07.08.2021 09:10:00
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Arbeitsmarktausgaben im Halbjahr über 9 Milliarden Euro
Zum Vergleich: Im Vor-Corona-Halbjahr 2019 waren es erst 4,59 Milliarden, 2020 dann 9,42 Milliarden Euro. Durch die hohen Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik ist für Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) das "Fast-Jobwunder" erklärbar, dass nämlich die Arbeitslosigkeit nur mehr um 10.900 Arbeitslose höher ist als vor der Krise 2019. Ende Juli waren - wie berichtet - 282.685 Personen arbeitslos gemeldet und insgesamt 343.939 Personen arbeitslos oder in Schulungen des AMS. Vorausgesetzt es gibt keine weiteren größeren Beschränkungen durch Corona soll die Arbeitslosigkeit weiter sinken. "Wir wollen 2023 das Vorkrisenniveau der Arbeitslosigkeit erreichen", so Kocher. Dies sei gar nicht leicht, weil 2019 am Arbeitsmarkt ein recht gutes Jahr gewesen sei.
Fast 95 Prozent der Menschen, die im Dezember 2020 in Kurzarbeit waren, waren 6 Monate später in Beschäftigung, nur 2 Prozent wurden arbeitslos und 3,3 Prozent sind nicht mehr am Arbeitsmarkt, etwa durch Pensionierung. Die Kurzarbeit kostete heuer in den ersten sechs Monaten bisher weniger als in der Vorjahresperiode, dafür sind die Gelder für Qualifizierungsmaßnahmen erhöht worden. Bis Juni wurden über 72.000 Personen in AMS-Fachkräfteschulungen ausgebildet, 70.000 wurden in der Beschäftigungsinitiative 50+ gefördert. Von einer Pflege-Ausbildung profitierten mehr als 9.000 Arbeitssuchende.
Im ersten Corona-Jahr 2020 hat sich die Männerarbeitslosigkeit stark erhöht, ging aber zu Beginn des Jahres 2021 wieder zurück. Auch die Frauenarbeitslosigkeit war deutlich gestiegen und ging später als bei den Männern zurück, weil sich die Dienstleistungsbranchen später erholten. Jetzt gebe es 6.000 Männer mehr in Arbeitslosigkeit als 2019 und 5.000 mehr Frauen. "Wir sehen keinen verfestigten Geschlechtereffekt auf die Arbeitslosigkeit", so der Minister. Ob sich mehr Frauen vom Arbeitsmarkt in die "stille Reserve" zurückzogen als Männer müsste man sich etwa in einer Studie genauer ansehen.
Im Bundesländervergleich weisen Tirol, Salzburg und Oberösterreich im Juli laut Kocher Vollbeschäftigung auf mit Arbeitslosenquoten von 3,6 Prozent, 3,7 Prozent und 4,4 Prozent. Dort gebe es auch fast gleich viele offene Stellen wie gemeldete Arbeitslose. In Niederösterreich (6,5 Prozent) und Kärnten (6,3 Prozent) sei die Arbeitslosigkeit jetzt schon geringer als im Juli 2019. Die Bundeshauptstadt Wien sei mit 11,7 Prozent Arbeitslosenquote noch relativ weit weg vom 2019er Niveau, sei aber durch Beschränkungen im Reiseverkehr, Probleme der Stadthotellerie und Ausfall von Kongressen noch stärker getroffen als die westlichen Regionen. Daher sei es auch wichtig, Arbeitssuchende überregional zu vermitteln, wobei das auch von Wien nach Niederösterreich sein könne, betont Kocher.
Sorgen macht die in der Corona-Krise deutlich gestiegene Langzeitarbeitslosigkeit, also Personen, die ein Jahr oder länger keinen Job haben. Aber auch hier gebe es Dynamik am Arbeitsmarkt: Innerhalb eines Jahres werde die Hälfte der Langzeitarbeitslosen wieder auf Jobs vermittelt, dafür kämen wieder neue in diese Gruppe. Mit 130.000 Langzeitarbeitslosen gibt es einen Höchststand. Kochers Ziel ist es, bis Ende des nächsten Jahres auf ein Vorkrisenniveau zurückzukehren mit 30.000 weniger Langzeitarbeitslosen. Wobei ein Großteil der für eine besonders lange Zeit Arbeitslosen gesundheitliche Einschränkungen, etwa psychische Krankheiten oder Behinderungen, habe.
Die Unternehmen sollten auch umdenken und Menschen nach längerer Arbeitslosigkeit oder Älteren, die ihren Job verloren haben, eine neue Chance geben, appelliert Kocher. Angesichts der Rufe aus der Wirtschaft insbesondere aus dem Tourismus, man finde für offene Stellen keine Leute mehr, hat das Ministerium den touristischen Arbeitsmarkt genauer untersucht. Fazit: Es gibt jetzt deutlich weniger Neueinsteiger und etwas mehr Abwanderungen in andere Bereiche als vor der Krise. Dafür seien etwa die nach dem Lockdown gleichzeitigen Öffnungen von Saison- und Nicht-Saisonbetrieben sowie ausbleibende ausländische Saisonniers verantwortlich. Jene Betriebe, die auf Kurzarbeit setzten und ihre Belegschaft auf diese Weise behielten, hätten aber nun keine großen Schwierigkeiten.
Schaut man sich die Bevölkerungsentwicklung an, werde sich die Lage am Arbeitsmarkt eher verschärfen, das heißt Arbeitskräfte in gewissen Bereichen werden knapp. Der geburtenstärkste Jahrgang Österreichs, die 1963 Geborenen, nähere sich dem Pensionsalter, und die jetzt auf den Arbeitsmarkt tretenden Jahrgänge seien deutlich kleiner. "Es werden mehr Leute in Pension gehen, als Junge nachkommen", summiert Kocher. Daher müsse man mit mehr Qualifizierungen, zukunftsorientierter Bildungspolitik, Aufstockungen von Teilzeitjobs und mehr Beschäftigung auch von Älteren gegensteuern.
(GRAFIK 0999-21, Format 88 x 84 mm) (Schluss) gru
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