Hohe Risikokosten |
02.11.2020 18:10:00
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Erste Group-Gewinn nach neun Monaten halbiert, aber gutes 3. Quartal - Aktie profitiert
Man habe bei den Risikokosten "trotz einer weiterhin historisch niedrigen NPL-Quote von 2,4 Prozent, einen vorausschauenden Ansatz umgesetzt und die zu erwartende Verschlechterung in der Kreditqualität schon jetzt so gut wie möglich berücksichtigt", heißt es im am Montag veröffentlichten Geschäftsbericht. Die Quote beläuft sich damit auf 70 Basispunkte des durchschnittlichen Bruttokreditbestandes und bleibt damit in der für das Gesamtjahr avisierten Bandbreite von 65 bis 80 Basispunkten.
Der größte Teil der Risikovorsorgen wurde im zweiten Quartal mit 614 Mio. Euro zurückgelegt. Im dritten Quartal beliefen sich die Vorsorgen nur noch auf 195 Mio. Euro. Die hohen Risikokosten drücken heuer deutlich auf den Gewinn der Bank. Nach neun Monaten stand mit 637,1 Mio. Euro nur noch knapp halb so viel unterm Strich wie im Vorjahreszeitraum.
"Trotz einer Erholung im dritten Quartal ist das endgültige Ausmaß des wirtschaftlichen Einbruchs noch nicht absehbar", schreibt Bankchef Bernhard Spalt im Zwischenbericht an die Aktionäre. Für das kommende Jahr rechnet die Erste Group allerdings damit, dass die Risikokosten bereits wieder leicht rückläufig sein werden.
Operativ schlug sich die Coronakrise dagegen in einem leichten Kreditwachstum (Kundenkredite plus 2,6 Prozent auf 164,5 Mrd. Euro) nieder. Die Maßnahmen der Regierung in Reaktion auf den wirtschaftlichen Einbruch wegen der Corona-Pandemie - staatlich garantierte Kredite und Kreditmoratorien - haben diese Entwicklung unterstützt.
Weiters stieg der Zinsüberschuss um 2,0 Prozent auf rund 3,6 Mrd. Euro. Der Provisionsüberschuss reduzierte sich dagegen um 2,4 Prozent auf 1,45 Mrd. Euro und das Betriebsergebnis ging um 3,2 Prozent auf 2,2 Mrd. Euro zurück. Die regulatorischen Kosten stiegen um 11,5 Prozent auf 294,2 Mio. Euro. Darunter fallen etwa Zahlungen wie Banken- und Transaktionssteuern sowie Zahlungen in Abwicklungsfonds und Einlagensicherungssysteme. Von der Pleite der Commerzialbank ist die Erste Group aber nicht betroffen, da sie gemeinsam mit den Sparkassen eine eigene Einlagensicherung unabhängig von den anderen heimischen Banken betreibt.
Die Kosten-Ertrags-Quote hat sich leicht verbessert und lag per Ende September bei 59,1 Prozent, nach 58,6 Prozent zum Ende des dritten Quartals 2019. Die Kapitalausstattung blieb mit einer harten Kernkapitalquote von 14,1 Prozent stabil. Die Erste Group liege damit über ihrem eigenen Zielwert von 13,5 Prozent sowie über der regulatorischen Mindestanforderung.
"Eine starke Kapitalausstattung ist neben nachhaltiger Profitabilität deswegen so wichtig, weil sie die Grundvoraussetzung für die Ausschüttungsfähigkeit der Bank darstellt", hießt es im Zwischenbericht. Die Bank hält an ihrem Dividendenvorschlag für 2019 fest und will bei der Präsentation der Gesamtjahreszahlen im Februar 2021 auch eine Dividende für 2020 vorschlagen.
Die Erste Group beschäftigt derzeit 46.172 (31.12.2020: 47.284) Mitarbeiter. Der Rückgang sei vor allem der Auslagerung von Dienstleistungen im Bereich Geldtransport- und Verwaltung in Rumänien geschuldet, so die Bank.
Erste-Group-Chef Spalt: "Die Krise ist hart, aber geht vorbei"
Der Erste-Group-Chef Bernd Spalt und der Finanzchef Stefan Dörfler haben sich heute bei der Bilanzpressekonferenz durchaus optimistisch für das kommende Jahr gezeigt und fokussieren sich bereits auf die Zeit nach der Krise. Für 2021 rechnet die Bank wieder mit einer wirtschaftlichen Erholung in ihren Kernregionen. Nach der Krise wird dann besonders wichtig sein, dass die Unternehmen besser mit Eigenkapital ausgestattet sind.
"Diese Krise ist hart, aber die geht vorbei," sagte Spalt am Montag. Daher müsse man sich bereits jetzt auf die Zeit danach vorbereiten, damit der kommende Aufschwung dann auch mitgenommen werden könne. Der Lockdown sei für alle unerfreulich, aber ein probates Mittel, um die Infektionsrate wieder zu drücken, so Spalt. Man unterstütze die Maßnahmen daher und wolle diese schwierige wirtschaftliche Phase "als Teil der Lösung" begleiten. Bisher habe die Bank im Rahmen der Umsetzung der Regierungsmaßnahmen - vor allem in Form von Kreditmoratorien und staatsgarantierten Krediten - insgesamt 18,4 Mrd. Euro an Volumen mobilisiert. Weiters seien die Einlagen bei der Bank seit Jahresbeginn um 6,3 Prozent gestiegen.
Für die traditionell schlecht mit Eigenkapital ausgestatteten heimischen Firmen sei es nun besonders wichtig, sich rasch von der Fremdkapital-Abhängigkeit zu lösen. "Auch die Wirtschaft braucht einen Impfstoff", so Spalt. Mehr Eigenkapital für die Firmen würde einen regelrechten "Turbo für die Erholung der heimischen Wirtschaft" darstellen.
Die Erste Group hat hierzu bereits ein Projekt in Planung. Im Frühling 2021 soll ein Fonds für Klein-und Mittelbetriebe vorgestellt werden. Hier gehe es der Bank vor allem darum, Anschubkapital sowie das eigene Netzwerk zur Verfügung zu stellen. Dass eine Bank (oder auch der Staat) langfristig und breit Unternehmenseigentümer sind, sei dagegen nicht wünschenswert, so Spalt.
Neben dem Kapital an sich fehlen für Spalt aber auch die Anreize von politischer Seite für mehr Eigenkapital - und das nicht nur in Österreich. "Die europäische Wirtschaft ist viel zu abhängig von Fremdfinanzierung, es gibt viel zu wenig Anreiz für Eigenkapital", so Spalt. Sinnvoll wären aus seiner Sicht steuerliche Anreize - so können Fremdkapitalzinsen bereits als Betriebskosten steuerlich abgesetzt werden, Eigenkapital aber nicht. Auch die Einführung einer Behaltefrist bei Aktien wäre leicht machbar und stünde auch bereits im Regierungsprogramm, so der Bankchef. Man müsse die angedachten Änderungen aber auch umsetzen.
Im Wiener Handel ging es für die Aktie der Erste Group Bank am Montag 2,08 Prozent auf 17,94 Euro aufwärts.
(Schluss) bel/tsk
APA
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