24.07.2017 22:47:56
|
Börsen-Zeitung: Crash der Glaubwürdigkeit, Kommentar zur Autoindustrie von Ulli Gericke
Unüberschaubar sind dagegen die politischen Flurschäden und die Wirkung auf Kunden. Nach den Diesel-Manipulationen durch VW, nach nahezu branchenweit überhöhten Abgasemissionen steht nun ein weiterer schwerer Verdacht auf strafbares Handeln im Raum. Ob und wie weit es strafbar war, ist noch unklar. Schließlich sind die Grenzen zwischen normaler technischer Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und der Bildung eines verbotenen Kartells fließend. Während etwa eine Absprache über eine Steckernorm Verbrauchern nützt, hagelte es Milliardenstrafen vom Bundeskartellamt bei abgesprochenen Preisen wie dem "Schienenkartell". Die Vorwürfe gegen die Autokonzerne prüft die Brüsseler Wettbewerbsbehörde.
Doch jenseits von strafbar oder nicht sind die rechtzeitig zum Diesel-Gipfel am 2. August laut gewordenen Vorwürfe politisch hochbrisant. Wird doch eine Branche vorgeführt, der man - siehe Dieselskandal - nicht mehr traut und mit der sich die Politik am besten nicht gemeinmachen sollte. Der ohnehin dünn gewordene Gesprächsfaden ist nun zum Zerreißen gespannt. Für die Industrie ist das fatal, braucht sie doch politische Rückendeckung, angefangen bei der drohenden blauen Plakette, die ältere Dieselautos aus den Innenstädten verbannt, bis zu den strengen Brüsseler CO2-Vorgaben, wo Milliardenstrafen drohen, wenn diese verfehlt werden.
Fatal sind die Vorwürfe aber auch für die Politik. Dass Berlin von den beim Kartellamt eingereichten vermeintlichen Selbstanzeigen nach eigenem Bekunden erst ein Jahr später aus der Zeitung erfährt, ist schon mal eigenartig. Blamiert ist dabei nicht nur das CSU-geführte Verkehrsministerium, sondern auch das SPD-regierte Wirtschaftsressort. Auch die Grünen bekommen ihr Fett weg, verteidigt doch der baden-württembergische Landesvater Winfried Kretschmann angesichts von 200.000 Autojobs im Ländle den Diesel bei jeder Gelegenheit. Die Glaubwürdigkeit nicht nur der Automobilindustrie hat schweren Schaden erlitten.
OTS: Börsen-Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30377 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt: Börsen-Zeitung Redaktion
Telefon: 069--2732-0 www.boersen-zeitung.de
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!