27.03.2015 18:12:46

Burnout grassiert unter EZB-Mitarbeiter

   Von Todd Buell

   FRANKFURT (Dow Jones)--Die Gewerkschaft IPSO, die die Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank vertritt, bemängelt, dass ein schwerer Personalmangel bei der Institution zu vielen Fällen von Burnout unter den Beschäftigten führe.

   In einem Brief an die 19 nationalen Zentralbankgouverneure im EZB-Rat berichtet IPSO, dass fast ein Drittel der Mitarbeiter von Burnout gefährdet sei.

   Fast fünf Prozent der Teilnehmer einer Mitarbeiterbefragung hätten berichtet, schon einmal über einen Selbstmord oder eine Selbstverletzung nachgedacht zu haben, heißt es in dem Brief. Bei der EZB sei die Konzentration von Burnout-Fällen doppelt so hoch wie im Rest der Gesellschaft, berichtet die Gewerkschaft. Die EZB wollte sich am Freitag dazu nicht äußern.

   Die Daten entstammen einer Befragung von gut 900 Mitarbeitern, die vom EZB-Betriebsrat in Auftrag gegeben und von einer Beratungsfirma durchgeführt wurde. Ende vergangenen Jahres beschäftigte die EZB 2.344 Mitarbeiter, entweder über unbefristete oder befristete Verträge.

   Laut dem Brief habe die EZB nicht genug neue Mitarbeiter eingestellt, um ihre neue Rolle als Bankenaufseher für die gesamte Eurozone auszufüllen. Das führe sowohl bei Bankangestellten als auch bei Führungskräften zu Frust. Die Gewerkschaft verurteile die Unterbesetzung und den exzessiven Druck scharf. Die Situation führe zu ständigen Beschwerden der Belegschaft und des Managements.

   Die EZB agiert seit vergangenen November als europäische Bankenaufsicht und habe zu diesem Zweck bereits etwa 1.000 zusätzliche Mitarbeiter angeheuert.

   Der Brief beschuldigt außerdem die 19 nationalen Zentralbankpräsidenten, in ihrem nationalen Interesse und nicht im Interesse Gesamteuropas zu handeln. Die Gewerkschaft glaubt, dass viele Befugnisse der Zentralbanken sich nach Frankfurt verlagert hätten, dass die Ressourcen dafür jedoch weitgehend in nationaler Hand lägen. So seien bei nationalen Zentralbanken etwa 60.000 Mitarbeiter angestellt.

   Die Gewerkschaft müsse daher schlussfolgern, dass die nationalen Zentralbankvorsitzenden mehr in ihrem eigenen Sinne als in dem des EZB-Rats handelten, heißt es in dem Brief.

   Die Zentralbanken von Italien und Spanien, zwei der größten Institutionen in Europa, wollten sich dazu nicht äußern. EZB-Mitarbeiter profitieren von einer internationalen Schule in Frankfurt für ihre Kinder und haben Anspruch auf sechs Wochen bezahlten Urlaub im Jahr.

   Gewerkschaftsvertreter glauben jedoch, dass diese Aspekte nicht die Kultur ausgleichen, die zu einem Burnout führen kann. IPSO-Vorstandsmitglied Carlos Bowles sagte in einem Interview, dass er an bestimmten Tagen gerne mehr arbeite, dass er jedoch keinen Überstundenmarathon absolvieren könne.

   In einigen Fällen ist es laut der Gewerkschaft wegen der sehr speziellen Kenntnisse der EZB-Angestellten und der Entfernung zu ihrer Heimat schwer für sie, andere Arbeitsstellen zu finden. "Die EZB zu verlassen ist für uns keine Option, da wir zu viel von unserem Leben in sie investieren. Deshalb wollen wir sie verändern, anstatt sie zu verlassen", schrieb Bowles in einer späteren E-Mail.

   Während die Mitarbeiter sich gegen die Zustände wehren, loben die Märkte die EZB für ihre Handhabung der Eurokrise. Doch die Zentralbank kämpft auch an anderen Fronten: Vergangenen Monat wurde EZB-Präsident Mario Draghi für seinen Umgang mit der Griechenlandkrise kritisiert, während vor kurzem am Tag der Eröffnung des neuen EZB-Gebäudes in Frankfurt gewaltsame Proteste gegen die Sparpolitik in der Währungsunion ausbrachen.

   Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

   DJG/DJN/awi/bam

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   March 27, 2015 12:42 ET (16:42 GMT)

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