05.02.2014 22:52:59

Badische Neueste Nachrichten: Ein Scherbenhaufen - Kommentar von Karl Zawadzky

Karlsruhe (ots) - Nach dem gestern vom Bundeskabinett beschlossenen "Fortschrittsbericht Afghanistan" läuft beim Auslandseinsatz am Hindukusch alles nach Plan. Die letzte Meldung per Videokonferenz vom Kommandeur im Hauptquartier in Masar-i-Sharif an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen: "Keine besonderen Vorkommnisse". Das liegt vor allem daran, dass die Bundeswehr in ihrem Verantwortungsbereich in Nordafghanistan die Präsenz in den Städten und auf dem Land beendet hat und die Soldaten das zur Festung ausgebaute Feldlager kaum mehr verlassen. Denn der Fortschrittsbericht beschreibt eine für das deutsche Publikum arg geschönte Lage. Die Realität sieht allerdings anders aus. Eine nüchterne Bestandsaufnahme hätte eine andere Überschrift verlangt: Rückschrittsbericht Afghanistan. Die Nato-Truppen haben die großen Städte und die wichtigsten Verkehrsadern unter Kontrolle, mehr nicht. In der Fläche rücken die Taliban vor. Die Situation erinnert auf fatale Weise an das Ende der sowjetischen Besatzung. Nur kämpften die Soldaten der Roten Armee nicht gegen Taliban, sondern gegen die vom amerikanischen Geheimdienst ausgebildeten und mit Waffen versorgten Mudschaheddin. Die afghanische Regierung ist mit ihren 350 000 Polizisten und Soldaten nicht in Lage, für Sicherheit zu sorgen. Im Gegenteil: Von 2011 auf 2012 hat die Zahl der Anschläge und Gefechte um ein Viertel zugenommen, im Jahr drauf nochmals um die Hälfte. Bis einschließlich November hat sich die Zahl der im vorigen Jahr getöteten afghanischen Polizisten und Soldaten auf 4 600 verdoppelt. Im Norden Afghanistans, wo die deutschen Soldaten bis zum Beginn des Rückzugs die Lage unter Kontrolle hatten, sieht es nicht besser aus. In dem Maße, in dem die Bundeswehr ihren Verantwortungsbereich räumt, rücken die Taliban vor. Die Lage und die absehbare Entwicklung in Afghanistan sind alles andere als gut. Der im Bericht der Bundesregierung zur Schau gestellte Optimismus ist fehl am Platz. Weder gibt es stabile staatliche Strukturen, von demokratischen Verhältnissen überhaupt nicht zu reden, noch gibt es ein Mindestmaß an Sicherheit. Nach zwölf Jahren Kampf und Tod in Afghanistan geht nichts an der Erkenntnis vorbei, dass die Ziele des Nato-Einsatzes massiv verfehlt worden sind.

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Pressekontakt: Badische Neueste Nachrichten Klaus Gaßner Telefon: +49 (0721) 789-0 redaktion.leitung@bnn.de

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