Personalie |
22.08.2022 17:53:00
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Fresenius-Aktie sehr fest: Wechsel an Konzernspitze - Sen übernimmt von Sturm
Sen ist seit April 2021 im Vorstand von Fresenius für die auf Flüssigmedizin und biopharmazeutisch hergestellte Nachahmermedikamente spezialisierte Tochter Fresenius Kabi verantwortlich. Zuvor war der studierte Betriebswirt Mitglied des Vorstands von Siemens. Zwischen 2015 und 2017 war er Finanzchef beim Energiekonzern E.ON. Schon sein Amtsantritt bei Fresenius sorgte für rege Spekulationen, so wurde Sen bereits damals als möglicher Nachfolger an der Konzernspitze gehandelt.
Fresenius-Aufsichtsratschef Wolfgang Kirsch lobte Sen als "exzellenten" und für den Leitungsjob bestens qualifizierten Manager, er sei "versiert in der Gestaltung und Umsetzung von Transformations- und Veränderungsprozessen". Kirsch und der gesamte Aufsichtsrat seien fest davon überzeugt, dass der Vorstand unter Sens Führung dem Fresenius-Konzern "frische Impulse für unsere Wachstumsstrategie" geben werde.
Der Personalwechsel kommt nicht ganz überraschend: Der scheidende Konzernchef Sturm hatte nach mehrmaligen Gewinnwarnungen in den vergangenen Jahren erst kürzlich auch die Ziele für das laufende Jahr zurechtstutzen müssen. Dies brachte wohl endgültig auch für den Aufsichtsrat das Fass zum Überlaufen, der Sturm trotz anhaltender Probleme die Treue gehalten hatte. Der Manager verlasse das Unternehmen "im guten Einvernehmen", hieß es weiter.
Fresenius machen nach zwei ohnehin schwierigen Pandemiejahren aktuell die stockenden Lieferketten und die steigenden Kosten zu schaffen. Zudem litt die Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) (Fresenius Medical Care) unter der hohen Übersterblichkeit von Blutwäsche-Patienten mit Corona, zuletzt kam noch Personalmangel hinzu. Im Frühjahr 2021 läuteten Fresenius und FMC milliardenschwere Umbauprogramme ein, die in den kommenden Jahren zu Ergebnisverbesserungen führen sollen. FMC kündigte dabei einen Abbau von 5000 Stellen an.
Auch an der Börse stehen beide im Dax (DAX 40) notierten Unternehmen seit längerem massiv unter Druck. So hat die Fresenius-Aktie seit Mitte 2017 rund zwei Drittel an Wert verloren, das FMC-Papier büßte in derselben Zeit mehr als die Hälfte seines Wertes ein. Doch auch der eingeläutete Sparkurs reichte den Investoren zuletzt nicht. Und neben den Sorgen um die Ergebnisse stieß den Anlegern wohl auch die nicht immer glückliche Kommunikation der Konzernführung auf.
In den kommenden Monaten dürften die Investoren nun die weiteren Schritte von Sen und seine Strategie genau verfolgen. Die Erwartungen auch im Konzern selbst dürften hoch sein, ob es dem Manager gelingt, Fresenius wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen.
Bereits unter Sturm hatte der Fresenius-Konzern die Suche nach möglichen Investoren für eine Minderheitsbeteiligung an der Kliniktochter Helios eingeläutet. Ein Börsengang von Helios wurde zuletzt nicht ausgeschlossen. Ähnliches gilt auch für die Servicegesellschaft Vamed. Dagegen sollte Kabi durch Übernahmen weiter gestärkt werden, erste Zukäufe wurden bereits verkündet. In den Fokus könnte mit dem Personalwechsel auch wieder die Fresenius-Beteiligung an FMC von rund einem Drittel rücken, deren Verkauf Sturm mehrfach eine Absage erteilt hatte.
Nun aber steht mit dem früheren Siemens- und Eon-Manager Sen bald ein Mann mit ausgewiesener Erfahrung im Abspalten von Unternehmensteilen an der Fresenius-Spitze: Bei Eon organisierte er als Finanzchef die Ausgliederung des Strom- und Gasgeschäfts in das - inzwischen wegen der Gaskrise schwer angeschlagene - Energiekonzern Uniper. Bei Siemens war er für das Gesundheitsgeschäft und später für den Energiebereich zuständig, die der Münchener Konzern als Siemens Healthineers und Siemens Energy an die Börse brachte.
Im Vorstand wird Sen künftig begleitet von einer ebenfalls neuen Finanzchefin: Die Bestellung von Sara Hennicken zum kommenden Monat hatte der Konzern bereits verkündet. Ebenfalls seit einigen Monaten bekannt ist die neue Chefin von FMC, Carla Kriwet. Die künftige zweite Frau an der Spitze eines Dax-Unternehmens startet am 1. Oktober in den neuen Job.
Sturm gehörte dem Vorstand von Fresenius seit Januar 2005 an, zunächst als Finanzchef. Zum 1. Juli 2016 wurde er zum Vorstandsvorsitzenden berufen.
Bereits vor der Pandemie stand seine Amtszeit als Konzernchef jedoch unter keinem guten Stern: So floppte die zunächst als großer Erfolg gefeierte milliardenschwere Übernahme des US-Generikaherstellers Akorn. Fresenius blies den Kauf im Frühjahr 2018 wegen Problemen bei den Amerikanern ab. Es folgte ein unschöner Gerichtsstreit, den Fresenius aber für sich entschied.
Sturms Ruf als "Dealmaker", den er sich in den Jahren zuvor als Finanzvorstand neben dem früheren Fresenius-Chef und jetzigem Nestle (Nestlé)-Lenker Ulf Mark Schneider erworben hatte, war damit angekratzt. Ein erfolgreicher Schritt war indes die Übernahme der spanischen Klinikgesellschaft Quironsalud für 5,8 Milliarden Euro 2017 - die bisher größte für den Fresenius-Konzern.
Kurssprung bei Fresenius - Anleger feiern Führungswechsel
Ungeachtet der allgemein stark eingetrübten Börsenstimmung ist die seit Monaten schwer gebeutelte Aktie von Fresenius am Montag in die Höhe geschossen. Dass Vorstandschef (CEO) Stephan Sturm den Gesundheitskonzern verlässt, wurde am Markt mit umfangreichen Käufen der Aktie belohnt, die sich seit rund einem Jahr überwiegend auf Talfahrt befunden hatte.
Am Vormittag stiegen die Papiere via XETRA zeitweise auf 26,36 Euro und damit auf den höchsten Stand sei Ende Juli. Bis zum Handelsende ging es um 3,57 Prozent auf 25,50 Euro nach oben. Erst Anfang August hatten sie bei 23,40 Euro den tiefsten Stand seit etwas mehr als zehn Jahren erreicht. Die Aktien der Dialyse-Tochter Fresenius Medical Care (FMC) reagieren ebenfalls leicht positiv und notierten im schwachen DAX letztlich 0,08 Prozent höher bei 36,18 Euro.
Am Freitag nach Börsenschluss war der zum 1. Oktober anstehende Chefwechsel bekannt gegeben worden. Nach turbulenten Zeiten soll der bisherige Manager der Medizintocher Kabi, Michael Sen, den Konzern aus der Dauerkrise führen.
Endlich habe die "Pulverisierung von zwei Dritteln des Börsenwertes bei Fresenius Konsequenzen", hieß es im Bernecker-Börsenbrief. "Aufsichtsrat und Stiftung ziehen die Reißleine", ergänzten die Experten und verwiesen auf die zahlreichen Gewinnwarnungen der vergangenen Jahre. Mit dem Chefwechsel nehme "das Comeback" des Unternehmens demnächst Konturen an, erwarten sie.
Berenberg-Analyst Tom Jones sprach angesichts des anstehenden Chefwechsels von einem zwar nicht überraschenden Schritt, aber womöglich einem etwas früher als erwarteten. Das Stühlerücken bei Fresenius und den Töchtern Kabi und FMC gehe damit weiter, hob er angesichts diverser weiterer Wechsel in den vergangenen 18 Monaten hervor.
Die aktuelle Veränderung im Management von Fresenius sei "wahrscheinlich nötig", schrieb Jones weiter. "Ob zu Recht oder Unrecht, wir denken, dass er von den Investoren begrüßt werden wird." Zugleich verwies der Berenberg-Experte auf die früheren Erfolge von Sturm. "Herr Sturm begann seine Zeit bei der Fresenius im Jahr 2005 als CFO (Finanzchef), und von da an bis 2016 galten er und der damalige Vorstandsvorsitzende Dr. (Ulf) Schneider allgemein als eines der besten Führungsduos in der europäischen Medizintechnik. Sie waren sicherlich auch eines der beständigsten." Als Schneider 2016 zu Nestlé ging, sei die Ernennung von Sturm zu CEO daher positiv aufgenommen worden.
Jones erinnerte auch daran, dass die Debatte über Sturm nach dem "unglücklichen Versuch" begann, 2017 den US-Generikahersteller Akorn zu übernehmen. Das anfangs als strategisch sinnvoll gefeierte Übernahmevorhaben sei dann aber "dank eines wasserdichten Fusionsvertrags" nach Betrugsvorwürfen gegen Akorn von Fresenius abgeblasen worden. Weitere operative Herausforderungen seien 2018 gefolgt, und dann sei auch noch die Corona-Pandemie gekommen, die Fresenius aber "recht gut gemeistert habe".
Laut Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect lässt "der Führungswechsel bei Fresenius die Investoren hoffen, dass es nun endlich zu dem erhofften Strategiewechsel bei dem Gesundheitskonzern kommt". Denn zuletzt sei die Kritik am Vorstand zunehmend lauter geworden, "insbesondere was die Dreiteilung des Konzerns angeht". Daher sei die Personalie nun vor allem dahingehend interessant, "da der neue CEO von der Tochter Kabi kommt und diese als wichtige Stütze im Konzerngefüge gesehen wird". Die Probleme bei Fresenius sind auch nach den Worten von Lipkow "zwar nicht hausgemacht, verlangen jedoch seit mehreren Quartalen einen stringenteren Wechsel der Unternehmensstrategie und einen Fokus auf die lukrativen Geschäftsbereiche".
BAD HOMBURG / FRANKFURT (dpa-AFX)
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