Interview 29.05.2016 03:00:01

BVB-Finanzchef Treß: "Das Solidaritätsprinzip steht infrage"

von Sven Parplies, Euro am Sonntag

€uro am Sonntag: Was bedeuten steigende TV-Einnahmen für die Bundesliga?
Thomas Treß: Entscheidend ist, ob die Mehrerlöse weiter allein nach dem sportlichen oder auch nach dem Markenerfolg der Klubs verteilt werden - und diese damit motiviert werden, stärker daran zu arbeiten, die Strahlkraft ihrer Marken und damit die Strahlkraft der Marke Bundesliga insgesamt zu ­erhöhen.

Warum sollte das geschehen?
Weil die Höhe der mittel- bis langfristig erzielbaren TV-Erlöse der Bundesliga ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga im internationalen Vergleich sein wird. Und die Höhe der erzielbaren TV-Erlöse hängt insgesamt entscheidend davon ab, wie hoch das Refinanzierungspotenzial dieser Erlöse für die Sender sein wird, welche die Rechte erwerben. Denn der Wert der TV-Rechte generiert sich daraus, wie gut Lizenzausgaben durch Werbung oder Abogebühren zu refinanzieren sind. Und je mehr Menschen sich von der Strahlkraft einzelner Klubs angezogen fühlen, desto mehr ­Menschen werden die Spiele ein­zelner Klubs im Stadion oder vor dem Fernseher verfolgen.

Aber noch wird das TV-Geld nach Tabellenplatz verteilt ...
Richtig, aber das ist nicht zwingend verursachungsgerecht. Sportlicher Erfolg ist dazu geeignet, die Fan­gemeinde eines Klubs zu steigern und damit den Markenwert dieses Klubs zu erhöhen. Jedoch ist dies nicht gleichbedeutend damit, dass die Klubs, welche die meisten Menschen begeistern, auch sportlich die erfolgreichsten sind. Klubs wie etwa der Hamburger SV partizipieren dadurch unterproportional an den TV-Geldern.

Wer mit vielen Fans der Marke Bundesliga hilft, bekommt dafür zu wenig vom Kuchen?
Ja, und mit steigender Diskrepanz zwischen dem Beitrag einzelner Klubs zum Markenwert der Bundesliga insgesamt und dem, was diese Klubs dafür an TV-Erlösen erzielen, wird das Solidaritätsprinzip in der Bundesliga mehr und mehr infrage gestellt. Diese Solidarität ist nur bis zu einem gewissen Grad ­belastbar.

Diese Solidarität bedeutet in der Praxis, dass die DFL die TV-Rechte vermarktet. Soll sich das ändern?
Definitiv nicht. Aber durch die ­aktuelle Verteilungspraxis der TV-Gelder wird es Klubs mit großen Fangemeinden, also denjenigen, die am stärksten zum Wert der ­TV-Rechte der Liga beitragen, erschwert, national wie international im wirtschaftlichen und sportlichen Wettbewerb weiter erfolgreich zu sein.

Mit welcher Konsequenz?
Bleibt es beim Gießkannenprinzip, besteht die Gefahr, dass der Wert der TV-Rechte der Bundesliga im internationalen Vergleich weiter zurückbleibt - oder, dass langfristig der Wert der Übertragungsrechte sinken könnte.

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