07.08.2013 21:23:59
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BERLINER MORGENPOST: Ein gewagter Kopfsprung / Leitartikel von Gilbert Schomaker
Berlin (ots) - Berlins neuer Bäderchef, Ole Bested Hensing, wagt
den Sprung kopfüber ins kalte Wasser. Was Bested Hensing am Mittwoch
vorschlug, gleicht einer Zeitenwende in der Schwimmbad-Politik der
Stadt. Fünf neue Kombi-Bäder, jeweils mit Hallen- und Freibad samt
Rutschen, Sprungtürmen, Gastronomie und Wellnessbereich, sieht das
neue Konzept für die Bäderlandschaft vor. Im Gegenzug sollen 14
dringend sanierungsbedürftige Schwimmbäder geschlossen werden. Einen
solchen radikalen Vorschlag hatte in der Vergangenheit bisher niemand
gewagt vorzulegen. Die Bäderbetriebe stehen unter einem gewaltigen
wirtschaftlichen Druck. Denn sie verlieren seit Jahren Besucher.
Gleichzeitig muss der Senat mehr als 40 Millionen Euro pro Jahr als
Zuschuss gewähren, damit der Badebetrieb aufrechterhalten wird. Trotz
dieser Anstrengungen sind viele Bäder so in die Jahre gekommen, dass
man in den Duschen und Umkleidekabinen am besten die Augen
verschließt, bis man im Wasser ist. Der jahrelange Sanierungsstau ist
sichtbar. Seit Mai ist Bested Hensing nun im Amt, vom Senat geholt,
um die Probleme anzugehen. Der Manager führte zuvor im Erlebnisbad
Tropical Islands. Und das merkt man dem neuen Konzept nun auch an. Es
ist richtig, die Wirtschaftlichkeit voranzutreiben. Große Kombibäder
mit Frei- und Hallenbad rechnen sich einfach besser. Und
möglicherweise gibt es auch einige Bäder, die so sanierungsbedürftig
sind, dass sich eigentlich die Investition nicht mehr lohnt. Aber der
Neubauplan birgt auch erhebliche Risiken. Denn was ist, wenn auf dem
Weg zu den schönen neuen Bädern das Geld ausgeht, weil beispielsweise
die Steuereinnahmen einbrechen. Dann sind zwar in einigen Jahren 14
Hallenbäder geschlossen, aber für die Neubauten fehlten dann die
erforderlichen 100 Millionen Euro. Der neue Bäderchef muss sich auch
einigen kritischen Fragen stellen. Was wird aus den Sportvereinen,
die die Schwimmbäder zum Training nutzen? Bekommen sie genug
Trainingszeiten? Oder ist dafür in den neuen, auf Erlebniswelt
getrimmten Hallen kein Platz? Was geschieht mit den Kindern, die
Schwimmkurse absolvieren sollen? Was wird aus dem Schulschwimmen?
Wenn im Sommer die Hallenbäder schließen, dann bleiben ja nur die
überfüllten Freibäder. Es sind diese Punkte, die gerade auch
rechtfertigen, dass das Land Berlin Millionen Euro zum Betrieb der
Bäder dazugibt. Sie dürfen bei dem neuen Konzept nicht außer Acht
gelassen werden. Denn es muss weiterhin auch eine Grundversorgung für
Berlins Schwimmer geben. Das ist gerade der Vorteil eines dezentralen
Konzeptes: die kurzen Wege für Schulklassen und Kinder zum Schwimmbad
in der Nachbarschaft. Denn nicht zu Unrecht beklagen Sportlehrer und
Politiker, dass immer weniger Kinder schwimmen können. Lange
Anfahrtswege und reines Rutsch- und Planschvergnügen werden die Quote
der Nichtschwimmer nicht verringern. Es muss also auch Bäder in
Berlin zum Schwimmen und Schwimmenlernen geben.
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