Profitabilitätsziel bestätig |
09.08.2023 17:53:38
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Delivery Hero-Aktie mit Kurssprung: Delivery Hero wird zuversichtlicher
In den ersten sechs Monaten sei das operative Ergebnis (Ebitda) um fast 500 Millionen Euro gestiegen, im Gesamtjahr solle die Verbesserung bei rund 850 Millionen Euro liegen. "In Zeiten, wo andere Wettbewerber nicht wachsen, legen wir zu und werden profitabler", sagte der Manager. Mit Blick auf das laufende dritte Quartal soll sich an der Strategie nichts ändern. "Das Wachstum setzt sich fort, wir sind gut in den Juli reingekommen", sagte Thomassin.
Wie der MDAX-Konzern am Mittwoch in Berlin mitteilte, soll der sogenannte Segmenteumsatz gegenüber dem Vorjahr währungsbereinigt um 15 Prozent zulegen. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als bislang.
Der Bruttowarenwert (Gross Merchandise Value, GMV) soll weiter um fünf bis sieben Prozent zulegen. Damit ist alles gemeint, was Kunden bestellen. Auf Jahressicht will das Management eine operative Gewinnmarge (Ebitda-Marge) gemessen am Bruttowarenwert von mehr als 0,5 Prozent schaffen. Umsatz und Ebitda dürften in der zweiten Jahreshälfte deutlich anziehen.
Übersetzt heißt das: Die Nachfrage soll im Gesamtjahr wie erwartet steigen, während die Einnahmen, die Delivery Hero etwa mit Provisionen für die Vermittlung zwischen Restaurant und Kunden oder Liefergebühren macht, deutlich zulegen soll. "Wir haben in den vergangenen Quartalen Maßnahmen wie AdTech und neue Gebühren eingeführt. Das alles führt zu einem verbesserten Umsatz", erklärte Thomassin. Gemeint sind etwa zusätzliche Servicegebühren, Werbemittel für Partnerrestaurants oder Verbesserungen von Provisionen und Liefergebühren.
Der Erlös des Lieferkonzerns setzte sich im vergangenen Jahr zu rund einem Drittel aus Provisionen sowie zu gut einem Viertel aus Liefergebühren zusammen. Beide Einnahmequellen zusammen machten 60 Prozent des Erlöses aus.
Bereits im zweiten Quartal habe der Konzern eine operative Marge von 0,2 Prozent erwirtschaftet, hieß es weiter. Zudem kletterte der Bruttowarenwert (GMV) um knapp drei Prozent auf fast 11,1 Milliarden Euro. Bei konstanten Wechselkursen wäre das Plus deutlich größer ausgefallen. Der Segmenteumsatz sprang um ein Zehntel auf fast 2,6 Milliarden Euro hoch.
Mit dem Segmenteumsatz definiert Delivery Hero seinen Erlös, der unter anderem um Marketingausgaben wie Gutscheine und Rabatte bereinigt ist. Diese sind in der Branche üblich, damit Kunden nicht etwa auf Plattformen der Konkurrenten Just Eat Takeaway, Uber Eats oder beim zum US-Konzern DoorDash gehörenden Wettbewerber Wolt bestellen.
Zu knabbern hat der Konzern weiter an seinem mit Abstand wichtigsten Segment Asien, indem Kunden seit Monaten immer weniger bestellen. Dadurch kann Delivery Hero auch weniger Provisions- und Liefereinnahmen kassieren. Thomassin zufolge liegt das aber auch daran, dass im Vorjahr aufgrund von Corona-Pandemie und daraus folgenden Lockdowns das Vergleichsniveau deutlich höher sei.
Der Vorstand versucht dem Umstand mit einer "erhöhten Marketingeffizienz" zu entgegnen: Künftig sollen nur noch besonders rentable Kunden mit Rabattaktionen angesprochen werden. Schnäppchenjäger dagegen werden nicht mehr angesprochen. Thomassin rechnet damit, dass das zweite Halbjahr entsprechend besser läuft.
Überraschend erwirtschaftete unterdessen das in der Vergangenheit als Sorgenkind betrachtete Geschäftsfeld rund um sogenannte Dmarts im Juni einen Bruttogewinn. Die kleinen Warenhäuser, aus denen Delivery Hero binnen kurzer Zeit Dinge des alltäglichen Gebrauchs ausliefern will, seien nach einer übereilten und zu ambitionierten Markteinführung "rationalisiert" worden. Heißt: Schlechter laufende Läden wurden geschlossen, sodass nur lukrative Standorte blieben.
Derzeit zählt Delivery Hero 982 Dmarts, im dritten Quartal sollen 50 neue hinzukommen. Unter dem Strich bleibt es aber bei einer Reduzierung. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es weltweit noch 1125 Warenlager. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum stiegen nun zudem Bruttowarenwert und Umsatz des Segmentes Integrated Verticals deutlich.
Delivery-Hero-CFO: Quick-Commerce ist wirtschaftlich machbar
Delivery Hero hat CFO Emmanuel Thomassin zufolge mit der positiven Entwicklung im zweiten Quartal bewiesen, dass das Konzept Quick-Commerce-Schnell-Liefergeschäft "auch wirtschaftlich funktioniert".
Er zeigte sich im Interview mit Dow Jones Newswires erfreut, dass die Dmarts - also konzerneigene kleine Lagerhäuser an strategischen Standorten für die Auslieferung - im Juni erstmals einen "Bruttogewinn" erzielt haben. Das beweise das große Potenzial des Quick-Commerce-Geschäftsmodells und zeige Skeptikern, dass es, wenn gut gemanagt, auch wirtschaftlich funktioniere. Der "Bruttogewinn" - nach Abzug von Liefer-, Filial- und Lieferkettenkosten sowie Werbeaktionen - war den Angaben zufolge getrieben durch Wachstum bei Volumina, Warenkorb sowie bessere Kosteneffizienz.
"Damit haben wir einen riesigen Schritt in Richtung Profitabilität auch für Dmart erreicht - und zwar früher als gedacht. Die Optimierung unseres Portfolios, die wir vor einem Jahr angefangen hatten, zahlt sich aus", sagte Thomassin.
Das Konzernsegment "Integrated Verticals"-Geschäft, in dem das Quick-Commerce-Schnell-Liefergeschäft aus lokalen Lagerhäusern (Dmarts) angesiedelt ist, hatte im zweiten Quartal insgesamt eine Bruttogewinnnmarge von währungsbereinigt minus 0,4 Prozent. Im Vorjahresquartal betrug die Marge minus 10,8 Prozent bezogen auf den Bruttowarenwert GMV, sie hat sich seitdem von Quartal zu Quartal stetig verbessert.
Vor einem Jahr hatte Delivery Hero eine Portfolio-Bereinigung bei seinen Dmarts angekündigt, um damit den Weg des Netzwerks in die Profitabilität zu beschleunigen. Thomassin hatte im Interview mit Dow Jones Newswires gesagt, es könnte auch zu Schließungen kommen, das Sortiment sollte ausgeweitet und lokal an die Kundenbedürfnisse angepasst werden. Bis zum Jahresende 2022 könnten 50 bis 100 der damals 1.125 Dmarts weltweit geschlossen werden, die der Konzern an strategischen Standorten für die schnelle Auslieferung von Bestellungen eines kleinen Sortiments von Waren des täglichen Bedarfs eingerichtet hat, hatte Thomassin vor einem Jahr gesagt.
Ende Juni belief sich die Zahl der Dmarts auf 982. Laut Investorenpräsentation ist geplant, noch einmal 50 Dmarts im dritten Quartal zu schließen. Im Schnitt offerieren diese mehr als 6.000 Artikel.
Thomassin sagte, Delivery Hero werde die Portfolioanpassung fortsetzen. Er hoffe, mit den Profitabilitätsverbesserungen des Segments auch die Skeptiker zu überzeugen, die bei Wettbewerbern eher Misserfolge sehen.
"Hoffentlich fangen die Leute an zu sagen, es könnte doch funktionieren", so Thomassin.
Im zweiten Quartal erreichte das Segment den weiteren Angaben zufolge einen Bruttowarenwert GMV von gut 542 Millionen Euro, währungsbereinigt ein Plus von 26 Prozent. Im Halbjahr wuchs der GMV auf rund 1,1 Milliarden Euro. Der Umsatz betrug im Quartal 516 Millionen Euro, im Halbjahr ebenfalls 1 Milliarde Euro.
So reagiert die Delivery Hero-Aktie
Eine deutliche Erhöhung des Umsatzausblicks hat die zuletzt schwächelnden Aktien von Delivery Hero kräftig angeschoben. Das gab am Mittwoch auch den Anteilsscheinen von Konkurrenten positive Impulse. Experten sehen zudem die Quartalszahlen des Essenslieferdienstes über den Erwartungen, was das US-Analysehaus Bernstein Research zu der Frage veranlasste, warum das operative Ergebnisziel (Ebitda) nicht ebenfalls erhöht worden ist.
Nach einem Sprung bis auf 41,17 Euro gewannen Delivery Hero via XETRA zum Handelsschluss noch 4,70 Prozent auf 39,01 Euro.
Dank der aktuellen Stabilisierung testen die Aktien zudem den Abwärtstrend seit Anfang Februar, der 2023 bisher zu einer negativen Jahresbilanz von knapp neun Prozent geführt hat. Damit gehört Delivery Hero zu den schwächsten Werten im Index der mittelgroßen Unternehmen, der in diesem Zeitraum um mehr als zwölf Prozent gestiegen ist. Einem deutlichen Chartausbruch steht nun nur noch das Zwischenhoch knapp unter 44 Euro von Anfang Juli entgegen.
Im Kielwasser von Delivery Hero schüttelten die Papiere der Wettbewerber Just Eat Takeaway und Deliveroo zur Wochenmitte ebenfalls ihre jüngste Schwäche ab.
Sowohl das starke Umsatzwachstum als auch die Margen im zweiten Quartal hätten die Konsensschätzungen übertroffen, konstatierte Bernstein-Analyst William Woods. Er wunderte sich daher über die vorsichtige Haltung des Managements vor der Zahlenveröffentlichung und den nun lediglich bestätigten Ebitda-Ausblick. Für ihn stellt sich die Frage, ob der Grund dafür eine konservative Zielsetzung, der vom Unternehmen genannte Spielraum für mögliche weitere Reinvestitionen oder die Sorge wegen des harten Wettbewerbs etwa in Südkorea sei.
Andere Analysten attestierten Delivery Hero ebenfalls eine deutlich verbesserte Profitabilität. Dies lasse die beibehaltenen Ziele für das Ebitda und den Bruttowarenwert (GMV) konservativ erscheinen, schrieb Andrew Ross von der britischen Bank Barclays. Insgesamt habe Delivery Hero einen positiven Schritt nach vorn gemacht.
/ngu/mis
BERLIN (dpa-AFX) / (Dow Jones)
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Aktien in diesem Artikel
Deliveroo | 1,74 | 0,23% | |
Delivery Hero | 38,38 | -1,89% | |
Just Eat Takeaway.com | 13,73 | -3,58% | |
Uber | 68,18 | -1,86% |