Nach Pleite |
25.09.2019 20:40:41
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Deutsche Thomas Cook stellt Insolvenzantrag und will wohl Staatskredit von 375 Millionen Euro
Der Bund und das Land Hessen hatten am Dienstagabend angekündigt, Condor mit einem Kredit in Höhe von insgesamt 380 Millionen Euro zur Seite zu springen. Tausende Urlauber und rund 4900 Beschäftigte können damit vorerst aufatmen.
Über den Antrag der Thomas Cook GmbH auf einen Überbrückungskredit ist dagegen noch nicht entschieden. Dabei soll es sich um 375 Millionen Euro handeln, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen erfuhr. Die Prüfung laufe.
Zu Thomas Cook Deutschland gehören unter anderem die Marken Neckermann, Öger Tours und Bucher Reisen. Etwa 120 000 Urlauber sind nach Angaben von Geschäftsführerin Stefanie Berk noch mit dem Unternehmen unterwegs. Der Reiseverband DRV betonte, betroffene Pauschalreisende könnten "ihren Urlaub regulär zu Ende bringen und plangemäß nach Hause fliegen". Den Angaben zufolge kümmert sich der Versicherer Zurich um betroffene Pauschalurlauber. Das Auswärtige Amt erwartet keinen Massenandrang von im Ausland festsitzenden Urlaubern aus Deutschland.
Thomas Cook Deutschland strebt mit der Insolvenz eine Sanierung an. Es soll verhindert werden, dass das Unternehmen Teil der Insolvenzmasse des britischen Mutterkonzerns wird. "Ziel einer Sanierung ist es, das profitable, aber schon länger durch das schwache Geschäft von Thomas Cook in Großbritannien und den Brexit belastete Geschäft des deutschen Veranstalters selbstständig fortzuführen", hieß es. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland etwa 2000 Mitarbeiter. "Wir glauben an die Sanierungsfähigkeit der Company", sagte Berk.
"Wir hätten diesen gerichtlichen Schritt natürlich lieber vermieden, doch leider ließ sich auf dem Verhandlungsweg keine kurzfristige Lösung erreichen", sagte Berk weiter. Es gebe aber Partner, die interessiert seien, "um die Winterliquidität, die wir dringend brauchen für dieses Geschäft, sicherzustellen." Die Thomas Cook Deutschland hatte den Verkauf von neuen Reisen am Montag gestoppt. Urlauber, die bereits gebucht hatten, können seit Wochenbeginn nicht starten. Die Reisen sind zunächst bis diesen Donnerstag abgesagt.
Condor fliegt dagegen weiter. Die Führung ist auf der Suche nach einem neuen Eigentümer. "Wir sind in den letzten zwei Tagen bereits in Gesprächen mit solventen interessierten Parteien", sagte Condor-Chef Ralf Teckentrup am Dienstagabend.
Die Lufthansa, die im Mai ein unverbindliches Gebot für Condor abgegeben hatte, wollte sich nicht dazu äußern, ob sie einen weiteren Anlauf unternimmt. Allerdings hat sie ihre Offerte offiziell nie zurückgezogen.
Interesse an einem Einstieg bekundete der Nürnberger Unternehmer und Investor Hans-Rudolf Wöhrl. "Condor braucht schnell einen neuen Eigentümer, der die Firma selbstständig weiterführt", sagte Wöhrl auf Anfrage. Zuvor hatte der Bayerische Rundfunk über das Interesse Wöhrls berichtet. Der Unternehmer, der sich in der Vergangenheit mehrfach im Airline-Geschäft engagierte, hatte zuletzt im Poker um die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin den Kürzeren gezogen.
Der weltgrößte Reisekonzern TUI hofft indes, dass das Überangebot an Flügen im Zuge der Thomas-Cook-Pleite schrumpft. "Es muss irgendwann eine Marktbereinigung stattfinden. Nach dem Ausscheiden von Air Berlin ist das nicht passiert", sagte Tui-Chef Fritz Joussen der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Zu einer Übernahme des deutschen Ferienfliegers sagte er: "Wir haben kein Interesse an Condor angemeldet."
Um sich von der insolventen Mutter zu lösen, stellte Condor wie angekündigt einen Schutzschirmantrag. Der Antrag, bei dem es sich um eine Besonderheit des deutschen Insolvenzrechts handelt, ging nach Angaben des Amtsgerichts Frankfurt am Mittwoch ein. Damit will Condor verhindern, dass Geld aus dem staatlichen Brückenkredit an den insolventen britischen Mutterkonzern abfließt.
Der sogenannten Rettungshilfe muss die EU-Kommission allerdings noch zustimmen. Die EU-Kommission steht nach Angaben eines Sprechers in einem "engen und konstruktiven Kontakt" mit den deutschen Behörden.
Die Unwägbarkeiten des Brexits und das veränderte Buchungsverhalten hatten den ohnehin schon unter Druck stehenden Traditionskonzern Thomas Cook Anfang der Woche in die Insolvenz getrieben. Überteuerte Übernahmen und viel zu späte Veränderungen bei Technik und Geschäftsstrategie hatten den britischen Konzern in eine Abwärtsspirale gebracht, aus der er nicht mehr herausfand.
OBERURSEL/BERLIN (dpa-AFX)
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