Flugzeuge am Boden 27.07.2022 15:51:00

Lufthansa-Aktie dennoch fester: Ankgekündigter Streik des Bodenpersonals begonnen - AUA erwartet morgen wieder regulären Betrieb

Lufthansa-Aktie dennoch fester: Ankgekündigter Streik des Bodenpersonals begonnen - AUA erwartet morgen wieder regulären Betrieb

Nach der Absage von mehr als 1000 Flügen ging am Mittwoch an den Drehkreuzen Frankfurt und München fast gar nichts mehr, rund 134 000 Passagiere mussten ihre Reisepläne ändern. Während laut Verdi rund 5000 Beschäftigte sich an den Aktionen beteiligten und für höhere Gehälter demonstrierten, bangten in den Terminals zahlreiche Passagiere um ihre Möglichkeiten zum Weiterflug.

In Frankfurt bildeten sich am Vormittag lange Schlangen meist ausländischer Passagiere vor den spärlich besetzten Umbuchungsschaltern. Den Kunden seien je nach Flugziel unterschiedliche Lösungen angeboten worden, sagte eine Lufthansa-Sprecherin. Man habe extra Personal für diese Aufgabe eingeplant, die damit händelbar geblieben sei. Grundsätzlich können Passagiere auf spätere Lufthansa-Flüge oder andere Gesellschaften umgebucht werden, wobei jedoch die freien Plätze meist knapp waren.

In Einzelfällen könne es auch sein, dass die Menschen mehrere Tage auf ihre Weiterreise warten müssten, hatte ein Lufthansa-Sprecher im Terminal gesagt. Ein britischer Tourist auf dem Weg nach Singapur erzählt, dass er sich bereits auf eine zweite Hotel-Nacht in Frankfurt einrichte. Ein Pärchen hatte noch keine Antwort auf seine Fragen erhalten: "Wir sind hier förmlich gestrandet. Wie und wann wir nach Mexiko kommen? Keine Ahnung!".

Verdi und Lufthansa hielten sich gegenseitig vor, für die Lage verantwortlich zu sein. Das Unternehmen habe bewusst darauf verzichtet, nach der Warnstreikankündigung noch einmal zu verhandeln, sagte Verdi-Streikleiter Marvin Reschinsky. Er hoffe nun auf ein schnelles, gutes Ergebnis. "Wir erwarten ganz klar, dass Lufthansa in der nächsten Woche nachlegt, damit der Luftverkehr wieder läuft." Ein hoher Abschluss sei auch ein Entlastungssignal an das Bestandspersonal, wenn Lufthansa attraktivere Jobs für Neueinsteiger anbiete. "Die werden dringend gebraucht."

Personalvorstand Michael Niggemann erntete vor der Lufthansa-Verwaltung ein gellendes Pfeifkonzert, als er vor den protestierenden Verdi-Gewerkschaftern sagte: "Diesen Warnstreik halte ich für vollkommen unzumutbar." Seine Respekt-Bekundungen für die Arbeit der Beschäftigten wurden teilweise mit höhnischem Gelächter beantwortet, die Stimmung war aufgeheizt.

Schon im ZDF-Morgenmagazin hatte die Verdi-Verhandlungsführerin Christine Behle erklärt, dass es bis zum nächsten Verhandlungstermin am kommenden Mittwoch (3. August) keinen weiteren Streik des Bodenpersonals geben werde. Ein erstes Angebot hat Verdi als zu niedrig abgelehnt. Die Gewerkschaft verlangt 9,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 350 Euro. Die Parteien haben sich für die Gespräche zwei Tage Zeit eingeräumt, was allein schon auf einen gewissen Abschlusswillen deutet. Davon unabhängig läuft unter den Lufthansa-Piloten der Vereinigung Cockpit (VC) eine Urabstimmung, die ab August unbefristete Streiks möglich machen würde.

Der Verdi-Ausstand hatte am Mittwochmorgen begonnen und sollte bis Donnerstag, 6 Uhr, dauern. Lufthansa fürchtet Auswirkungen bis zum Freitag, dem letzten Schultag vor den Sommerferien in Bayern. Es gebe allerdings bereits am Donnerstag keine planmäßigen Flugstreichungen mehr, betonte Lufthansa. Trotz der Streikdauer bis Donnerstag, 6 Uhr, werde man versuchen, auch am ersten Knoten am Morgen wie gewohnt zu fliegen.

Am größten deutschen Airport in Frankfurt waren am Mittwoch 725 von 1160 geplanten Flügen abgesagt worden, wie ein Sprecher des Betreibers Fraport berichtete. Damit waren auch Flüge anderer Gesellschaften betroffen, die üblicherweise vom Lufthansa-Bodenpersonal mitbetreut werden. Zu den 646 Lufthansa-Annullierungen kamen somit auch Flüge anderer Konzerngesellschaften wie Swiss, Austria, Brussels oder Air Dolomiti. Darüber hinaus konnten auch unter anderem Maschinen der Gesellschaften Croatian, United, Air Canada oder der polnischen LOT nicht abheben.

Ähnlich sah es in München aus, wo Lufthansa selbst 330 Flüge abgesagt hatte, aber zusätzlich weitere Airlines betroffen waren. An den kleineren Flughafen-Standorten fielen meist nur die Verbindungen nach München und Frankfurt aus. In Düsseldorf war es dem Flughafen gelungen, den Streik bei der Lufthansa-Tochter Leos zu umgehen, deren Fahrer üblicherweise die Flugzeuge von ihren Parkpositionen schieben. Diese Aufgabe wurde von anderen Dienstleistern erledigt.

Verdi: Kein weiterer Lufthansa-Warnstreik vor nächsten Gesprächen

Lufthansa-Kunden müssen nach dem Warnstreik des Bodenpersonals am Mittwoch zumindest bis zur nächsten Gesprächsrunde in der kommenden Woche keine weiteren Aktionen der Gewerkschaft Verdi fürchten. Verdi-Verhandlungsführerin Christine Behle sagte am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin" auf eine entsprechende Frage: "Das kann ich ausschließen." Verdi und die Lufthansa wollen wieder am 3. und 4. August über Gehälter und Arbeitsbedingungen der rund 20 000 Bodenbeschäftigten sprechen. Behle verteidigte zudem die Länge des Warnstreiks von mehr als 24 Stunden: Man versuche, alle Beschäftigten einzubeziehen.

Mit dem Ausstand legt Verdi den Flugbetrieb der Lufthansa weitgehend lahm. Er begann am Mittwochmorgen und soll am Donnerstagmorgen enden. Die Fluggesellschaft hat vorsorglich mehr als 1000 Flüge an den Drehkreuzen Frankfurt und München gestrichen und fürchtet Auswirkungen bis zum Freitag. 134 000 Passagiere mussten in der Hochsaison ihre Reisepläne ändern oder ganz absagen.

AUA rechnet morgen wieder mit regulärem Betrieb

Der Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals im Streit um höhere Löhne hat am Mittwoch den Betrieb der Airline in Frankfurt und München lahm gelegt. Auch 19 Flüge der Lufthansa-Tochter Austrian Airlines (AUA) sind betroffen. Für morgen rechnet die Airline aber wieder mit einem regulären Betrieb, teilte eine Sprecherin der APA am Mittwoch mit. Die deutsche Gewerkschaft Verdi hatte zuvor angekündigt, bis zur nächsten Tarif-Gesprächsrunde keine weiteren Streiks zu planen.

Am Mittwoch sind in Wien 18 AUA-Verbindungen von zwischen Wien und Frankfurt sowie München gestrichen worden. Am Donnerstag entfällt noch ein weiterer Flug, da der Streik in Deutschland bis morgen, 6.00 Uhr Früh, dauern wird. Danach dürfte aber wieder Ruhe einkehren - zumindest bis zur nächsten Gesprächsrunde zwischen Lufthansa und Gewerkschaft plant Verdi laut eigenen Angaben keine weiteren Streiks. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 3. und 4. August anberaumt.

Für Chaos am Flughafen in Schwechat sorgten die Ausfälle heute nicht, sagte die Sprecherin. Man habe die meisten Passagiere rechtzeitig erreicht und so ratlose Menschenmassen vor Check-in-Schaltern verhindern können. Von den Ausfällen sind nach Angaben der AUA rund 2.100 Passagiere der österreichischen Lufthansa-Tochter betroffen.

Auf XETRA zeigt sich die Lufthansa-Aktie am Mittwoch trotz des Streiks zeitweise um 2,76 Prozent höher bei 6,03 Euro.

/ceb/DP/mis

FRANKFURT (dpa-AFX) / APA

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