29.07.2013 20:30:31
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Faule Kredite setzen Italiens Banken unter Druck - Dokument
Von Giovanni Legorano und David Enrich
ROM--Die italienische Zentralbank hat einige der wichtigsten Kreditinstitute des Landes hinter den Kulissen genauer unter die Lupe genommen. Dieser Schritt könnte dazu führen, dass die Geldhäuser Vermögenswerte verkaufen oder andere schwerwiegende Schritte vornehmen müssen, wie aus einem Dokument der Notenbank vorgeht, in das das Wall Street Journal Einblick hatte. Das Vorgehen der Zentralbank war bislang noch nicht öffentlich bekannt und ist ein weiterer Hinweis auf die prekäre Lage der italienischen Banken, die durch eine Vielzahl fauler Kredite unter Druck geraten.
Die aktuellen Inspektionen sind eine Folgemaßnahme einer Aktion aus dem vergangenen Herbst. Damals mussten die Geldhäuser infolge der Untersuchungen insgesamt 3,4 Milliarden Euro mehr aufbringen, um sich gegen Kreditausfälle abzusichern. Auch diese Resultate waren bisher nicht öffentlich. Diesmal vertieft sich die Notenbank noch intensiver in die Kreditportfolien der größten Banken, wie aus dem Dokument hervorgeht. Bei 20 weiteren Instituten wurden Inspektionen vor Ort eingeleitet.
Weil die italienische Wirtschaft seit zwei Jahren schrumpft, können immer mehr Unternehmen und Einzelpersonen ihren Kreditzahlungen nicht mehr nachkommen. Die Zahl der Not leidenden Kredite steigt seit mindestens 27 Monaten in Folge. Ende März machten sie 249 Milliarden Euro oder 14,2 Prozent aller Kredite der Branche aus, so Zahlen der Notenbank. Ende 2010 lag die Zahl bei 157 Milliarden oder 8,9 Prozent.
Aufseher und Bankvertreter erwarten, dass sich die Situation bis weit ins Jahr 2014 weiter verschlimmert, selbst wenn sich die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone noch in diesem Jahr stabilisiert. Dieser Trend sorgt für immer mehr Verluste bei den Banken und lässt bei Aufsehern, Investoren und einigen Bankenmanagern die Sorge aufkommen, dass die Kapitalkissen für die anstehenden Einschläge nicht ausreichen.
Schon kurzfristig dürfte sich die Situation in den Bilanzzahlen der Banken niederschlagen, die ihre Halbjahresergebnisse ab dieser Woche vorlegen. "Der Anstieg Not leidender Kredite spiegelt die wirtschaftliche Rezession wider", sagt Enrico Cucchiani, Chef von Intesa Sanpaolo, der zweitgrößten italienischen Bank, im Interview. "Es gibt einen klaren Zusammenhang. Deswegen haben wir so viele Not leidende Kredite."
Die italienischen Kreditinstitute hatten die erste Phase der Finanzkrise vergleichsweise unbeschadet überstanden, auch weil es im Land keine Immobilienblase gab und die Banken nicht wie ihre europäischen Konkurrenten mit exotischen Finanzprodukten experimentierten. Daher musste die bereits hoch verschuldete italienische Regierung nicht Milliarden in Rettungspakete stecken, wie es in anderen Ländern der Eurozone geschah.
Die Welle der faulen Kredite, die nun aber auf die Geldhäuser zurollt, stammt von den kriselnden kleinen und mittleren Unternehmen in der Baubranche, der Immobilienentwicklung und anderen von der Binnenkonjunktur abhängigen Branchen. Bisher hat sie sich noch nicht zur Existenzkrise für die Banken ausgeweitet, denn die Verluste sind noch kleiner als beispielsweise in Spanien. Aber an den Märkten herrscht die Befürchtung, dass die Institute sich mehr Kapital von den Anlegern oder, wenn das scheitert, der Regierung holen müssen. "Die Situation ist kritisch", sagt Fabrizio Spagna, Geschäftsführer bei Axa Financial Research, zu den Not leidenden Krediten. "Das ist mit Abstand ihr größtes Problem."
Die italienische Notenbank, die die Aufsicht über die Finanzindustrie des Landes führt, beteuert dagegen, dass sie das Problem unter Kontrolle hat. "Wir streiten nicht ab, dass die Schwierigkeiten aus dem makroökonomischen Kontext stammen", sagte Fabio Panetta, stellvertretender Generaldirektor der Notenbank, vergangene Woche im Interview. "Wir sind uns der Bedenken der internationalen Anleger bewusst. Aber wir leiten Maßnahmen ein, damit es weniger Grund zur Besorgnis gibt."
Im vergangenen Herbst waren Inspektoren der Notenbank in den Zentralen 20 großer Institute vorstellig geworden. Sie überprüften, ob die Banken genau über ihre Not leidenden Kredite Buch führen und genug Geld zur Absicherung bereit halten. In den Inspektionen wurden fast 5.200 Kredite im Wert von 24 Milliarden Euro erfasst, wie aus einem Dokument der Zentralbank hervorgeht.
Ergebnis der Aktion war die Anweisung der Aufseher an die Banken, weitere 3,4 Milliarden als Absicherung auf die Seite zu legen. "Die Inspektionen haben Defizite aufgedeckt", heißt es in dem Dokument zur Kapitalabsicherung der Institute und mit ihrer Bewertung von Sicherheiten. Bisher hatten es Banken wie Intesa oder UniCredit immer so dargestellt, als ob sie nach den Inspektionen nur kleinere Mengen zusätzliches Kapital aufbringen mussten.
Bei acht der 20 Banken, die überprüft wurden, stieß die Notenbank auf so besorgniserregende Funde, dass sie die Überprüfung auf das gesamte Kreditportfolio ausdehnte, ist dem Dokument zu entnehmen. In einigen Fällen sei es zu einer "vollständigen Überprüfung des gesamten operativen Geschäfts der Gruppe" gekommen. Es ist nicht klar, welche Institute sich solchen noch laufenden Überprüfungen stellen mussten.
Die Währungshüter haben die Geldhäuser bereits öffentlich dazu aufgefordert, ihre Kosten zu senken, etwa durch die Kürzung von Managergehältern, um die Kapitalkissen aufzupolstern. "Bei Banken, die noch weitreichendere Anpassungen vornehmen müssen, sollte ein Beitrag aus dem Verkauf nicht-strategischer Assets kommen", heißt es in dem Dokument der Notenbank.
Einige große italienische Institute versuchen allerdings, ihre eigenen Lösungen zu finden. Manche von ihnen verhandeln mit Hedgefonds über den Verkauf fauler Kredite zum Schnäppchenpreis, berichten an den Gesprächen beteiligte Manager. Die Mailänder Investmentbank Mediobanca arbeitet an einem Pilotprojekt, in dem mehrere Institute ihre Not leidenden Kredite bündeln und sie an wagemutige Anleger verscherbeln, sagen eingeweihte Personen.
DJG/WSJ/bam
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July 29, 2013 14:04 ET (18:04 GMT)
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