12.04.2013 19:47:58

DER STANDARD - Kommentar "Kultur ist billiger als Unkultur" von Alexandra Föderl-Schmid

Österreich muss sich Projekte wie in Linz und einen eigenen Minister leisten

Wien (ots) - Für ein Musiktheater fast 178 Millionen Euro auszugeben ist in Zeiten wie diesen keine Selbstverständlichkeit. Und auch nicht, bei einem Bau die Kosten einzuhalten - bei der Hamburger Elbphilharmonie explodierten sie von geplanten 77 auf derzeit 575 Millionen. Auch wenn für Feuerwehrdepots und Fußballstadien in diesem Land in Summe viel mehr ausgegeben wird, so muss man sich für ein Kulturprojekt dieser Dimension rechtfertigen. Das hat Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer bei der Eröffnung getan und darauf verwiesen, dass das neue Linzer Musiktheater ein Signal über die Landesgrenzen hinaus ist: "Weil deutlich wird, dass letztlich in Oberösterreich sogar Großprojekte der Kultur noch durchsetzbar sind und nicht der Populismus am Ende der Sieger ist." Es ist der ÖVP-dominierten Landes- und der SPÖ-regierten Stadtregierung anzurechnen, dass sie nicht aufgegeben haben, als 2000 die von der FPÖ initiierte, erste landesweite Volksbefragung mehrheitliche Ablehnung des "Theaters im Berg" ergeben hat. Sie sind vor dumpfen So-viel-Geld-für-Kultur-Populismus nicht eingeknickt. Auch wenn in Linz die Chance vergeben wurde, mit dem Projekt im Berg einen spektakulären Kulturbau wie Jorn Utzons Opernhaus in Sydney, Frank Gehrys Guggenheim-Museum in Bilbao oder Peter Cooks Kunsthaus in Graz zu errichten. Diese Bauten sind derzeit in der Ausstellung "Kultur:Stadt" in der Berliner Akademie der Künste zu sehen. Das Linzer Musiktheater wird international kein Aufsehen erregen: Die Fassade erinnert eher an ein Parkhaus, innen strahlt das Gebäude den Charme des von Architekt Terry Pawson intendierten "Wohnzimmers" aus. Die Öffnung zum Park hin wirkt jedoch einladend. Der vom nunmehrigen Staatsopern-Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst favorisierte zweite Standort neben Ars Electronica Center, Brucknerhaus und Museum Lentos hätte eine Kulturmeile an der Donau kreieren können. Jetzt müssen die Verantwortlichen ein Programm finden, damit sich das Haus in der österreichischen_ Kulturlandschaft etablieren kann und tatsächlich ein Grund ist, auf dem Weg zwischen Wien und Salzburg stehenzubleiben - wie zur Eröffnung vielfach behauptet. Zumal in St. Pölten mit Brigitte Fürle eine ebenfalls ambitionierte neue Intendantin werkt. Mit dem Konzerthaus Muth in Wien, dem jüngst eröffneten Opernhaus in Erl und hochkarätigen Festivals wie in Grafenegg gibt es im Klassiksegment in anderen Teilen Österreichs starke Konkurrenz. Dazu kommen noch die Festspiele in Salzburg und Bregenz. Wettbewerb ist gut, auch im künstlerischen Bereich. Wenn es aber nur noch darum geht, anderen Besuchern abzuluchsen, dann wird es für jede einzelne Kulturinstitution schwieriger zu bestehen und sich finanziell zu tragen. Das gibt Populisten Stoff. Aber auch hier hat Pühringer recht, wenn er sagt: "Kultur kostet, aber Unkultur noch viel mehr." Da jedoch in den nächsten Jahren nicht mehr Geld zur Verfügung stehen wird, ist eine stärkere Koordinierung notwendig: das ist im Sinne der Kulturinteressierten wie auch der Steuerzahler. Wenn nur Großprojekte gefördert werden, droht kleineren Initiativen das Aus. Österreich, das sich selbst als Kulturnation bezeichnet, braucht eine aktive Kulturpolitik und eine Person im Ministerrang, die sich ausschließlich dem Bereich widmet und nicht nebenbei - neben Lehrerdienstrecht und Gesamtschule.

Rückfragehinweis: Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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