mitarbeiter und Sachmittel zu senken. So fährt das Management einen harten Sparkurs, durch den die Kosten von rund 6,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr bis 2024 um 1,4 Milliarden Euro sinken sollen. Bis Ende 2024 soll die Zahl der Vollzeitstellen im Konzern von zuletzt 39 500 auf 32 000 verringert werden. Das Filialnetz wird von 790 auf 450 Standorte fast halbiert.
Treffen wird der Jobabbau vor allem das Privatkundengeschäft (minus 3500 Vollzeitstellen) und die Zentrale (minus 3200 Stellen). Im Firmenkundengeschäft stehen 1000 Stellen auf der Kippe. Die Bank gibt im Ausland 15 Standorte auf. Aus dem eigenen Aktienhandel verabschiedet sich die Bank ganz und setzt auch bei Aktienanalysen künftig auf Kooperationen. Mehr als 80 Prozent des Stellenabbaus will das Management bis Ende 2023 umgesetzt haben. Die Gewerkschaft Verdi forderte erneut mehr Zeit für den Personalabbau bis 2025.
Aufgebaut werden sollen zugleich etwa 200 Stellen bei der polnischen Tochter MBank. Außerdem will die Commerzbank bisher extern vergebene Dienstleistungen wieder verstärkt im eigenen Haus erledigen und so Kosten senken. Backoffice-Tätigkeiten wie Abwicklung und Verwaltung von Geschäften sollen etwa nach Polen und Bulgarien verlagert werden.
Der Vorstand werde "alles tun, betriebsbedingte Beendigungskündigungen so weit wie möglich zu vermeiden", versicherte Finanzvorständin Bettina Orlopp. "Dass dies vollständig gelingen wird, können wir allerdings nicht garantieren."
Wenn 2024 alle Pläne umgesetzt sind, will die Bank im Tagesgeschäft 2,7 Milliarden Euro verdienen. Bei der Frage, wann unter dem Stich wieder ein Gewinn stehen wird, legte sich der Vorstand nicht fest. "Eine Prognose, was unter dem Strich stehen wird, ist zum heutigen Zeitpunkt schwierig", sagte Orlopp mit Blick auf das Jahr 2021.
Im vergangenen Jahr summierte sich das Minus unter dem Strich auf rund 2,9 Milliarden Euro, wie das Institut bereits mitgeteilt hatte. Somit brachte 2020 der Commerzbank den höchsten Verlust seit der Finanzkrise 2009 mit damals mehr als 4,5 Milliarden Euro. Der Staat rettete das Institut kurz nach der Übernahme der Dresdner Bank mit Steuermilliarden vor dem Kollaps und wurde ihr größter Aktionär.
Enthalten sind im Jahresergebnis 2020 nach Angaben der Bank 814 Millionen der insgesamt 1,8 Milliarden Euro Aufwendungen für den Konzernumbau. Auch schrieb des Institut rund 1,6 Milliarden Euro ab, weil sich übernommene Geschäfte der Dresdner Bank und der MBank nicht so gut entwickelten wie seinerzeit erhofft. Auch die Vorsorge für mögliche Rückschläge infolge der Corona-Pandemie fiel mit knapp 1,75 Milliarden Euro fast drei Mal so hoch aus wie ein Jahr zuvor.
Knof, der zuletzt im Privatkundengeschäft der Deutschen Bank tätig war, hatte zum 1. Januar die Führung der Commerzbank übernommen. Sein Vorgänger Martin Zielke war nach Kritik von Investoren zurückgetreten, auch die Spitze des Aufsichtsrates wurde mit dem Ex-Landesbanker Hans-Jörg Vetter neu besetzt.
Mit der grundlegenden Neuaufstellung will sich die Commerzbank auch davor schützen, zum Übernahmeziel zu werden. "Der Vorstand und ich ganz persönlich arbeiten jeden Tag für die Eigenständigkeit der Commerzbank", sagte Knof. Dass die Bank eine "tiefgreifende Restrukturierung" brauche, sei nicht neu. "Neu ist aber, dass wir die Veränderungen jetzt umsetzen - und zwar mit klarer Frist." Knof betonte: "Wer mich kennt, weiß, dass ich dabei sehr beharrlich sein werde. Mit halben Sachen gebe ich mich nicht zufrieden."
Absehbar sollen auch für die lange gebeutelten Aktionäre des Instituts wieder bessere Zeiten anbrechen: Für das Geschäftsjahr 2023 strebt der Vorstand nach mehreren Nullrunden eine Dividende an.
FRANKFURT (dpa-AFX)
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