28.10.2015 15:39:41
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Allianz-Chefvolkswirt kritisiert lockere Geldpolitik
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Chefvolkswirt des Versicherungskonzerns Allianz, Michael Heise, hat die lockere Geldpolitik dies- und jenseits des Atlantiks kritisiert. "Ich war sehr enttäuscht darüber, dass die US-Notenbank Fed im September die Zinsen nicht angehoben hat", sagte Heise am Donnerstag vor Journalisten in Frankfurt. Die Zaghaftigkeit der Fed sei unbegründet. Zudem habe die Europäische Zentralbank (EZB) keine guten Gründe für weitere geldpolitische Lockerungen.
"Ganz ohne Risiko bleibt eine Zinsanhebung natürlich nicht", sagte Heise mit Blick auf die Fed. "Aber mit nachhaltigen Schockwellen infolge einer Zinswende in den USA ist nicht zu rechnen." Dies sei auch deshalb der Fall, weil eine Zinsanhebung schon lange angekündigt worden sei. Derzeit wird am Markt gerätselt, ob die Fed noch in diesem Jahr die Zinsen anheben wird oder nicht. Dass die Notenbank bereits zum Ende der aktuellen Sitzung am Mittwoch an der Zinsschraube drehen wird, erwartet kaum ein Experte. Eher kommt der kommende Termin im Dezember in Frage. "Ich persönlich rechne mit einer Zinsanhebung im Dezember", sagte Heise. Am Markt wird die Wahrscheinlichkeit einer Zinswende noch in diesem Jahr nur noch auf knapp ein Drittel geschätzt.
Auch die lockere Geldpolitik im Euroraum ist Heise ein Dorn im Auge. Vergangene Woche hatte EZB-Chef Mario Draghi weitere Lockerungen im Dezember in Aussicht gestellt. Dabei hatte Draghi sowohl eine Ausweitung des milliardenschweren Anleihekaufprogramms als auch eine weitere Absenkung des derzeit negativen Einlagensatzes als Möglichkeiten ins Spiel gebracht. Beide Maßnahmen hält Heise für riskant. "Ich hoffe nicht, dass die EZB diesen Weg geht", sagte der Ökonom. "Die Wirkung auf die Konjunktur wären gering, die Nebenwirkungen jedoch hoch." Mit einer Stimulierung der Investitionen sei durch eine Ausweitung des Anleihekaufprogramms nicht zu rechnen. Stattdessen würden sich lediglich die Anleihevorräte der Banken reduzieren, während sich auf der anderen Seite die Liquiditätshaltung weiter erhöhen würde.
Die Nebenwirkungen seien dagegen gefährlich. Zum einen müssten Sparer aufgrund der Niedrigzinsen Einbußen hinnehmen. Zum anderen führe die verstärkte Jagd nach Rendite dazu, dass an den Finanzmärkten höhere Risiken eingegangen würden. Das Argument der EZB, mit weiteren geldpolitischen Lockerungen gegen die schwache Inflation anzukämpfen, hält Heise für "etwas akademisch". Ein stabiler Zusammenhang zwischen der Geldpolitik und der Inflation sei schon lange nicht mehr zu beobachten.
Die Allianz ist einer der weltweit größten Versicherungskonzerne. Die Niedrigzinsen sind für viele Versicherer ein Problem, weil diese langfristige Zinsversprechen gegenüber ihren Kunden gegeben haben, die auf der anderen Seite zum großen Teil aus Zinseinkünften aus Staatsanleihen bedient werden. Bleiben diese Zinsen dauerhaft niedrig schmälert dies den Gewinn der Versicherer oder führt zu Verlusten./tos/bgf
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