30.09.2016 15:05:45

INTERVIEW/VW-Chefentwickler: E-Auto-Plattform ist komplett neuer Baukasten

   Von Hendrik Varnholt

   PARIS (Dow Jones)--Volkswagen investiert in einen Baukasten für künftige Elektroautos ähnlich viel wie in den sogenannten Modularen Querbaukasten (MQB), mit dem der Konzern seit Jahren die Produktion von Verbrenner-Fahrzeugen vereinheitlicht. Der Autohersteller entwickele für Elektroautos "einen komplett neuen Baukasten", sagte der Entwicklungsvorstand der Marke VW, Frank Welsch, im Interview mit Dow Jones Newswires auf dem Pariser Autosalon. Der Aufwand dafür sei "sehr hoch" und "nur wenig geringer" als der für die Entwicklung des MQB. In den MQB hat Volkswagen mehrere Milliarden Euro investiert.

   Der Modulare Elektrifizierungsbaukasten (MEB) sei denn auch erst im Jahr 2020 einsatzbereit, sagte Welsch. Als erstes Modell könnte auf der Plattform ein Wagen nach dem Vorbild einer "I.D." genannten Studie basieren, die Volkswagen in diesen Tagen in Paris vorstellt. Das Auto soll mit einer Batterieladung rund 600 Kilometer weit fahren können. Vor dem Jahr 2020 ist Volkswagen nach den Worten von Welsch nicht in der Lage, ähnlich hohe Reichweiten von Elektroautos zu erzielen. Bei Fahrzeugen auf Basis der etablierten Plattform MQB sei die erzielbare Reichweite begrenzt. "Wir könnten einen Wert von rund 400 Kilometern erreichen", sagte Welsch. "Dafür haben wir schon Konzepte."

   Volkswagen dürfte es damit in den nächsten Jahren schwerfallen, mit dem Konkurrenten General Motors (GM) mitzuhalten: Die GM-Tochter Opel stellt auf dem Pariser Autosalon ein Ampera-e genanntes Elektroauto vor, das nach vorläufigen Angaben pro Batterieladung schon heute mehr als 500 Kilometer weit fahren soll. Volkswagen bietet derzeit einen Golf mit Elektromotor an, der nach einem Facelift rund 300 Kilometer elektrische Reichweite erzielen soll. Die Werte von Opel und Volkswagen basieren auf Tests nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) und fallen deshalb im Praxisbetrieb wesentlich geringer aus.

Welsch: "Zwischenlösungen wären der falsche Weg" Trotz der Grenzen der bestehenden Plattform sagte VW-Entwicklungsvorstand Welsch im Interview: "Es wäre der falsche Weg, das Geld in Zwischenlösungen zu stecken." Er sei "überzeugt, dass es nachhaltig richtig ist, in einen neuen Baukasten für Elektrofahrzeuge zu investieren". Volkswagen brauche die künftige Plattform, "um die Chancen der Elektrifizierung richtig zu nutzen - etwa den Raum, der durch die Verschiebung von E-Motor und Antriebsstrang frei wird." Elektroautos benötigen etwa keinen Mitteltunnel. Volkswagens Studie "I.D." verfügt stattdessen über eine flexible Konsole.

   Welsch schloss gleichwohl nicht aus, dass VW vor dem Jahr 2020 ein weiteres Elektroauto auf Basis der bestehenden MQB-Plattform auf den Markt bringt. "Theoretisch möglich wären etwa ein Elektro-Touran oder ein Elektro-Passat", sagte er. Darüber gebe es aber "bislang keine belastbare Entscheidung". Der e-Golf jedenfalls verkaufe sich immer besser. Angesichts der Reichweitenerhöhung durch das Facelift steige die Nachfrage. "Wir sind aktuell dabei, die Produktionskapazität des e-Golfs zu verdoppeln", sagte Welsch.

   Die Entwickler des künftigen Elektrifizierungsbaukastens brauchen nach den Worten des VW-Chefkonstrukteurs unter anderem deshalb noch Zeit, weil die Plattform auch anderen Marken des Konzerns zur Verfügung stehen soll. Die Ingenieure müssten sich vor dem Hintergrund "intensiv abstimmen", sagte Welsch. Die Plattform soll so dazu beitragen, die Preise von Elektroautos zu senken. Volkswagens Ziel sei es, "ein Elektroauto wie den I.D. im Jahr 2020 zum Preis eines Golf Diesel mit vergleichbarer Ausstattung und Motorleistung anzubieten".

Volkswagen erarbeitet sich Batteriezellen-Knowhow Als entscheidend, um Kunden von Elektroautos zu überzeugen, gelten außer dem Preis die Fähigkeiten der eingebauten Batterie. Bei den Batteriezellen ist Volkswagen bislang aber von Zulieferern abhängig. "Wir sind permanent dabei, Knowhow aufzubauen, um uns nicht in Abhängigkeiten von Dritten zu begeben", sagte Welsch dazu. VW füge die Batteriezellen deshalb schon heute selbst zu Batteriesystemen zusammen. Für die Zukunft schloss Welsch nicht aus, auch die Zellen selbst zu produzieren. "Wir werden uns auch Knowhow in Sachen Zellchemie erarbeiten", kündigte er im Gespräch mit Dow Jones Newswires an. Heute könne allerdings "noch keiner sagen, ob daraus einmal mehr wird als eine Pilotfertigung".

   Welsch schloss dagegen aus, dass Volkswagen Elektroautos künftig unter einer neuen Marke anbietet. Das wäre "keine gute Idee", sagte er. "Dann würden die bestehenden Marken aussterben." Die Kunden hätten eine Verbindung zu den Marken des Volkswagen-Konzerns und brächten ihnen Vertrauen entgegen. "Es wäre falsch, das einfach wegzugeben", sagte Welsch.

   Kontakt zum Autor: hendrik.varnholt@wsj.com

   DJG/hev/kla

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   September 30, 2016 08:35 ET (12:35 GMT)

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