BAWAG Aktie
WKN DE: A2DYJN / ISIN: AT0000BAWAG2
Untreue und Betrug |
11.11.2019 17:51:00
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BAWAG/Refco-Prozess: Richterin testet Bilanzierungswissen - Büttner sieht BAWAG als "die Betrogene"
Die Richterin wollte zunächst genauere Abgaben zu den Forderungen innerhalb verbundener Unternehmen in der Refco-Gruppe. Diese seien laut Anklage höher gewesen (350 Mio. Dollar) als in den Bilanzen angegeben, die BAWAG hätte davon gewusst und hätte ebenfalls gewusst, dass die jährlichen Ultimogeschäfte zwischen BAWAG und Refco dazu beitragen, dies zu verschleiern. Der Angeklagte hatte am Freitag ausgesagt, die höheren Forderungen innerhalb der Refco sei für ihn nicht sichtbar gewesen, da die Verbindlichkeiten mit verbundenen Unternehmen als Saldogröße angegeben seien.
Mit diversen Dokumenten stellte die Richterin das Bilanzierungswissen des Viertangeklagten auf die Probe und versuchte zu eruieren ob die Zahl an anderer Stelle hätte abgelesen werden können oder ob auffällig gewesen sei, dass die besagten 350 Mio. Dollar, die als Verbindlichkeit innerhalb der Refco-Gruppe bestanden, nirgends direkt abgebildet seien. Der Angeklagte sagte, er sei kein Experte in US-Bilanzierung und habe auf die Angaben und Prüfungen der US-Wirtschaftsprüfer vertraut.
Weiter ging es dann mit den Ereignissen im Oktober 2005 und vor allem mit der Frage, wie Vorstandsbeschluss zu der Kreditvergabe erfolgt war. Einig war man sich, dass die erste Sitzung am 7. Oktober erfolgte und damals ein Grundsatzbeschluss zur Kreditvergabe vom damaligen Vorstandsvorsitzenden Johann Zwettler sowie von den beiden ebenfalls im laufenden Prozess angeklagten Ex-BAWAG-Vorstandsmitgliedern Peter Nakowitz und Christian Büttner gefasst worden war. Am 14. Oktober erfolgte dann eine Sitzung des Gesamtvorstandes - also gemeinsam mit den Vorständen der kurz zuvor mit der BAWAG verschmolzenen Postsparkasse -, in der der Beschluss vom 7. Oktober noch einmal einstimmig gefasst wurde.
Auf Nachfragen der Richterin sowie der Staatsanwältin sagte der Angeklagte, dass seiner Meinung nach bereits am 7. Oktober ein gültiger Beschluss für die Kreditvergabe erfolgt sei. Der Gesamtvorstand habe diesen dann ein paar Tage darauf (am 14. Oktober) noch einmal abgesegnet. Die Vorgangsweise des Vorstandes sei korrekt gewesen, sagte der Viertangeklagte.
Der Aufsichtsrat sei laut Angeklagtem wegen des bestehenden Aufsichtsratslimits nicht mit der Kreditvergabe zu befassen gewesen. Für die Refco gab es ein solches Limit, das besagt, dass der Aufsichtsrat es dem Vorstand erlaubte, ohne seine Zustimmung Kredite bis zu einer bestimmten Höhe (25 Prozent des BAWAG-Eigenkapitals) zu vergeben. Das Aufsichtsratslimit wurde erstmals in den 90er Jahren knapp vor dem BAWAG-Einstieg bei Refco (1999) beschlossen und wurde 2004 nach dem Verkauf der BAWAG-Anteile an Refco (10 Prozent) an das US-Unternehmen Thomas H Lee erneuert.
Wozu es den zweiten Beschluss des Gesamtvorstande überhaupt noch gebraucht habe, wenn der Beschluss vom 7. Oktober schon ausreichend für die Umsetzung der Kreditvergabe war, konnte im Zuge der Befragung nicht vollständig geklärt werden. Der Angeklagte sagte, im Gesamtvorstand sei mit allen besprochen worden, was im Grundsatzbeschluss vom 7. Oktober schon beschlossen worden sei.
Ebenfalls ungeklärt blieben zunächst die Einwände der Richterin, dass bei dieser Sitzung am 14. Oktober der Gesamtvorstand noch einmal die Entscheidung vom 7.10 abgesegnet hat, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt war, dass der Kredit höchstwahrscheinlich uneinbringlich war und dass man den Bilanzen von Refco nicht mehr vertrauen durfte. Dies erwecke den Anschein, dass man bei der BAWAG signalisieren habe wollen, dass mit dem Beschluss vom 7. Oktober alles in Ordnung sei, obwohl man bereits wusste, dass der Kredit aller Wahrscheinlichkeit nach uneinbringlich sein wird, sagte der beisitzende Richter.
Büttner sieht BAWAG als "die Betrogene"
Nach dem Ende der Einvernahme des Viertangeklagten ging es am Nachmittag weiter mit dem Drittangeklagten, Ex-BAWAG-Vorstand Christian Büttner. Dieser gab zunächst eine ausführliche Erklärung seiner Sicht der Dinge ab. Seiner Meinung nach war die BAWAG "die Betrogene und nicht der Betrüger".
Der US-Broker Refco habe die BAWAG "betrogen und belogen", sagte Büttner im Rahmen seines Statements am Montag. Erst mit der Aufarbeitung der Geschehnisse in Vorbereitung auf diesen Prozess sei ihm der "wahre Betrug des Bennett" - nämlich die Vortäuschung von Gewinnen durch Verschiebungen von Kosten und vorgetäuschte Zinseinnahmen - bewusst geworden.
Damals habe er aber nie am Erfolg der Refco gezweifelt - auch deshalb, weil vonseiten des US-Unternehmens, aber auch vom damaligen BAWAG-Vorstandsvorsitzenden Johann Zwettler selbst, oftmals betont wurde, dass Refco keine Eigengeschäfte durchführe und sich damit als sehr viel weniger risikoreich wirtschaftendes Unternehmen dargestellt habe als es der Realität entsprach. Allerdings sei dies - wie ihm nun klar sei - eine "glatte Lüge" gewesen, so Büttner.
Bereits beim Einstieg in die Refco im Jahr 1999 habe die BAWAG zu viel gezahlt, weil der Broker seine Gewinnsituation besser dargestellt habe als sie eigentlich war. Insgesamt sei das Geschäft mit Refco für die BAWAG aber wohl lukrativ gewesen, weil der Anteil an dem US-Unternehmen im Jahr 2004 wieder gewinnbringend verkauft werden konnte, so Büttner auf Nachfrage der Richterin.
Wie bereits vom Viertangeklagten ausgesagt wurde, hatte Refco auch laut Büttner immer einen sehr positiven Ruf in der BAWAG. Er selbst habe mit der Refco zu seiner Zeit als BAWAG-Vorstand aber nur wenig zu tun gehabt und sei mit dem US-Broker lediglich in Vorstandssitzungen befasst gewesen. Denn Refco sei ein "Generaldirektorkunde" gewesen, sei also direkt vom Vorstandsvorsitzenden Zwettler betreut worden.
Büttner sagte zudem im Hinblick auf die Anklagepunkte, dass es nie seine Absicht gewesen sei, jemanden zu schädigen oder zu betrügen oder die BAWAG unrechtmäßig zu bereichern. Hätte er von den betrügerischen Absichten von Refco-Chef Phillip Bennett gewusst, hätte er aber keine Hemmungen gehabt, im Vorstand seine Stimme diesbezüglich zu erheben. Schon in der Vergangenheit habe er einmal gegen den restlichen BAWAG-Vorstand gestimmt, und zwar bezüglich der Karibik-Geschäfte von Wolfgang Flöttl im Jahr 1998. Damals habe er als einziger Vorstand dafür gestimmt, diese Geschäfte zu beenden, da sie Verluste erwirtschaftet hatten. Danach sei sein Verhältnis mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Helmut Elsner "unterkühlt" gewesen. Er habe aber schlicht nichts von den Manipulationen der Refco gewusst und glaube auch nicht, dass jemand anderes innerhalb der BAWAG etwas gewusst habe.
Die Vorgangsweise der Bank im Hinblick auf die Kreditvergabe im Jahr 2005 - betreffend die Besicherung, Laufzeit, Bewilligung - sei für Büttner plausibel und marktüblich gewesen. Man habe sich im Rahmen des zuletzt im November 2004 erneuerten Aufsichtsratslimits bewegt. Die Besicherung mit dem Aktienpaket sei zudem drei mal so hoch gewesen wie das Kreditvolumen selbst. Dass der Beschluss zur Kreditvergabe zuerst in einer spontan einberufenen Vorstandssitzung unter den Anwesenden beschlossen wurde und dann bei der nächsten planmäßigen Gesamtvorstandssitzung besprochen und protokolliert wurde, sei normale Praxis gewesen. Die Frage, ob der Vorstand beschlussfähig ist, wenn nicht alle Vorstände anwesend waren, habe er sich nie gestellt.
Nachdem er den gesamten ersten BAWAG-Prozess zu den Karibik-Geschäften vollständig mitgemacht hatte, sei heute sein 177. Prozesstag. "Das kostet Zeit, Geld und Nerven und ist eine große Belastung." In dem Prozess, der 2013 endete, wurde Büttner von allen Anklagepunkten freigesprochen. Der nächste Verhandlungstag findet am morgigen Dienstag, dem 12.11., statt.
(Schluss) bel/gru
APA

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