Umstrukturierung 30.01.2020 17:46:02

Deutsche Bank-Verlust etwas höher als erwartet - Aktie klettert ins Plus

Deutsche Bank-Verlust etwas höher als erwartet - Aktie klettert ins Plus

Das Institut habe den radikalsten Umbau seit zwei Jahrzehnten gut voran gebracht, sagte Vorstandschef Christian Sewing am Donnerstag in Frankfurt bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2019. "Und wir spüren Rückwind. Auch im Jahr 2020".

Die Bank, die in diesem Jahr auf ihr 150-jähriges Bestehen blickt, wolle ihre Marktposition wieder ausbauen. "Wir greifen an - und das nachhaltig", sagte Sewing. Das größte deutsche Kreditinstitut strebt in diesem Jahr einen Gewinn an - zumindest vor Steuern. Allerdings werde auch das Jahr 2020 von den Umstrukturierungen betroffen sein.

Erstmals seit März vergangenen Jahres kosteten sie wieder mehr als 8 Euro. Fortschritte bei der Restrukturierung wurden am Markt abgewägt mit der weiter problematischen Profitabilität. Besser als erwartete Erträge rückten letztlich in den Vordergrund.

Im vergangenen Jahr hatte der mit einem massiven Stellenabbau verbundene Konzernumbau tiefe Löcher in die Bilanz gerissen. Es war das fünfte Verlustjahr in Folge. Unter dem Strich stand ein Minus von rund 5,7 Milliarden Euro nach einem Verlust von 52 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Rechnet man Zinszahlungen für sogenannte Nachranganleihen heraus, fiel ein Minus von 5,3 Milliarden Euro an.

Die Kosten für die Neuausrichtung - inklusive Abfindungen - machten sich ebenso bemerkbar wie die Einstellung des Aktienhandels und der Verkauf von Sparten. Zudem macht das Zinstief der gesamten Branche im ohnehin hart umkämpften deutschen Markt zu schaffen. Die Zahl der Vollzeitstellen im Konzern sank auf 87 597, ein Rückgang um mehr als 4100 im Laufe des vergangenen Jahres. Details zum deutschen Markt und der regionalen Verteilung nannte die Bank weiterhin nicht. Bis Ende 2022 soll die Zahl der Vollzeitstellen um rund 18 000 auf weltweit 74 000 verringert werden.

Trotz des Milliardenverlustes bekommt der Bank-Vorstand für 2019 Boni in Millionenhöhe. Allerdings fällt der Topf mit voraussichtlich 13 Millionen Euro etwa halb so groß aus wie im Jahr zuvor. Die Topmanager verzichten auf die sogenannte individuelle erfolgsabhängige Vergütung. "Wir hielten es für richtig, unseren Beitrag zu leisten", sagte Sewing. Da alle Ziele erreicht worden seien, hätte der Vorstand auch die gesamte variable Vergütung in Anspruch nehmen können. Insgesamt werde der Bonustopf für alle Mitarbeiter kleiner, sagte Sewing, ohne Einzelheiten zu nennen.

In einem Brief an die Mitarbeiter schrieb der Bankchef, der Umbau verlaufe in manchen Bereichen besser als geplant. Trotz der hohen Umbaukosten sei es der Bank gelungen, die Kapitalposition zu festigen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass der Abbau von Altlasten und Risiken schneller vorangehe als gedacht. Aufgrund des starken Kapitalpolsters "sind wir sehr zuversichtlich, den Umbau mit unseren Mitteln stemmen und nun wieder wachsen zu können". An der Börse kam der Optimismus gut an. Die Aktie setzte ihre jüngste Erholung fort.

Die Erträge gingen im vergangenen Jahr um acht Prozent auf 23,2 Milliarden Euro zurück, während die Kosten vor allem wegen der Milliardenaufwendungen im Zusammenhang mit dem Konzernumbau um sieben Prozent auf etwas mehr als 25 Milliarden Euro kletterten. Bereinigt um die Sondereffekte lagen die Kosten bei 21,5 Milliarden Euro und damit so hoch wie von Sewing angepeilt. Bis 2022 sollen die Kosten auf 17 Milliarden Euro sinken.

Die Kernbank - also die Geschäftsbereiche, die fortgeführt werden - erzielte 2019 einen Gewinn vor Steuern von 543 Millionen Euro. Bereinigt unter anderem um Umbaukosten und Wertberichtigungen waren es 2,8 Milliarden Euro, ein Anstieg um 7 Prozent zum Vorjahr.

Die Vermögensverwaltung, deren Kern die börsennotierte Tochter DWS ist, glänzte mit einem Ergebnisanstieg. Die Umbaukosten belasteten hingegen die Unternehmensbank und die Investmentbank, die jeweils vor Steuern einen Gewinnrückgang verzeichneten. Bei der Privatkundenbank schlugen zudem die Niedrigzinsen negativ zu Buche.

Sewing hatte Anfang Juli eine grundlegende Neuausrichtung des Instituts auf den Weg gebracht. Das Investmentbanking, das dem Geldhaus milliardenschwere Strafen einbrockte, wird gestutzt. Kern der neu ausgerichteten Deutschen Bank soll eine Unternehmensbank werden, die sich um Mittelständler, Familienunternehmen und multinationale Konzerne kümmert.

Einen prominenten Vertreter hat die Bank für ihren Aufsichtsrat gewonnen: Der ehemalige SPD-Chef und Ex-Vize-Kanzler Sigmar Gabriel soll in das Kontrollgremium einziehen. "Den Rat von einem erfahrenen Mann zu bekommen, tut der Deutschen Bank sehr gut", sagte Sewing.

Das Geschäftsjahr 2018 war ursprünglich als das erste mit einem Überschuss seit 2014 ausgewiesen worden. Die Bank erklärte es aber jüngst auf Basis einer Neuberechnung nachträglich zu einem weiteren Verlustjahr. Weil die bisherigen Zahlen wegen der Neuaufstellung der Geschäftsbereiche nicht mehr mit künftigen Ergebnissen vergleichbar gewesen wären, hat das Institut diese rückwirkend angepasst.

Deutsche Bank bestätigt 2022er-Ziele

Die Deutsche Bank hält an ihren von Experten als ambitioniert eingestuften Renditeziel fest. "Die bisherigen Fortschritte bestätigen uns auch in unserer Zuversicht, dass wir unsere Renditeziele für 2022 erreichen werden", sagte Finanzvorstand James von Moltke am Donnerstag bei der Pressekonferenz zu den Jahreszahlen in Frankfurt laut vorab verbreitetem Redetext. Demnach soll die Nachsteuerrendite auf das sogenannte materielle Eigenkapital von 8 Prozent im Konzern und mehr als 9 Prozent in der Kernbank steigen. Analysten halten diese Ziele für ambitinionert. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hatte bei einem Investorentag im Dezember gesagt, dass das Ziel wegen des schwierigen Umfelds ehrgeiziger geworden ist. Die größte deutsche Bank bekräftigte zudem ihre Kapital- und Kostenziele.

So reagiert die Deutsche Bank-Aktie

Weiter aufwärts ist es am Donnerstag mit dem Kurs der Deutschen Bank gegangen. Nach den Geschäftszahlen und Prognosen der Bank für die Zukunft rückten die Papiere an der DAX-Spitze um 4,32 Prozent vor und schlossen bei 8,31 Euro. Sie stiegen erstmals seit März vergangenen Jahres wieder über 8 Euro. Damit gelang ihnen eine eindrucksvolle Kehrtwende: Im vorbörslichen Handel auf Tradegate war der Kurs noch um bis zu sieben Prozent abgesackt, und auch im frühen Xetra-Handel gab es zunächst Verluste.

Unter dem Strich stand für die Deutsche Bank 2019 ein Minus von rund 5,7 Milliarden Euro zu Buche. Experten hatten im Schnitt nach allen Aufwendungen mit einem Verlust von etwas mehr als fünf Milliarden Euro gerechnet. Die Einnahmen gingen zurück, während die Kosten stiegen. Nach dem fünften Verlustjahr in Folge hofft das Geldhaus nun dank eines radikalen Konzernumbaus auf eine Trendwende.

Trotz des überraschend hohen Verlustes kommentierte Daniele Brupbacher von der Bank UBS die Zahlen positiv. "Die Einnahmen waren etwas besser als erwartet und die operativen Kosten decken sich mit den Schätzungen", schrieb der Analyst. Profitiert habe das Institut im Schlussquartal 2019 vom Zins- und Anleihengeschäft. Zuversichtlich stimme ihn ferner die über den Erwartungen liegende Kernkapitalquote.

Zuversichtlich waren Börsianer auch in die Veröffentlichung der Zahlen und Ziele der Bank gegangen: Vom jüngsten Tief der Papiere Anfang Dezember hatten sie sich bis zum Vortag um ein Viertel erholt. Analysten hatten in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass die Deutsche Bank die Einnahmen steigern müsse. Diese lagen nun im vierten Quartal leicht über der Konsensschätzung.

"Die Deutsche Bank kommt bei der Restrukturierung voran, aber die Profitabilität bleibt ein Problem", lautete das Fazit von Kian Abouhossein von JPMorgan. Die Bank habe die bilanziellen Risikopositionen (RWA) vom dritten zum vierten Quartal 2019 um 20 auf 324 Milliarden Euro verringert. Auch Abouhossein lobte die überraschend hohe Kernkapitalquote und die verbesserte Verschuldungsquote. Um allerdings die Profitabilität zu erhöhen, müssten sich erst noch die Geschäfte mit Privat- und Unternehmenskunden beleben.

Die jüngste Kurserholung der Aktien relativiert sich, wenn man einen Blick auf die vergangenen Jahre wirft. Um nur die Zwischenhochs aus dem Jahr 2017 knapp unter 18 Euro wieder zu erreichen, müsste sich der Kurs mehr als verdoppeln. Analysten sind derweil durchweg unverändert skeptisch: Von den 15 im dpa-AFX Analyser aufgeführten Bankexperten rät nicht einer zum Kauf der Papiere.

FRANKFURT (dpa-AFX) / (dpa-AFX Broker)

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