Corona-Impfstoff 25.01.2021 18:06:42

AstraZenecas Lieferprobleme bedrohen Europas COVID-19-Impfkampagne - AstraZeneca-Aktie schließt im Plus

AstraZenecas Lieferprobleme bedrohen Europas COVID-19-Impfkampagne - AstraZeneca-Aktie schließt im Plus

Das berichteten verschiedene, mit der Angelegenheit vertraute Personen.

AstraZeneca machte den Lieferengpass am späten Freitag öffentlich, nachdem zuvor Vertreter der EU informiert worden waren. Das Unternehmen nannte ein Problem mit der Produktion bei einem europäischen Zulieferer als Grund. Wie viel Impfstoff genau fehlen wird, wurde allerdings nicht gesagt.

Aus informierten Kreisen war zu hören, den europäischen Behörden sei mitgeteilt worden, dass AstraZeneca im schlimmsten Fall nur etwa 30 Millionen der rund 80 Millionen Dosen liefern kann, die die EU-Länder für Februar und März erwartet hatten. AstraZeneca arbeite daran, diesen Ausfall deutlich zu reduzieren und habe erklärt, rund 30 Millionen Dosen seien das Minimum dessen, was geliefert werde, sagten die Insider.

Die eigentliche Ursache des Problems soll in einer Produktionsanlage in Belgien liegen, die der Novasep Holding gehört und die nicht in der Lage sei, so viel Impfstoff zu produzieren wie geplant, hieß es aus den Kreisen. Die Menge des Impfstoffs, die aus den Grundstoffen hergestellt werden könne, liege bei etwa einem Drittel der Planungen von AstraZeneca, sagte ein Informant. Novasep reagierte am Wochenende nicht auf Anfragen für eine Stellungnahme.

Die Ausbeute des Impfstoffs kann stark variieren. Dies ist einerseits abhängig von den sogenannten "Seeding"-Schritten, die über Wochen laufen, um die für die Herstellung des Impfstoffs benötigten Zellen zu züchten, sowie andererseits von den späteren Prozessen zur Filtrierung und Reinigung der Substanz, bevor sie in Fläschchen abgefüllt wird. AstraZeneca hat festgestellt, dass die Ausbeute bei seinen vielen Produktionspartnern variiert und arbeitet daran, die Produktion dort zu steigern, wo sie zurückbleibt, sagte ein Informant. Der Prozess sei aber arbeits- und zeitintensiv. Reuters berichtete als erster über die Anzahl der Dosen, die AstraZeneca möglicherweise nicht liefern kann.

Das Ausmaß des möglichen Ausfalls hat in den europäischen Hauptstädten die Alarmglocken schrillen lassen. Alle bemühen sich, die Impfkampagnen zu beschleunigen, nachdem sie gegenüber einigen Ländern, ins Hintertreffen geraten sind, darunter Großbritannien, Israel und die USA. Schon wenige Tage zuvor waren Vertreter Brüssels mit Pfizer und BioNTech aneinandergeraten, nachdem diese entschieden hatten, ihre eigenen geplanten Lieferungen von COVID-19-Impfstoffen an die Union zu kürzen.

In Großbritannien wurde der Impfstoff von AstraZeneca bereits Ende Dezember für den Notfalleinsatz zugelassen, und andere Länder, darunter Indien, sind diesem Beispiel gefolgt. Die US-Gesundheitsbehörde FDA wartet auf vollständige US-Studiendaten, bevor sie den Impfstoff zur Zulassung prüft. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA, die neue Medikamente für die EU genehmigt, soll in dieser Woche entscheiden.

Nach der frühen Zulassung in Großbritannien habe AstraZeneca anfangs zur Herstellung des Impfstoffs auch Produktionskapazitäten genutzt, die in Europa zur Verfügung standen - und dort noch nicht benötigt wurden, sagten Insider. Der so in Europa hergestellte Impfstoff habe schon früh jene Dosen ergänzt, die in Großbritannien selbst hergestellt und verpackt wurden. Inzwischen sei die europäische Produktionskette von AstraZeneca aber darauf ausgerichtet, Kontinentaleuropa zu bedienen, während die in Großbritannien hergestellten Dosen dort auch verblieben.

Die Europäische Union setzt stark auf den Impfstoff von AstraZeneca. Die Gemeinschaft hat 300 Millionen Dosen bestellt und eine Option auf die Lieferung von weiteren 100 Millionen. Am Montag wollen sich Vertreter der EU mit dem Unternehmen zusammensetzen, um die Situation zu besprechen. Es gibt die Hoffnung, dass in der ersten Februarwoche die ersten Impfdosen ausgeliefert werden können, vorausgesetzt, die EMA gibt das Mittel frei.

Impfstoff-Streit: Von der Leyen telefoniert mit AstraZeneca-Chef

Die EU-Kommission fordert vom Hersteller die Lieferung der vertraglich vereinbarten Mengen an Corona-Impfstoff ohne Abstriche und ohne Verzug. Dies habe Präsidentin Ursula von der Leyen am Montag in einem Telefonat mit Firmenchef Pascal Soriot bekräftigt, erklärte die Kommission in Brüssel. Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides habe zudem in einem Brief Klarstellungen von dem Pharmakonzern gefordert und an Vertragspflichten erinnert.

Der britisch-schwedische Konzern hatte am Freitag mitgeteilt, nach der für diese Woche erwarteten Zulassung zunächst weniger Impfstoff als geplant an die EU liefern zu wollen. Statt 80 Millionen Impfstoffdosen sollen bis Ende März nur 31 Millionen eingeplant sein. Die EU-Kommission ist darüber verärgert und forderte bei einer internen Sitzung am Montagmittag Erklärungen von AstraZeneca.

Die EU-Kommission hatte im August mit der Firma einen Vertrag über bis zu 400 Millionen Imfstoffdosen geschlossen und nach eigenen Angaben einen dreistelligen Millionenbetrag dafür bezahlt, die Produktion schon vor der EU-Zulassung hochzufahren. Nach Darstellung der EU-Kommission hätte der Konzern laut Vertrag bereits seit der verbindlichen Bestellung Ende Oktober Mengen für die EU auf Halde fertigen müssen. Den Hinweis der Firma auf Produktionsprobleme bei einem Zulieferer in Belgien hält die Kommission für nicht stichhaltig.

Ein Kommissionssprecher sagte, von der Leyen habe Soriot mitgeteilt: "Wir erwarten von der Firma, Lösungen zu finden und alle möglichen Spielräume auszunutzen, um schnell zu liefern." Er wollte nicht sagen, wie der Unternehmenschef reagiert hat.

EU-Kommissarin: Keine Lösung im Impfstoffstreit mit AstraZeneca

Im Streit um die angekündigten Liefer-Verzögerungen beim Corona-Impfstoff des Pharmakonzerns AstraZeneca ist noch keine Lösung in Sicht. Die Antworten des Unternehmens in einer Sitzung mit der EU-Kommission und den EU-Staaten seien nicht befriedigend gewesen, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Montag in Brüssel. Deshalb sei für den Abend ein weiteres Treffen angesetzt worden. Die EU wolle, dass die bestellten und vorfinanzierten Impfstoff-Dosen so bald wie möglich ausgeliefert werden. "Wir möchten, dass unser Vertrag vollständig erfüllt wird."

AstraZeneca hatte am Freitag angekündigt, dass nach der für diese Woche erwarteten Zulassung zunächst weniger Impfstoff als vereinbart an die EU geliefert werde. Statt 80 Millionen Impfstoffdosen sollten es nach EU-Angaben bis Ende März nur 31 Millionen sein. Zur Begründung hieß es, es gebe Probleme in der europäischen Lieferkette. Eine Zulassung des Impfstoffs in der EU könnte noch in dieser Woche erfolgen. Anlegern schienen die Lieferprobleme keine Sorgen zu bereiten: AstraZeneca-Titel legten in London 1,54 Prozent auf einen Schlusskurs von 7.897,00 Pence zu.

LONDON/BRÜSSEL (Dow Jones / dpa-AFX)

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Bildquelle: Michael Vi / Shutterstock.com

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