Starke Nachfrage |
26.04.2020 21:17:00
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Krisen-Profiteur Zoom im Fokus: Was ist an den Datenschutzbedenken dran?
• Sicherheits- und Datenschutzbedenken belasten
• Security Experten schlagen Alarm
65 US-Dollar kostete eine Zoom-Aktie zum Börsenstart im April 2019 - damit lag der erste Kurs um 80 Prozent über dem Ausgabepreis. Nach einer kurzen Schwächephase im Herbst vergangenen Jahres ging es für den Anteilsschein des Techkonzerns weiter kräftig nach oben: Aktuell werden Zoom-Titel bei knapp unter 170 US-Dollar gehandelt.
Dabei profitierte der Aktienkurs von einer deutlich gestiegenen Nachfrage im Bereich Videokonferenzen. Die Corona-Pandemie hat zahlreiche Arbeitnehmer ins Homeoffice verbannt. Um dabei den Kontakt zu Kunden und Kollegen zu halten, sind Videodienste ein gern genutztes Mittel.
Zoom mit deutlich gestiegener Nachfrage
"Wir sehen definitiv einen Aufwärtstrend bei der Nutzung", hatte Zoom-Finanzchefin Kelly Steckelberg die verstärkte Nachfrage nach Zoom-Diensten zuletzt kommentiert. Das Unternehmen hatte sogar seine Kapazitäten kurzfristig erhöht und damit Profitablitätseinbußen in Kauf genommen, um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden.
Zoom-Chef Eric S. Yuan betonte in einem Blog-Eintrag angesichts der aktuellen Situation am Markt, dass man vorerst auf die Entwicklung neuer Funktionen verzichten und stattdessen die Beseitigung von Problemen und Bugs in der Software vorrangig behandeln wolle. Zugleich ermöglichte Yuan erstmals in der Konzerngeschichte einen Einblick in die Entwicklung der Nutzerzahlen: Nach rund zehn Millionen Usern im Dezember sei die Zahl der Menschen, die Zoom nutzen, bis März auf bis zu 200 Millionen angestiegen.
Sicherheitsbedenken mehren sich
Durch die verstärkte Nutzung der Zoom-Software nahmen Datenschützer die Zoom-Dienste genauer unter die Lupe und meldeten in jüngster Zeit verstärkt Sicherheitsbedenken an. Die Rede war von Sicherheitslücken, "unvorhergesehene Probleme mit unserer Plattform", nannte Yuan Vorkommnisse, bei denen sich Fremde in Videokonferenzen einwählen konnten, was insbesondere in den USA für Verunsicherung gesorgt hat, weil dort Schulstunden und Gottesdienste durch Fremdeinwahlen gestört wurden.
Der Videodienst räumte mögliche Fehlerquellen ein und stellte klar, man könne nicht 100-prozentig garantieren, dass die Daten aller Teilnehmer mit Komplett-Verschlüsselung übertragen werden. Nur User, die im Rahmen der Zoom-Software miteinander kommunizieren, könnten sich auf Komplett-Verschlüsselung verlassen, die Einwahl per Telefonanruf stelle dies aber nicht sicher, stellte Zoom infolge der ersten Vorwürfe klar.
Security-Spezialisten nehmen Zoom in punkto Sicherheit unter die Lupe
Die Sicherheitsexperten von Appvisory haben sich Zoom inzwischen näher angeschaut und konnten Sicherheitsbedenken nicht entkräften. Im Test verschiedener Videokonferenz- und Kollaborationstools landete Zoom beim CVSS (Common Vulnerability Scoring System) auf dem zweitschlechtesten Platz hinter Cisco WebEx Meetings. Mit einem Risikolevel von 7,5 von möglichen 10 Punkten, was "sehr gefährlich" entspricht, schnitt Zoom schlechter ab als etwa Google Hangouts oder Microsoft Teams.
Insbesondere für den Einsatz in Unternehmen sei die Verschlüsselung trotz jüngster Nachbesserungen von Unternehmensseite weiter unzulässig, so das Fazit von Appvisory. Inzwischen könnten verschlüsselte Verbindungen zwar nicht mehr mitgelesen werden, zu bemängeln hatten die Sicherheitsexperten aber die Datensicherung auf externen Speichern, die Zugriff für andere Apps ermöglichen. Für Zoom sei vor diesem Hintergrund der zusätzliche Einsatz einer MTD (Mobile Threat Defense) -Lösung empfehlenswert, hieß es weiter.
Namhafte Kunden ziehen die Reißleine
Diese Bedenken haben inzwischen namhafte Zoom-Kunden veranlasst, die Nutzung des Dienstes einzustellen. So hat der Internetriese Google seinen Angestellten die Nutzung des Videokonferenzdienstes untersagt. Auch Tesla-Chef Elon Musk verbannte die App von Rechnern seiner Angestellten. Und auch hierzulande werden Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes angehalten, Zoom nicht auf ihren Dienstgeräten zu installieren. Es gebe eine entsprechende interne Anweisung, Hintergrund seien Sicherheitsbedenken, hieß es aus Regierungskreisen.
Für Zoom sind derartige Nachrichten katastrophal, denn das Unternehmen verdient Geld mit Enterprise-Lösungen, in der Grundversion - etwa für private Nutzer - ist die Konferenz-Software kostenlos. Ob sich die aktuell starke Nachfrage in zahlenden Kunden niederschlagen wird, hatte Zoom-Finanzchefin Steckelberg zuletzt ohnehin angezweifelt: Es sei "viel zu früh zu sagen, ob wir dadurch langfristig mehr zahlende Kunden bekommen werden", so die Managerin in einer Telefonkonferenz.
Zoom-Chef Yuan war unterdessen zuversichtlicher und zeigte sich überzeugt, dass Unternehmen auch nach dem Ende der Coronavirus-Ängste stärker als zuvor Videokonferenzen nutzen werden. Durch die aktuelle Situation hätten viele erkannt, wie nützlich sie seien: "Das wird die Landschaft dramatisch verändern."
Wenn große Unternehmen wie Google oder SpaceX die Software wegen Sicherheitsbedenken meiden, hat dies eine Signalwirkung, die in der Führungsebene von Zoom alles andere als erwünscht sein dürfte. Denn Zoom ist längst nicht der einzige Anbieter am Markt, Microsoft hat eigene Lösungen an den Start gebracht, auch Google ist mit seinen Hangouts in diesem Segment aktiv. Zudem tummeln sich Wettbewerber wie Skype for Business und Slack auf dem Markt, die ähnliche Funktionen anbieten.
Bekommt Zoom seine Sicherheitsprobleme nicht in den Griff und schafft es das Unternehmen nicht, die starke aktuelle Nachfrage in zahlende Kundschaft zu übertragen, könnte auch der Aktienkurs über kurz oder lang Schaden nehmen.
Redaktion finanzen.at
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