26.09.2013 19:35:30

ESM-Chef stellt Krisenbewertung zu Griechenland in Frage

   Von Matina Stevis und Gabriele Steinhauser

   BRÜSSEL--Der Chef des Euro-Krisenfonds ESM, Klaus Regling, stellt die Krisenbewertung zu Griechenland in Frage. Damit verdichten sich die Zeichen, dass die Eurozone von ihrem früheren Versprechen abrückt, die Schuldenlast des Landes zu verringern. In einem Interview mit dem Wall Street Journal sagte Regling, die Ziele zum Abbau der griechischen Staatsschulden, die beim letzten Rettungsprogramm im Zentrum standen, seien "bedeutungslos".

   Regling erläuterte, um die Schuldentragfähigkeit Griechenlands exakt einzuschätzen, müsse den außergewöhnlichen Zinsen mehr Beachtung geschenkt werden, die Athen auf einen Großteil seiner Kredite zahle sowie den langen Rückzahlungfristen, die die internationalen Gläubiger dem Land gewährt hätten. Das unterscheide Griechenland von anderen Staaten, die hoch verschuldet seien.

   Vertreter der Eurozone sehen es als wahrscheinlich an, dass Griechenland ein drittes Rettungspaket von seinen europäischen Partnern benötigt. Die Kommentare von Regling liefern nun eine Rechtfertigung für einige Eurostaaten, die sich gegen einen Schuldennachlass wehren und auf einer vollständigen Rückzahlung der Kredite pochen.

   Die Bemerkungen dürften auch zu einem Konflikt mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) führen, der die Regierungen der Eurozone dazu drängt, einen Teil der griechischen Schulden abzuschreiben.

   Mit seinen Kommentaren befindet sich Regling in Übereinstimmung mit dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, der in dieser Woche darauf beharrte, dass die griechische Schuldenlast tragfähig sei. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat indes zwar eingeräumt, dass Athen wahrscheinlich mehr Kredite brauchen wird, zugleich aber einen Schuldenschnitt ausgeschlossen.

   Im November vergangenen Jahres haben die Finanzminister der Eurozone ein Rettungspaket für Griechenland abgesegnet, das vorsieht, die Schuldenlast bis 2020 auf 124 Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken. Derzeit liegt der Wert bei rund 170 Prozent. Zugleich haben die Finanzminister auch versprochen, dass der Schuldenberg bis 2022 "deutlich geringer als 110 Prozent" sein wird.

   Dieses Bekenntnis, über das monatelang heftig gerungen wurde, gab für den IWF den Ausschlag. IWF-Vertreter sagten damals, der Währungsfonds könne nur Geld an Griechenland leihen, wenn es eine realistische Aussicht für eine Rückzahlung gebe. Damit stiegen die Erwartungen, dass Griechenland ein Teil der Schulden erlassen wird, ungeachtet gegenteiliger Aussagen in einigen reichen Länder der Eurozone wie Deutschland.

   Nun jedoch attackieren Vertreter der Eurozone sowohl die Kalkulationen zu den griechischen Schulden, die die Basis für das Novemberabkommen gebildet haben, als auch die Ziele für den Schuldenabbau.

   "Es reicht nicht aus, ein Ziel für eine bestimmte Schuldenrelation zu haben", sagte Regling. "Das ist bedeutungslos." Die Kalkulationen, bekannt als Analyse der Schuldentragfähigkeit, nähmen nicht genügend Rücksicht auf die außergewöhnlich guten Konditionen der griechischen Hilfskredite. Die Kredite seien sehr gering verzinst und müssten im Schnitt erst 30 Jahre später zurückgezahlt werden, sagte Regling.

   "Wenn man all das addiert, dann ist das ein großer Zuschuss. Und ökonomisch kommt es einem Schuldenschnitt gleich", fügte Regling hinzu. "Ich bin überrascht, dass einige Leute sagen, es müsse eine Schuldenreduzierung geben." Die Regeln des ESM verböten Abschreibungen auf Kredite.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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   September 26, 2013 13:03 ET (17:03 GMT)

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