Dieselaffäre belastet 24.06.2019 17:45:00

Daimler-Aktie nach Gewinnwarnung tiefrot: Ergebnisprognose eingedampft - Sparprogramm ohne Stellenabbau

Daimler-Aktie nach Gewinnwarnung tiefrot: Ergebnisprognose eingedampft - Sparprogramm ohne Stellenabbau

Weil die Stuttgarter nun einen hohen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag für laufende behördliche Verfahren und die Dieselumrüstung von Mercedes-Benz Dieselautos zurücklegen, wird es dieses Jahr wohl nichts mit den ursprünglich ausgelobten Gewinnaussichten. Der erst seit einem Monat amtierende neue Konzernchef Ola Källenius und sein ebenfalls erst jüngst angetretener Finanzvorstand Harald Wilhelm starten damit mit einer hohen Bürde in ihre neuen Aufgaben.

Für das Gesamtjahr rechnen sie nun nicht mehr mit einem Anstieg des Konzernergebnisses vor Zinsen und Steuern um 5 bis 15 Prozent - sondern nur noch mit einem operativen Gewinn etwa auf Vorjahresniveau, wie der Konzern am Sonntagabend in Stuttgart überraschend mitteilte. Die Vans-Sparte mit den kleinen Nutzfahrzeugen dürfte in diesem Jahr operativ sogar in die roten Zahlen rutschen statt einen kleinen Gewinn einzufahren.

2018 hatte der Daimler-Konzern im laufenden Geschäft 11,1 Milliarden Euro verdient. Analysten rechneten für das laufende Jahr im Schnitt zuletzt noch mit einem Anstieg des Ergebnisses auf 11,8 Milliarden Euro. Daraus dürfte nun nichts mehr werden.

Maßgeblich für die Neueinschätzung der Ergebnisaussichten sei ein Anstieg der erwarteten Aufwendungen für verschiedene laufende behördliche Verfahren und Maßnahmen betreffend Mercedes-Benz Dieselfahrzeuge, hieß es vom Konzern. Bereits im vergangenen Jahr hatte Daimler seine Aktionäre mit einer Gewinnwarnung enttäuscht - und diese damals mit nahezu gleichem Wortlaut begründet. 2018 hat das Unternehmen unter anderem für die Umrüstung von Dieselmotoren einen mittleren dreistelligen Millionen-Betrag aufwenden müssen - und das ohne Rückstellungen gerechnet.

Am Freitag erst hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) einen Rückruf für 60 000 Autos vom Typ Mercedes-Benz GLK 220 angeordnet. Das KBA habe im Rahmen seiner Untersuchungen bei verschiedenen Herstellern bei diesen Mercedes-Modellen der Euro-5-Norm eine unzulässige Abschalteinrichtung der Abgasreinigung festgestellt, erklärte das Bundesverkehrsministerium.

Vergangenen August hatten die Behörden einen Rückruf von europaweit 690 000 Dieseln des Konzerns angeordnet. Betroffen vom Verdacht der illegalen Abschalteinrichtungen waren der Kleintransporter Vito sowie unter anderem Varianten der C-, E- und S-Klasse oder der SUVs GLC, GLE und GLS. Daimler bestreitet, illegale Abschalteinrichtungen verwendet zu haben.

Ohnehin laufen die Geschäfte aber nicht mehr so rund, weil auch die Handelsstreitigkeiten zwischen China und den USA die Branche belasten, genauso wie die Einführung neuer Abgas- und Verbrauchstests in der EU. Ex-Chef Dieter Zetsche musste in seiner letzten eigenen Jahresbilanz für das vergangene Jahr einen herben Gewinneinbruch verkünden.

Zetsche hat es Källenius überlassen, die Details festzulegen, an welcher Stelle im Konzern künftig der Gürtel wie eng geschnallt werden muss. Details dazu blieb der Schwede aber bisher schuldig. Am 22. Mai erst hatte Källenius das Ruder von Zetsche übernommen, der nach über 13 Jahren an der Konzernspitze sein Amt abgab. Nach einer Abkühlungsphase will sich Zetsche in zwei Jahren in den Aufsichtsrat wählen lassen.

Daimler setzt Sparprogramm ohne Arbeitsplatzabbau um

Daimler will seinen geplanten Sparkurs ohne den Abbau von Arbeitsplätzen umsetzen. Unternehmen und Betriebsrat haben eine entsprechende Vereinbarung ausgehandelt, wie Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht der Deutschen Presse-Agentur sagte. "Wir haben klar geregelt, dass es kein Personalabbauprogramm gibt", sagte er. Vor betriebsbedingten Kündigungen sind die Beschäftigten zwar ohnehin geschützt, ein Abfindungsprogramm oder ähnliches werde es aber auch nicht geben. "Es wird kein Geld in die Hand genommen, um Menschen zu suchen, die das Unternehmen verlassen", sagte Brecht.

Das macht die Daimler-Aktie

Anleger haben am Montag verschnupft auf die deutlich gedämpften Gewinnaussichten von Daimler reagiert. Nach der Gewinnwarnung von Daimler wegen mutmaßlich manipulierter Dieselmotoren sorgen sich Anleger zunehmend um die generelle Verfassung des Autobauers.

Die Daimler-Aktien gaben daraufhin ihren jüngsten Stabilisierungsversuch auf und sackten am Vormittag um 4,59 Prozent auf 47,34 Euro ab und näherte sich wieder dem Jahrestief von 44,51 Euro vom Januar. Aus dem Handel ging das Papier 3,75 Prozent tiefer bei 47,76 Euro gehandelt. Das Kursplus für das laufende Jahr schmolz auf gerade noch 3 Prozent zusammen. Zum Vergleich: Der deutsche Leitindex DAX erzielte 2019 bis dato einen Zuwachs von 16 Prozent. Selbst der Sektorindex der europäischen Autokonzerne und Zulieferer hielt sich mit plus 9,5 Prozent noch deutlich besser. Für die Anteilsscheine der Daimler-Konkurrenten BMW und Volkswagen ging es am Montag jeweils um mehr als ein Prozent abwärts.

Nach Einschätzung von Jose Asumendi, Analyst bei der US-Investmentbank JPMorgan, müssen sich die Anleger womöglich auf weitere Belastungen im Jahresverlauf einstellen. Da Daimler mit den Behörden kooperiere, hält er weitere Rückstellungen für möglich.

Die Dieselaffäre kommt zu anderen Problemen der Autobranche hinzu. So lastete zuletzt der Handelsstreit zwischen den USA und China auf den Geschäften, genauso wie die Einführung neuer Abgas- und Verbrauchstests in der EU. Ex-Chef Dieter Zetsche musste in seiner letzten eigenen Jahresbilanz für das vergangene Jahr einen herben Gewinneinbruch verkünden.

Eine besonders große Überraschung sei die Gewinnwarnung nicht, erklärte Analyst Jürgen Pieper von der Metzler Bank. Ihn sorge aber, dass nicht nur Extrakosten und die Van-Sparte für die zurückgenommenen Gewinnaussichten verantwortlich seien, sondern auch das Kerngeschäft Mercedes-Benz-Pkw in einer eher schlechten Verfassung sei. Die Hoffnung auf frische Impulse durch den neuen Konzernchef Ola Källenius verfliege zudem ziemlich schnell.

Pieper strich daher seine Kaufempfehlung und rät bei einem deutlich gekappten Kursziel von 52 Euro, die Aktien nur noch zu halten. Asumendi ist mit seiner Übergewichten-Einstufung und einem Kursziel von 69 Euro aktuell noch optimistischer.

/men

STUTTGART (dpa-AFX)

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