Technischer Defekt? |
16.06.2022 16:11:00
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GAZPROM-Aktie wenig bewegt: GAZPROM liefert erneut weniger Gas - Übernahme von GAZPROM Germania risikobehaftet
Die Gasflüsse aus der Nord Stream 1 seien gestern ab 23 Uhr auf rund 40 Prozent der Maximalleistung gedrosselt worden, heißt es im Lagebericht zur Gasversorgung der Bundesnetzagentur vom Donnerstag (Stand 10 Uhr). Dennoch: "Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil." Die Behörde beobachte die Lage sehr genau und stehe in ständigem Kontakt zu den Unternehmen der Gaswirtschaft. Die Drosselung der Gasmenge fällt zusammen mit dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Kiew. Er traf am Donnerstagmorgen gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi in Kiew ein.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nannte die Situation ernst. Seinem Ministerium zufolge ist die sichere Versorgung mit Gas aber weiter gewährleistet. "Aktuell können die Mengen am Markt beschafft werden, wenn auch zu hohen Preisen", teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Das Ministerium beobachte die Dinge sehr genau.
Entgegen der Darstellung GAZPROMs, der Grund für die Drosselung seien Verzögerungen bei Reparaturarbeiten, vermutet Habeck dahinter eine politische Entscheidung. Auch von der Bundesnetzagentur heißt es: "Einen kausalen Zusammenhang zwischen dem auf russischer Seite fehlenden Gaskompressor und der großen Lieferreduzierung können wir im Moment nicht bestätigen."
Kremlsprecher Dmitri Peskow wies das zurück. Die Probleme hingen vielmehr mit den vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen zusammen, meinte er. "Uns ist nur bekannt, dass es dort wirklich Probleme mit den Turbinen und mit der Reparatur gab, einige Turbinen kommen nicht zurück, sie werden irgendwo zurückgehalten."
Der russische Energieriese GAZPROM hatte am Mittwoch angekündigt, die Gasliefermengen durch Nord Stream 1 nach Deutschland erneut zu reduzieren. Von der Nacht zum Donnerstag an sollten täglich nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die Leitung gepumpt werden. Erneut begründete der Staatskonzern den Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten.
Bereits am Dienstag hatte GAZPROM die Reduktion des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen um rund 40 Prozent auf 100 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag verkündet und auf Verzögerungen bei der Reparatur von Gasverdichtern verwiesen. Der Energietechnikkonzern Siemens Energy hatte daraufhin mitgeteilt, dass eine in Kanada überholte Gasturbine aufgrund der Russland-Sanktionen derzeit nicht aus Montréal zurückgeliefert werden könne. Die neuerliche Reduktion auf 67 Millionen Kubikmeter bedeutet eine Drosselung um rund 60 Prozent innerhalb von zwei Tagen. Russland hatte immer wieder für die Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2 geworben.
Die Drosselung ist aus Sicht des Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, ein Warnsignal. "Russland schürt damit leider Verunsicherung und treibt die Gaspreise hoch", sagte er der "Rheinischen Post" (Donnerstag). Wenn GAZPROM über Wochen nur 40 Prozent durch Nord Stream 1 liefere, bekomme Deutschland ein Problem, sagte Müller: "Das würde unsere Situation erheblich verschlechtern."
Angesichts des Rückgangs rief Wirtschaftsminister Habeck erneut zum Energiesparen auf. In einem am Mittwochabend über Twitter verbreiteten Video appellierte er: "Es ist jetzt der Zeitpunkt, das zu tun. Jede Kilowattstunde hilft in dieser Situation." Die Bundesnetzagentur "unterstützt ausdrücklich die Aufforderung, so viel Gas wie möglich einzusparen", heißt es im Lagebericht.
So sprach sich etwa Bundesnetzagentur-Präsident Müller für eine Absenkung der Mindesttemperatur in Wohnungen aus. "Im Mietrecht gibt es Vorgaben, wonach der Vermieter die Heizungsanlage während der Heizperiode so einstellen muss, dass eine Mindesttemperatur zwischen 20 und 22 Grad Celsius erreicht wird. Der Staat könnte die Heiz-Vorgaben für Vermieter zeitweise senken. Darüber diskutieren wir mit der Politik", sagte er der "Rheinischen Post" (Donnerstag). Der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, lehnte den Vorschlag ab. "Ich halte den Vorschlag, die Heiz-Vorgaben zeitlich befristet zu senken, für zu undifferenziert", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) forderte bei einem Gasmangel eine Absenkung der Mindesttemperatur in den Wohnungen um bis zu sechs Grad Celsius: "Sollten die Gaslieferungen nach Deutschland künftig weiter deutlich eingeschränkt werden und es zu einer Mangelsituation kommen, sollte der Rechtsrahmen so angepasst werden, dass weitere Absenkungen der Mindesttemperatur auf eine maximale Untergrenze von 18 Grad tagsüber und 16 Grad nachts möglich werden", sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Derzeit muss im Winter eine Mindesttemperatur von 20 bis 22 Grad Celsius gewährleistet werden.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine Ende Februar gilt die Versorgung Europas mit Gas aus Russland als gefährdet. Deutschland und andere europäische Staaten versuchen seitdem, ihre Abhängigkeit von russischen Gas zu verringern, indem sie mehr Gas aus anderen Staaten beziehen. Polen, Bulgarien, Finnland, die Niederlande und Dänemark erhalten bereits kein Gas mehr aus Russland. Sie hatten sich geweigert, auf ein von Kremlchef Wladimir Putin Ende März angeordnetes neues Zahlungssystem umzusteigen.
Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas. Zuvor war schon die Leitung Jamal-Europa, die durch Polen führt, nicht mehr befüllt worden. Den Transit über die Ukraine hatte GAZPROM bereits Mitte Mai gedrosselt.
Trotz der verringerten Menge kann der Bundesnetzagentur zufolge "im Moment im Saldo leicht rückläufig weiterhin Gas eingespeichert werden." Der größte deutsche Speicher Rehden speichere aktuell mit maximaler Leistung ein. Die aktuellen Füllstände der Speicher in Deutschland liegen bei 55,95 Prozent. Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas.
Russischer Botschafter: Nord Stream könnte komplett ausfallen
Nach der Reduzierung von russischen Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 ist wohl auch ein komplettes Runterfahren der wichtigsten Versorgungsleitung für Deutschland nicht ausgeschlossen. Russlands EU-Botschafter meinte am Donnerstag beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg, wegen der Probleme bei der Reparatur von Turbinen in Kanada könne die Leitung komplett stillgelegt werden. "Ich denke, das wäre eine Katastrophe für Deutschland", sagte er nach Angaben der russischen Zeitung "Kommersant".Deutschland solle darüber nachdenken, die Turbinen lieber auf seinem eigenen Gebiet zu reparieren, damit sie nicht nach Kanada gebracht werden müssten, meinte der Diplomat. Der russische Energiekonzern GAZPROM hatte wie angekündigt in der Nacht zum Donnerstag seine Gaslieferungen nach Deutschland durch Nord Stream weiter reduziert. Der Gasriese begründete den Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nannte die Situation ernst, sie gefährde die Versorgungssicherheit in Deutschland aber nicht. Entgegen der Darstellung Gazproms, der Grund für die Drosselung seien Verzögerungen bei Reparaturarbeiten, vermutet Habeck dahinter eine politische Entscheidung.
Kremlsprecher Dmitri Peskow wies das zurück. Die Probleme hingen vielmehr mit den vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen zusammen, meinte er. "Uns ist nur bekannt, dass es dort wirklich Probleme mit den Turbinen und mit der Reparatur gab, einige Turbinen kommen nicht zurück, sie werden irgendwo zurückgehalten." Es handele sich nicht um Absicht von russischer Seite: "Das ist ein Problem, das gar nichts mit uns zu tun hat." Auch der Energietechnikkonzern Siemens Energy hatte mitgeteilt, dass eine in Kanada überholte Gasturbine aufgrund der Russland-Sanktionen derzeit nicht aus Montréal zurückgeliefert werden könne.
Bereits am Dienstag hatte Gazprom die Reduktion des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen um rund 40 Prozent auf 100 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag verkündet und auf Verzögerungen bei der Reparatur von Gasverdichtern verwiesen. Die neuerliche Reduktion in der Nacht zum Donnerstag auf nun noch 67 Millionen Kubikmeter bedeutet eine Drosselung um rund 60 Prozent innerhalb von zwei Tagen. Russland hatte immer wieder für die Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2 geworben.
Tschechischer Versorger CEZ meldet GAZPROM-Lieferkürzungen
Der tschechische Energieversorger CEZ ist von einer teilweisen Drosselung der Erdgaslieferungen aus Russland betroffen. Der GAZPROM-Konzern habe CEZ über eine Kürzung der Lieferungen informiert, teilte Unternehmenssprecher Ladislav Kriz am Donnerstag in Prag auf Anfrage mit. Es handele sich nur um einen kleineren Teil des Bedarfs, der nun durch Erdgas aus anderen Quellen gedeckt werde.Wie groß der aktuelle Rückgang der GAZPROM-Liefermenge sei, könne nicht genau beziffert werden, sagte der Sprecher. Tschechien war nach Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat-Zahlen im vergangenen Jahr komplett von russischem Erdgas abhängig. Pipelines verbinden das Land mit Deutschland, Polen und der Slowakei. Der CEZ-Konzern befindet sich zu mehr als zwei Dritteln in staatlichem Besitz.
Brand auf russischem Gasfeld - Unternehmen gibt Entwarnung
Auf einem Gasfeld im Westen Sibiriens ist in der Nacht zum Donnerstag ein Feuer ausgebrochen - das hat Angaben des Betreibers zufolge aber keine Auswirkungen auf die Gasförderung. Auf dem riesigen Gasfeld Urengoi habe es zwischenzeitlich zwischen zwei Gasaufbereitungseinheiten gebrannt, teilte GAZPROM Dobytscha Urengoi - ein Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns GAZPROM - laut Agentur Interfax mit. Die Ursache werde ermittelt.Mittlerweile sei das Feuer wieder gelöscht, verletzt worden sei niemand. "Der Vorfall hat die Erfüllung der Gasförderziele nicht beeinträchtigt", hieß es. In sozialen Netzwerken teilten Menschen ein Video, auf dem ein großer Feuerball zu sehen ist.
Unabhängig davon hatte GAZPROM in der Nacht zum Donnerstag seine Gaslieferungen nach Deutschland durch die Ostseepipeline Nord Stream weiter reduziert. Täglich sollen nun nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die Leitung gepumpt werden. Erneut begründete der russische Energieriese den Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hingegen vermutet dahinter eine politische Entscheidung.
GAZPROM-Chef Miller: Keine Lösung für Nord Stream 1 in Sicht
Mit Blick auf die reduzierten Gas-Lieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 ist nach Aussagen von GAZPROM-Chef Alexej Miller keine Lösung in Sicht. "Die Turbine liegt in der Fabrik, Siemens kann sie nicht abholen, und nicht alle anderen Turbinen passen", sagte Miller am Donnerstag beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Der Chef des russischen Staatskonzerns betonte aber, dass die infolge von Russlands Krieg gegen die Ukraine stillgelegte Pipeline Nord Stream 2 theoretisch einsatzbereit sei.
GAZPROM hatte die tägliche Höchstmenge von Gaslieferungen nach Deutschland zuletzt um rund 60 Prozent gedrosselt und den Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten durch den Energietechnikkonzern Siemens Energy begründet. Moskau stellt die Probleme auch als Folge westlicher Sanktionen gegen Russland dar. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hingegen vermutet eine politische Entscheidung.
Miller bezeichnete die zuletzt stark gestiegenen Gas- und Öl-Preise unterdessen als eine Chance für Russland. "Das Weltfinanzsystem hat die Kontrolle über die Warenströme verloren und ist selbst zum Generator eines mächtigen Inflationsimpulses geworden", sagte er. "Der Schwerpunkt in den Waren-Geld-Beziehungen hat sich auf die Seite der Waren verlagert", meinte er. "Und unsere Waren - unsere Regeln." Dann fügte er hinzu: "Die Kontur der neuen Wirtschaftsstruktur wird von der Russischen Föderation bestimmt werden."
Deutsche Übernahme von GAZPROM Germania nicht ohne Risiken
Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die Bundesregierung versprochen, das Land von russischen Erdgaslieferungen unabhängig zu machen. In dieser Woche erklärte sie, sie werde der deutschen Tochtergesellschaft des russischen Gasriesen GAZPROM PJSC Milliarden von Euro leihen, um deren Zusammenbruch zu verhindern. Das ist nur scheinbar ein Widerspruch - und es steht dabei für Deutschland viel auf dem Spiel.Die am Dienstag angekündigte Rettungsaktion in Höhe von rund 10 Milliarden Euro kommt nur wenige Wochen, nachdem Berlin die Kontrolle über das deutsche Geschäft von GAZPROM übernommen hatte. Der Vorgang zeigt, wie schwierig es für Deutschland ist, sich einerseits langsam von russischen Gaslieferungen zu lösen, sie aber andererseits kurzfristig abzusichern, um die gashungrige Wirtschaft zu versorgen.
Es zeigt auch, wie das Russland Wladimir Putins jahrelang Energie nutzte, um sich in das Gefüge der Weltwirtschaft einzubinden. Das Schicksal der GAZPROM Germania GmbH, wie die Tochtergesellschaft genannt wird, könnte Auswirkungen weit über Deutschland hinaus haben. Trotz seines Namens verfügt das Unternehmen über ein globales Netzwerk mit Niederlassungen bis nach Texas, Mexiko und Singapur.
Die britische Tochtergesellschaft war einer der größten Gasversorger von Unternehmen und Institutionen auf der Insel, mit 30.000 Kunden, zu denen der Nationale Gesundheitsdienst, Geschäfte, Pubs und der englische Fußballverein Chelsea gehörten.
GAZPROM-Konzern gab GAZPROM Germania Ende März auf
Die Geschichte, wie Berlin zum widerwilligen Verwalter eines großen Teils des internationalen Geschäfts von GAZPROM wurde, begann am 31. März, als der russische Konzern bekannt gab, dass er seine deutsche Tochtergesellschaft aufgegeben habe. Diese Ankündigung ließ Regierungsvertreter in Berlin verwirrt und alarmiert zurück: Die Tochtergesellschaft lieferte einen Großteil des deutschen Gases und besaß wichtige Infrastrukturen im Land, wie Tausende von Kilometer an Pipelines und riesige Speicheranlagen.
Vor dem Krieg in der Ukraine kam mehr als die Hälfte der deutschen Gasimporte aus Russland. Deutsche Regierungsbeamte sagten, sie hätten später erfahren, dass die Kontrolle über die deutsche Konzern-Einheit an einen Moskauer Discjockey und Autoverkäufer übertragen worden sei. Sie glauben, dass das russische Unternehmen versucht haben könnte, die Verträge von GAZPROM mit seinen europäischen Kunden zu annullieren, um eine Neuverhandlung zu günstigeren Bedingungen und letztlich zu höheren Preisen zu erzwingen. Dieses drohende Szenario beeinflusst das Handeln der Regierung.
Bundesregierung stellte Gashändler unter Treuhänderschaft
Innerhalb weniger Stunden schalteten sich Bundeskanzler Olaf Scholz, wichtige Minister und Berater ein. Nachdem es nicht gelungen war, Führungskräfte von Energieunternehmen zur Übernahme des Unternehmens zu bewegen, aktivierten Scholz und seine Berater Plan B und stellten das Unternehmen unter die Treuhänderschaft der deutschen Energieaufsichtsbehörde. Dies war möglich, weil GAZPROM Deutschland nicht im Voraus über den Eigentümerwechsel informiert hatte, wie es das deutsche Recht verlangt.
Die Regierung muss nun das weitläufige Konsortium prüfen, alle versteckten Verbindlichkeiten aufdecken und entweder einige Teile verstaatlichen oder die Vermögenswerte aufteilen und versteigern, ohne den für die Wirtschaft lebenswichtigen Fluss von russischem Gas nach Deutschland zu unterbrechen. GAZPROM reagierte nicht auf eine Anfrage zur Stellungnahme.
Einzigartige Situation in der deutschen Wirtschaftsgeschichte
"Wir haben versucht, die äußerst komplexen Zusammenhänge bei den 49 Tochtergesellschaften zu verstehen, die Risiken zu bewerten und uns auf die Versorgungssicherheit Deutschlands und unserer europäischen Nachbarn zu konzentrieren", sagte Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur. "Es gibt einfach keinen Fahrplan, kein Vorbild für die Situation, in der wir uns jetzt befinden...Es ist eine einzigartige Situation in der deutschen Wirtschaftsgeschichte."
Dutzende von Beamten und externen Experten durchforsten jetzt die Konten der Unternehmen. Einer von ihnen ist der Kanzler-Berater Jörg Kukies, ein ehemaliger Banker von Goldman Sachs. Kukies, ein Experte für Derivate, riet Scholz davon ab, das Unternehmen zu verstaatlichen, da das Risiko bestehe, dass es Verbindlichkeiten habe, die groß genug seien, um den Staatshaushalt zu belasten.
Beamte stehen vor "intransparentem Konstrukt"
GAZPROM und die russischen Manager des Unternehmens in Deutschland hätten sich bisher geweigert, die Regierung bei ihrer Prüfung zu unterstützen, sagten mehrere Beamte. "Dies ist ein absichtlich intransparentes Konstrukt, und wir versuchen, mehr Transparenz zu erzwingen, aber sie tun alles, um das zu verhindern... Es ist keine freundschaftliche Zusammenarbeit", sagte einer von ihnen.
Ein hochrangiger Germania-Manager bestritt dies. Er sagte, er kooperiere mit den Behörden sowie mit der Boston Consulting Group und CMS Hasche Sigle, die von der Regierung mit der Verwaltung der russischen Holding und der Prüfung ihrer Bücher beauftragt wurden. Germania, die im Jahr 2020 einen Umsatz von 12,8 Milliarden Euro erwirtschaftete, besitzt die Wingas GmbH, einen der größten deutschen Erdgasverteiler mit großen Industriekunden.
Das Unternehmen besitzt zudem Gasspeicherinfrastruktur in ganz Deutschland, darunter Rehden, den größten Gasspeicher der EU, sowie Anlagen in anderen Ländern wie den Niederlanden, Österreich und der Tschechischen Republik. Diese sind die Hauptkandidaten für einen möglichen Verkauf. Der Erlös, den Berlin auf bis zu 3 Milliarden Euro schätzt, würde an GAZPROM fließen. Mehrere Unternehmen hätten ihr Interesse an Gesprächen mit der Regierung bekundet, sagte der Beamte, aber die Ausgliederung der gesunden Teile des Konglomerats sei rechtlich schwierig.
"Das Letzte, was wir wollen, ist eine Schadensersatzklage, die von einem deutschen Gericht genehmigt würde, und auf diese Weise die Geldsumme zu vergrößern, den wir Putin überweisen", sagte der Beamte.
Deutschland will langfristige Lieferverträge nicht gefährden
Germania hat eine Reihe von langfristigen Gaslieferverträgen mit GAZPROM. Die Beibehaltung dieser Verträge ist nach Angabe der Beamten von großer Bedeutung, da sie ältere, niedrige Gaspreise festschreiben. Die Neuverhandlung neuer Verträge würde höhere Preise bedeuten und die Infrastruktur für potenzielle Käufer unattraktiv machen. "Als wir die Gasspeicher kauften, wollte sie niemand haben, weil niemand sie voll halten konnte, und das ist nach wie vor der Fall", sagte der ehemalige Geschäftsführer von GAZPROM Germania.
Im Mai verhängte Russland Sanktionen gegen rund 30 Germania-Töchter - die meisten der an der Gasversorgung Deutschlands beteiligten Unternehmensteile wurden verschont -, was den Verkauf auch dieser Unternehmen erschweren könnte. Das Ziel der russischen Sanktionen, so sagen Beamte, bestand nicht darin, die Gaslieferungen zu stoppen, sondern das Gas für das Unternehmen teurer zu machen und Deutschland unter Druck zu setzen.
Bund sah sich in der Pflicht zur GAZPROM-Germania-Rettung
Deutsche Beamte erklärten, dies mache eine Rettungsaktion unvermeidlich, da das Unternehmen Schwierigkeiten habe, Finanzmittel von den Kapitalmärkten zu erhalten, die durch die Sanktionen zwischen Russland und dem Westen verunsichert seien. Außerdem war das Unternehmen gezwungen, immer teureres Gas auf dem Spotmarkt zu kaufen.
Germania wurde in den 1990er Jahren von ehemaligen DDR-Regierungsmitarbeitern gegründet und mit ehemaligen Stasi-Mitarbeitern besetzt, um Gasexporte nach Deutschland abzuwickeln. Später wurde Germania durch eine Reihe von Übernahmen und Konsolidierungen zu einem der wichtigsten internationalen Zweige von GAZPROM.
In den 2000er Jahren ging GAZPROM dazu über, das Gas nicht mehr nur im Großhandel zu liefern, sondern es direkt an Kunden zu verkaufen, es zu lagern und mit Derivaten zu handeln. Im Laufe der Zeit wurden diese Geschäftsbereiche unter dem Dach der GAZPROM Germania zusammengefasst, und die Leitung des Unternehmens berichtete direkt an die GAZPROM-Zentrale.
"Sie merkten, dass das wirkliche Geld nicht im Großhandel mit Gas verdient wird, sondern in den nachgelagerten Bereichen", sagt Sergey Vakulenko, ein unabhängiger Energieexperte und ehemaliger russischer Energiemanager. Ein wichtiger Bestandteil des Expansionsplans war die Londoner GAZPROM Marketing & Trading Ltd. Sie agiert als Rohstoffhändler, handelt aber auch mit Gaspreisderivaten. Im Jahr 2020 erwirtschaftete sie einen Umsatz von rund 2,6 Milliarden Pfund.
Das Derivategeschäft sei besonders riskant, sagte Adi Imsirovic, eine ehemalige Führungskraft bei GAZPROM Marketing & Trading. "Die Übernahme eines Handelsunternehmens ist riskant", fügte er hinzu. "Man weiß nie, was auf einen zukommt, bis man die Bücher geprüft hat."
Für GAZPROM-Aktien geht es in Moskau zeitweise um 0,25 Prozent aufwärts auf 317,00 Rubel.MOSKAU/BERLIN/URENGOI/PRAG (dpa-AFX /Dow Jones)
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