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01.10.2020 08:00:00

EBRD-Länder erholen sich Ende 2022 von Corona

Die meisten ost- und südosteuropäischen Schwellenländer werden bis tief ins Jahr 2022 hinein unter den wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise leiden, manche sogar bis 2025 und länger. In der EBRD-Region soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf durchschnittlich im dritten Quartal 2022 wieder das Niveau von 2019 erreichen, erwartet die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in ihrer aktuellen Prognose.

Slowenien, Griechenland und Marokko werden dafür den vorliegenden EBRD-Prognosen zufolge ein Jahr länger, also bis in die zweite Hälfte des Jahres 2023, brauchen - Zypern, Tunesien, Jordanien und der Libanon sogar bis "2025 oder später".

Die Covid-19-Pandemie löse einen heftigeren Anstieg der Arbeitslosigkeit und deutlich mehr Firmenpleiten aus als die weltweite Finanzkrise nach 2008, resümieren die Experten in ihrem aktuellen Konjunkturbericht.

Im zweiten Quartal 2020 brach die Wirtschaft im EBRD-Raum im Schnitt um 8,2 Prozent ein. Damit sei der BIP-Rückgang zwar stärker ausgefallen als noch im Mai erwartet, aber weniger drastisch als in den hochentwickelten Volkswirtschaften, wo die nationalen Lockdowns zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie tendenziell über einen längeren Zeitraum hinweg aufrecht waren als in den Schwellenländern, so die Förderbank.

Der Durchschnittswert verdecke allerdings die sehr uneinheitliche BIP-Entwicklung im EBRD-Raum. In tourismusabhängigen Ländern wie etwa Kroatien, Griechenland und Tunesien schrumpfte die Wirtschaft heuer im zweiten Quartal um mehr als 15 Prozent. In vielen Schwellenländern war der BIP-Rückgang in den Monaten April bis Juni jedenfalls stärker als in jedem anderen Quartal während der internationalen Finanzkrise 2008/09. Die Länder des Baltikums (Estland, Lettland und Litauen) bilden hier allerdings eine Ausnahme.

Der EBRD-Raum litt schon vor der Pandemie unter einer gebremsten Wirtschaftsentwicklung. 2018 hatte das BIP in den Ländern der Region im Schnitt noch um 3,4 Prozent im Jahresabstand zugelegt, 2019 wuchs es nur noch um 2,6 Prozent und im ersten Quartal 2020 dann um 2,2 Prozent, ehe es im zweiten Quartal coronabedingt krass ins Minus drehte.

Für das Gesamtjahr 2020 erwartet die Osteuropabank für die Region derzeit einen BIP-Rückgang von 3,9 Prozent, für 2021 dann wieder ein Wachstum von 3,6 Prozent. Die Prognosen wurden gegenüber den Erwartungen im Mai etwas nach unten revidiert, da die Corona-Maßnahmen länger andauerten als ursprünglich angenommen. Die Exporte der EBRD-Länder gingen heuer im ersten Halbjahr gegenüber der Vorjahresperiode um 14 Prozent zurück.

Infolge von Grenzschließungen, Quarantänebestimmungen und anderen einschneidenden Reisebeschränkungen kollabierte der internationale Tourismus. Im EBRD-Raum brach die Zahl der ausländischen Urlauber im ersten Halbjahr 2020 im Schnitt um rund 65 Prozent ein. In einigen Ländern, in denen der Tourismus über 20 Prozent zum BIP beiträgt, war der Rückgang bei den Gästeankünften noch drastischer - so etwa in Kroatien (minus 80 bis 90 Prozent) und Montenegro (minus 70 bis 80 Prozent). Griechenland lag mit einem Minus von 60 bis 70 Prozent im tristen EBRD-Schnitt. In Zypern und in der Türkei macht der Tourismus 10 bis 20 Prozent des BIP aus - die Zahl der ausländischen Gästeankünfte sank dort zwischen Jänner und Juni um 70 bis 80 Prozent (Zypern) bzw. um 60 bis 70 Prozent (Türkei) gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Auch die Regierungen in den Schwellenländern Ost- und Südosteuropas schnürten milliardenschwere Hilfspakete, die im Schnitt 4,2 Prozent des BIP ausmachen, um die Folgen der Covid-19-Krise auf Einzelpersonen und Unternehmen abzufedern. In Volkswirtschaften mit umfangreicheren Unterstützungsmaßnahmen hätten weniger Menschen ihren Job verloren oder ein Familienunternehmen aufgeben müssen als in anderen, heißt es in der Erhebung.

Die öffentliche Verschuldung dürfte massiv zulegen - bis Jahresende 2020 wird für den gesamten EBRD-Raum mit einem Anstieg der Staatsschuldenquote um durchschnittlich 11 Prozentpunkte gerechnet. Die staatlichen Hilfsmaßnahmen werden den Prognosen zufolge für etwa ein Drittel des erwarteten Anstiegs der Staatsschuldenquote verantwortlich sein; die restlichen zwei Drittel werden aller Voraussicht nach hauptsächlich von deutlichen BIP-Rückgängen verursacht. Währungsabwertungen werden vor allem in jenen Ländern zu einer erhöhten Schuldenquote beitragen, in denen ein wesentlicher Teil der Staatsschulden in Fremdwährungen aufgenommen worden ist.

Die meisten EBRD-Länder hatten vor der Pandemie laut Osteuropabank ausreichend Budgetspielraum: Dank höherer Staatseinnahmen und niedrigerer Zinsen sei dieser 2019 wesentlich ausgedehnter gewesen als im Jahr 2010.

(Schluss) kre/itz

(APA)

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