Sonderertrag im Vorjahr 11.11.2021 16:20:00

Merck-Aktie tiefer: Merck verdient trotz Corona-Boom weniger

Merck-Aktie tiefer: Merck verdient trotz Corona-Boom weniger

In der Laborsparte setzte sich der Boom dank der Nachfrage aus der Pharmaindustrie im dritten Quartal fort, und auch das Geschäft mit Halbleitermaterialien florierte. Zuwächse verzeichnete der Konzern ebenfalls mit Arzneien. Wegen eines Sonderertrags im Vorjahr gingen das Betriebsergebnis und der Gewinn unter dem Strich aber zurück, wie Merck am Donnerstag in Darmstadt mitteilte.

Merck-Chefin Belen Garijo sprach von einer hervorragenden Entwicklung in allen drei Unternehmensbereichen. Merck hatte deshalb zusammen mit Eckdaten erst kürzlich die Jahresziele ein weiteres Mal erhöht. Das Management berücksichtige in seinen neuen Zielen inzwischen auch erstmals das anlaufende Geschäft mit Auffrischungsimpfungen ("Booster"), sagte Garijo auf einer Telefonkonferenz.

Das Management geht davon aus, dass die Pandemie auch 2022 dem Konzern Rückenwind liefern wird. Im Geschäft mit Produkten und Dienstleistungen für die Arzneimittelherstellung rechnet sich der Konzern inzwischen für 2022 sogar einen noch größeren Beitrag durch das Covid-19-Geschäft aus als bisher. Der positive Einfluss durch die Pandemie dürfte danach aber Jahr für Jahr abnehmen, sagte Garijo.

Derweil bekommt zwar auch Merck die weltweiten Lieferkettenprobleme zu spüren. Garijo sieht aber keinen Anlass zu Besorgnis. Merck könne nicht alle Aufträge ausliefern, sei aber gut aufgestellt und habe keine Rohstoffengpässe. Der Konzern beschleunige aktuell seine Prozesse, "um die Situation wieder zurück in die Spur zu bringen".

Bei Experten kamen die Quartalszahlen unterdessen gut an: Der endgültige Bericht verdeutliche, dass die Prognoseerhöhung nicht nur Covid, sondern dem guten Life-Science-Geschäft zu verdanken sei, schrieb Analyst Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan in einer ersten Reaktion.

Im vergangenen Jahresviertel stieg bei Merck der Umsatz - wie bereits bekannt - im Vergleich zum Vorjahr um rund zwölf Prozent auf 4,97 Milliarden Euro. Organisch, also ohne Zu- und Verkäufe und bereinigt um Wechselkurseffekte - betrug das Plus knapp elf Prozent.

In der Laborsparte wuchs Merck nominal um knapp 18 Prozent. Dabei verzeichnete das Geschäft mit Produkten und Dienstleistungen für die Arzneimittelherstellung ein Plus von fast 28 Prozent. Der Bereich boomt bereits seit geraumer Zeit in der Pandemie. Merck beliefert laut Garijo mittlerweile rund 80 Impfstoffentwickler, darunter den mRNA-Hersteller Biontech (BioNTech (ADRs)). Das Wachstum sei inzwischen aber zu gleichen Teilen getrieben durch Covid-19 und Zuwächse im Kerngeschäft, sagte die Konzernlenkerin. So erholte sich auch das Geschäft mit wissenschaftlichen und gewerblichen Laboren weiter. In der Corona-Krise waren die Geschäfte 2020 wegen der Schließung vieler Einrichtungen zeitweise eingebrochen.

Eine starke Nachfrage nach Krebsarzneien wie Bavencio und der Tablette Mavenclad bei Multipler Sklerose (MS) trieb das Wachstum im Pharmageschäft. Auch Fruchtbarkeitsarzneien waren gefragt. Mit rund fünf Prozent war der Zuwachs der gesamten Sparte im Vergleich allerdings am niedrigsten. So verzeichnete Merck beispielsweise erwartungsgemäß bei seinem in die Jahre gekommenen MS-Mittel Rebif sinkende Erlöse. Einbußen gab es aber auch bei Medikamenten etwa gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselstörungen. Hier habe sich die seit 2020 geltende Preisregulierung in China negativ ausgewirkt und zu einem Umsatzrückgang um rund zehn Prozent beim Diabetesmedikament Glucophage geführt, hieß es.

Unterdessen schieben auch gute Geschäfte mit der Halbleiterindustrie den Konzern weiter an. Der gesamte Umsatz der Elektroniksparte legte im vergangenen Quartal um rund zwölf Prozent zu. Hier profitiert der Konzern von den Versorgungsengpässen bei Halbleitern, insbesondere in der Autoindustrie sind Chips knapp. Chipkonzerne bauen ihre Fertigung daher aus, die Nachfrage nach Materialien ist entsprechend hoch. Die milliardenschwere Übernahme des US-Halbleiterzulieferers Versum 2019 kommt Merck nun zugute.

Dagegen leidet das Geschäft mit Flüssigkristallen etwa für Smartphones und Displays weiter unter der starken asiatischen Konkurrenz. Der Verkauf von Farbpigmenten hingegen lebt auf - hier war in der Pandemie insbesondere die Nachfrage aus der Kosmetik und der Autoindustrie eingebrochen.

Trotz Umsatzplus ging - wie ebenfalls bereits bekannt - das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (bereinigtes Ebitda) von Juli bis September um knapp neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 1,55 Milliarden Euro zurück. Allerdings hatte der Konzern im Vorjahr nach dem erfolgreichen Ende eines Patentstreits mit dem US-Rivalen Biogen millionenschwere Rückstellungen aufgelöst. Das sorgte für einen außerordentlichen Schub. Nach Steuern sank der Gewinn nun um fünf Prozent auf 764 Millionen Euro.

Die erst in der vergangenen Woche angehobenen Ziele für 2021 sehen einen Umsatzanstieg auf 19,30 bis 19,85 Milliarden Euro (Vorjahr: 17,5) vor. Auch der bereinigte Betriebsgewinn soll anziehen und von 5,2 Milliarden im Vorjahr auf 6,0 bis 6,3 Milliarden Euro wachsen. Unverändert sieht die Spanierin den Konzern bestens aufgestellt für die kürzlich vorgestellten Mittelfristziele, die bis 2025 Merck durch organisches Wachstum, aber auch durch Zukäufe einen Umsatzsprung auf 25 Milliarden Euro bescheren sollen. "Wir können noch einen Gang höher schalten", sagte die Konzernlenkerin.

Für die Merck-Aktie geht es via XETRA zeitweise um 0,63 Prozent abwärts auf 205,20 Euro.

/tav/mis

DARMSTADT (dpa-AFX)

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