Hype zu groß? 31.03.2021 22:05:00

Nach gewaltigem Tesla-Kursplus: Sind E-Auto-SPACs die neue Dotcom-Blase?

Nach gewaltigem Tesla-Kursplus: Sind E-Auto-SPACs die neue Dotcom-Blase?

• Vergleich mit Dotcom-Blase
• Suche nach dem "nächsten Tesla"
• SPACs von E-Auto-Herstellern überschwemmen den Markt

Tesla-Aktie beliebtes Ziel von Blasen-Vorwürfen

Die Anteilsscheine des Elektroautoherstellers Tesla werden oftmals von Shortsellern, die auf sinkende Kurse der Aktie wetten, als Spekulationsblase bezeichnet. Dies liegt besonders daran, dass das Papier im vergangenen Jahr einen starken Zuwachs von 743 Prozent verbuchte - laut einigen Marktexperten eine starke Übertreibung. Auch der Fondsmanager Per Lekander erklärte kürzlich gegenüber "CNBC", dass er die Titel des E-Auto-Pioniers für maßlos überbewertet halte und die Tesla-Blase kurz vor dem Platzen stehe. Auch verglich er den gefährlichen Hype um die Aktie mit der Dotcom-Blase im Jahr 1999. Damals stiegen die Kurse von jungen Tech-Unternehmen rasant an. Um am Boom teilzuhaben, investierten zahlreiche Anleger in vielversprechend wirkende Firmen, die allerdings noch keinen Umsatz vorweisen konnten. Als sich abzeichnete, dass die Unternehmen die Erwartungen nicht erfüllen konnten, fingen erst einzelne Investoren an, ihre Anteile zu verkaufen. Zahlreiche andere folgten diesem Beispiel. Die Kurse fielen rapide - die Blase platzte.

Suche nach "nächstem Tesla" bläht Blase weiter auf

Dass sich die Ereignisse von vor mehr als 20 Jahren zu wiederholen scheinen, findet auch "MarketWatch"-Kolumnistin Therese Poletti - wenn auch mit leicht verschobenem Fokus. So waren es 2020 nicht Tech-Werte im klassischen Sinn, die die Aufmerksamkeit der Anleger erregt haben, sondern Aktien von Elektroautoherstellern, allen voran Tesla. Aber auch chinesische Konkurrenten wie NIO, Xpeng und Li Auto waren im vergangenen Jahr gefragt. Für eine Blase am Markt spreche, dass die Anteilsscheine zu hohen Preisen gehandelt werden, obwohl eine Zukunft, in der Elektrofahrzeuge in der breiten Masse angekommen sind, noch Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte entfernt sei. Dennoch hat Poletti eine Erklärung für den Trend: So hänge die Nachfrage nach den E-Aktien damit zusammen, dass immer mehr Unternehmen einen Börsengang via SPAC anstreben, also eine Unternehmenshülle nutzen. Aber auch eine hohe Investitionsbereitschaft der Anleger sowie die Suche nach dem "nächsten Tesla" blähe die Blase weiter auf. "Die wichtigste Zutat in dieser Rezeptur sind Blankoscheck-Firmen, die sich auf den Kauf von Elektroautoherstellern konzentrieren und sowohl erfahrenen institutionellen als auch privaten Investoren die Möglichkeit geben, als Risikokapitalgeber aufzutreten", so die Kolumnistin weiter.

E-Auto-Blase geht kurzzeitig die Luft aus

Auch wenn noch nicht von einem Platzen die Rede sein kann, scheint sich die Blase dennoch wieder etwas zu entladen. So verlor die Tesla-Aktie Ende Februar und Anfang März ihre steigende Tendenz und ließ ihren starken Jahresstart zunächst hinter sich. Aktuell wird das Papier bei 611,29 US-Dollar gehandelt und weist seit Jahresbeginn ein Minus von mehr als 13 Prozent aus (Schlusskurs vom 29. März 2021). "Ich denke, dass der Bereich der Elektrofahrzeuge etwas ist, bei dem die Investoren den vergangenen Renditen hinterherjagen", erklärte Jay Ritter von der University of Florida gegenüber "MarketWatch". "Wie bei allen Blasen ist es schwer zu wissen, wo der Wendepunkt sein wird."

Nikola- und Lucid Motors-Aktie fallen nach Kurssprüngen zurück

Ein bekanntes Beispiel für einen Elektrofahrzeughersteller, der den Weg an die Börse mittels SPAC gewagt hat, ist Nikola. Der Tesla-Konkurrent, der sich für seinen Unternehmensnamen ebenfalls vom Erfinder, Physiker und Elektroingenieur Nikola Tesla hat inspirieren lassen, fusionierte 2020 mit dem Börsenmantel VectoIQ. Zahlreiche Investoren stiegen ein und trieben den Preis für die Nikola-Aktie in die Höhe, und dies obwohl das Unternehmen bis dahin noch kein einziges Fahrzeug verkauft hatte. Kurz darauf folgten Betrugsvorwürfe von Hindenburg Research: Nikola zeigte in einem Video, wie sich ein vermeintlich nur durch die verwendete Wasserstofftechnologie angetriebener Lkw bewegte, tatsächlich rollte das Fahrzeug aber langsam einen Berg herunter. Der damalige CEO Trevor Milton räumte den Fehler ein und nahm seinen Hut. Für die Aktie bedeutete dies sinkende Kurse.

Ebenfalls den Weg über ein Akquisitionszweckunternehmen will noch im zweiten Quartal 2021 Lucid Motors gehen. Das Unternehmen soll von der Churchill Capital Group übernommen werden, wie im Februar angekündigt wurde. Bereits zuvor standen Gerüchte zur SPAC-Übernahme im Raum, was die Aktie des Börsenmantels in die Höhe trieb. Nach der Ankündigung der beiden Unternehmen stellte sich aber heraus, dass Lucid Motors weitaus geringer bewertet wurde als zuvor angenommen, was die Churchill Capital Group-Aktien wieder zum Absturz brachte.

SPAC kostet Velodyne Lidar-Gründer Vorstandsvorsitz

Letztes Jahr brachte Unternehmensgründer David Hall Velodyne Lidar ebenfalls über einen Börsenmantel in den Handel. Der Konzern liefert die Technologie für autonome Fahrzeuge. Mittlerweile sollen sich jedoch die Fronten zwischen dem Gründer und den Investoren verhärtet haben. In Folge der Streitigkeiten wurden Hall und seine Frau Marta nun aus ihren Positionen als Vorstandsvorsitzender bzw. Chief Marketing Officer enthoben. "Die Untersuchung kam zu dem Schluss, dass Hall und seine Frau sich in Bezug auf Vorstands- und Unternehmensprozesse jeweils unangemessen verhalten haben und es versäumt haben, mit Respekt, Ehrlichkeit, Integrität und Offenheit im Umgang mit den leitenden Angestellten und Direktoren des Unternehmens zu agieren", gab Velodyne Ende Februar an. Dennoch halten die beiden Unternehmensanteile von 58,4 Prozent in Form von Stammaktien. "Um es ganz klar zu sagen: Ich habe mich entschieden, aus dem Vorstand zurückzutreten, weil ich zahlreiche Bedenken bezüglich der strategischen Ausrichtung und der aktuellen Führung von Velodyne Lidar hatte", so Hall zu der Aufgabe seiner Position. Als Kritikpunkt führte der Gründer etwa an, dass der Vorstand trotz schwacher Quartalsergebnisse ein erhöhtes Vergütungspaket für den CEO Anand Gopalan umgesetzt habe.

Dieses Beispiel zeigt, dass der Börsengang via SPAC für Unternehmen zwar zunächst attraktiv wirken mag, immerhin entfallen lange Wartefristen und bürokratischer Aufwand, auf lange Sicht aber auch Nachteile mit sich bringen kann.

E-Auto-SPACs - die neue Dotcom-Blase?

Und dennoch scheint der SPAC-Trend noch lange nicht abgeebbt zu sein, wie Poletti betont. Im vergangenen Jahr 2020 gingen 15 Elektrofahrzeughersteller mittels Blanko-Firmen an die Börse, wie aus Daten von Renaissance Capital hervorgeht. "Aber die meisten von ihnen haben keine bewährte Technologie oder ein Geschäftsmodell, wenig oder keine Einnahmen und keine Gewinne in Sicht", resümiert die Kolumnistin. Die Tendenz wird sich auch im laufenden Jahr fortsetzen: Laut Dealogic kündigten im Januar 90 SPACs an, an die Börse zu gehen. "Während nur eine Handvoll dieser Unternehmen tatsächlich angab, sich auf Elektrofahrzeuge oder Batterien zu konzentrieren, nannten viele keine Zielbranche oder einen Zielmarkt für Akquisitionen, sondern erwähnten einen nachhaltigen Fokus", so Poletti weiter. Damit könnte der Trend, Elektroautohersteller mittels Akquisitionszweckunternehmen an die Börse zu bringen, die neue Dotcom-Blase sein. Genau wie 1999 - und auch bereits bei der Tulpenmanie im 17. Jahrhundert - handelt es sich beim E-Auto-Hype um neue und relativ unbekannte Produkte. Auch damals schossen die Preise in die Höhe. Dieses Mal sei nur das Produkt ein anderes, so die "MarketWatch"-Kommentatorin.

Warnung vor unprofitablem Einstieg in SPAC-Geschäft

Dennoch sei bemerkenswert, dass viele Unternehmen diesen Schritt gehen, ohne einen positiven Cashflow oder Gewinn vorweisen zu können, wie auch Robert Davis von Round Table Wealth Management erklärte. "Nicht alle diese SPACs werden großartig sein", prognostizierte der Stratege. "Das ist ein bisschen wie im Mittelalter, als Alchemisten unedles Metall nahmen und es in Gold verwandelten", fügte Sandeep Dahiya von der McDonough School of Business in Georgetown hinzu. "SPACs sagen: 'Hier, gib uns dein Geld und wir werden versuchen, dich reich zu machen.' Schauen wir mal, wie sich das entwickelt." Während institutionelle Investoren wie Hedgefonds zwar durchaus vom frühen Einstieg in SPACs profitieren können, seien es in den meisten Fällen Kleinanleger, die benachteiligt werden, glaubt Poletti. "Jeder, der auf langfristige Renditen setzt, muss klug wählen und sich vor dem SPAC-Tagesangebot in Acht nehmen."

Redaktion finanzen.at

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