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Für 1,2 Milliarden Euro 02.06.2016 16:59:46

Bilfinger verkauft Gebäudemanagement an EQT - Aktie im Plus

Die Mannheimer trennen sich von ihrem lukrativen Geschäft mit Immobiliendienstleistungen und konzentrieren sich künftig ganz auf das Industriesegment. Dieses soll durch Zukäufe gestärkt werden. Der frühere Baukonzern Bilfinger ist damit endgültig Geschichte.

Der Bereich Building and Facilities, der neben Gebäudedienstleistungen auch das noch übrig gebliebene Hochbaugeschäft beinhaltet, soll an den Finanzinvestor EQT verkauft werden, teilte das Unternehmen mit. Der Kaufpreis liege bei 1,2 Milliarden Euro. Bilfinger erwartet einen Veräußerungsgewinn von voraussichtlich 500 Millionen Euro. Der Abschluss, der noch unter Vorbehalt etwa der Kartellbehörden steht, soll in drei bis vier Monaten erfolgen.

Mit der zusätzlichen Liquidität wolle Bilfinger das Geschäft mit Industriedienstleistungen "durch gezielte Akquisitionen und Zukunftsinvestitionen ausbauen", sagte Finanzvorstand Axel Salzmann. Der überwiegende Teil des Erlöses soll dabei investiert werden, erläuterte der Manager während einer Telefonkonferenz. Mit dem Rest soll die Bilanz gestärkt werden.

Der Konzern steckt seit rund zwei Jahren und mehreren Chefwechseln in der Krise. Im vergangenen Jahr musste das Unternehmen wegen Abschreibungen, Umbaukosten sowie schlechter Geschäfte im Zuge des Ölpreisverfalls den zweiten Verlust in Folge hinnehmen, er belief sich auf fast eine halbe Milliarde Euro. Die Dividende wurde gestrichen. Zum Jahresauftakt stand unter dem Strich erneut ein Verlust.

"Intensive Diskussionen" über Verkauf Das Management habe sich die Entscheidung für einen Verkauf nicht leicht gemacht, sagte Salzmann. Der Verkauf schaffe für Bilfinger jedoch "den größten Wert".

Der Konzern hatte Anfang des Jahres überraschend Angebote für die Sparte erhalten, die eigentlich in der neuen Strategie Bilfingers eine zentrale Rolle spielen sollte. Die Entscheidung über einen Verkauf zog sich über Monate.

Das Geschäft mit Immobiliendienstleistungen entwickelte sich im Vergleich zu den anderen Bereichen Bilfingers solide und hat sich zum wichtigen Ertragsbringer von Bilfinger gemausert. Die Leistung stieg im vergangenen Jahr um 9 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro. Das vergleichbare EBITA betrug 126 Millionen Euro. Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften hatten sich deswegen lange gegen einen Verkauf ausgesprochen.

Ob der Aufsichtsrat sich in der Verkaufsentscheidung einig war, ließ Salzmann offen. Er sprach lediglich von "intensiven Diskussionen im Vorstand und Aufsichtsrat".

Der Chef des Aufsichtsgremiums, Eckhard Cordes, der für den Großaktionär Cevian im Aufsichtsrat sitzt, erklärte, der Aufsichtsrat stehe "klar hinter dem Beschluss des Vorstands", den Bereich zu verkaufen. Er sei sich sicher, das Cevian als Ankeraktionär das weitere Vorgehen stütze.

Alte Strategie hinfällig - Bilfinger will "Pure Player" werden Die im vergangenen Jahr vom damaligen Chef Per Utnegaard vorgestellte Zwei-Säulen-Strategie ist bereits wieder Makulatur. Die Grundzüge sahen vor, dass Bilfinger sich auf die Sparten Industrie- und Gebäudedienstleistungen konzentriert und diese Bereiche eigenständig aufstellt. Utnegaard hatte im April nach nicht einmal einem Jahr als Chef das Handtuch geworfen. Sein Nachfolger, Linde-Manager Thomas Blades, soll das Amt spätestens zum dritten Quartal übernehmen.

Bilfinger will sich nun auf das Industriegeschäft konzentrieren, das vor allem aus der Wartung von Anlagen besteht -"mit einem Industrieexperten Blades an der Spitze", wie Salzmann es formulierte. Der Bereich kämpft seit einiger Zeit mit Problemen. Kunden halten sich derzeit mit Investitionen zurück. So reduzierten Unternehmen ihre Budgets für Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Dies gilt vor allem für Kunden aus dem Öl- und Gasbereich.

Blades soll über Investitionen entscheiden Durch die Konzentration erhofft sich Bilfinger nun mehr Flexibilität und Agilität bei Entscheidungen. Zudem sinkt die Komplexität des Unternehmens weiter. Die war eines der größten Probleme Bilfingers, der sich in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Ver- und Zukäufe vom Baukonzern zum Dienstleister wandelte. Es gelang nicht, die zahllosen neuen Aktivitäten zu verzahnen und Synergien zu heben.

Nun will Bilfinger als "Pure Player" die Investoren zurückgewinnen, die der Konzern über die Jahre mit mehreren Gewinnwarnungen und Strategievolten vergrault hatte. Salzmann erhofft sich nun ein klareres Unternehmensprofil, eine einheitliche Kundenbasis und den alleinigen Fokus auf das Industriegeschäft. Zukäufe sieht er vor allem in den Themenbereichen Digitalisierung und Industrie 4.0.

Gemeinsam mit dem neuen CEO Blades soll über die Investitionen entschieden werden, sagte der Manager. Dabei will sich das Unternehmen verstärkt auf höherwertige, integrierte Industriedienstleistungen konzentrieren.

"Langfristig gute Perspektiven" Das Industriesegment kam im vergangenen Jahr auf eine Leistung von 3,65 Milliarden Euro sowie ein bereinigtes EBITA von 128 Millionen Euro und beschäftigt rund 30.000 Mitarbeiter. Der Kundenfokus liegt auf der Prozessindustrie insbesondere der Branchen Chemie, Pharma, Öl und Gas sowie Energie. Hier hatte Bilfinger wegen der Investitionszurückhaltung zuletzt erheblich Kapazitäten abgebaut. Nichtsdestotrotz sieht Salzmann "gute langfristige Perspektiven in unseren Märkten".

Für das laufende Jahr geht Bilfinger wegen der schwächeren Nachfrage jedoch von einer deutlich geringeren Leistung und einem bereinigten EBITA auf Vorjahresniveau aus.

Power bleibt Sorgenkind - Einzelverkäufe geplant Übrig bleibt außerdem noch die Sorgensparte Power, die bereits seit Mitte vergangenen Jahres zu Verkauf steht. Bislang hat Bilfinger nur unbefriedigende Angebote für den Bereich erhalten. Daher wurde nun die Veräußerung in Teilen beschlossen. Parallel dazu sollen einzelne Bereiche weiter restrukturiert und neu aufgestellt werden.

Dabei schloss Salzmann auch die Schließung einzelner Aktivitäten nicht aus. Um einen weiteren Arbeitsplatzabbau wird die Sparte seinen Worten zufolge jedoch nicht herumkommen. Zahlen nannte Salzmann nicht, der Bereich beschäftigte zuletzt rund 10.000 Mitarbeiter. Auch einen Zeitrahmen für den Verkauf nannte er nicht.

Die Energiesparte beinhaltet vor allem das Wartungsgeschäft mit Kraftwerken und steht seit der deutschen Energiewende unter Druck. Vor allem Abschreibungen und Restrukturierungskosten in der Sparte hatten im vergangenen Jahr zu einem Verlust von fast einer halben Milliarde Euro geführt.

In diesem Jahr wird es zu weiteren Abschreibungen im mittleren zweistelligen Millionen-Bereich kommen, die im ersten Halbjahr verbucht werden. Zudem werden in den Jahren 2016 bis 2018 weitere Restrukturierungsaufwendungen im mittleren zweistelligen Millionen-Bereich anfallen. Der Bereich wird auch in diesem Jahr wieder rote Zahlen schreiben, auch wenn der Verlust geringer als im Vorjahr ausfallen dürfte.

Deutlich besseres Ergebnis für 2016 erwartet Wegen des Verkaufs wird das Segment Building and Facility als nicht fortzuführende Aktivitäten geführt. Dadurch und im Zuge der Power-Umgliederung zurück in die fortzuführenden Bereiche würden die Vorjahreswerte entsprechend angepasst.

Im Geschäftsjahr 2016 rechnet Bilfinger daher auf Konzernebene mit einem deutlichen Rückgang der Leistung, nach 5,008 Milliarden Euro auf vergleichbarer Basis, und erwartet in Folge der Umgliederungen nun für das bereinigte EBITA eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahr, als auf vegleichbarer Basis ein Verlust von 25 Millionen Euro verbucht wurde. Das Konzernergebnis soll positiv ausfallen.

Für das erste Halbjahr 2016 erwartet Bilfinger eine Leistung deutlich unter dem Vorjahreswert von 2,417 Milliarden Euro und ein bereinigtes EBITA deutlich über dem Vorjahr, als ein Verlust von 63 Millionen Euro verzeichnet wurde.

Die Bilfinger-Papiere können an der Frankfurter Börse zwischenzeitlich um rund 7,5 Prozent steigen.

Von Natali Schwab

FRANKFURT (Dow Jones)

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