Nach Flutkatastrophe |
18.10.2021 15:18:00
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Aktien tiefer: Hannover Rück und Munich Re erwartet steigende Preise für Rückversicherungsschutz
"Die steigenden Preise bei vielen Wirtschaftsgütern und die jüngsten Großschäden sprechen für spürbar steigende Rückversicherungsraten in Europa", sagte Munich-Re-Vorstandsmitglied Doris Höpke am Montag. Sie hält Prämienerhöhungen vor allem in Regionen für nötig, in denen Naturkatastrophen nun erstmals seit langer Zeit schwere Schäden angerichtet hätten. Denn dort seien die Prämien bisher unter Druck gewesen, erklärte sie in einer Videokonferenz.
Die Rückversicherungsbranche trifft sich üblicherweise im Oktober in Baden-Baden mit ihren Kunden - Erstversicherern wie Allianz und AXA. Dort sprechen beide Seiten über die Konditionen für das folgende Jahr. Wegen der Pandemie finden die Beratungen wie schon 2020 zum großen Teil online statt.
"Das Jahr 2021 wird nach den schrecklichen Unwetterkatastrophen im Juni und Juli eines der schadenträchtigsten Jahre im deutschen Markt werden", sagte der Chef der deutschen Hannover-Rück-Tochter E+S Rück, Michael Pickel. Nach den Schäden durch die Pandemie erforderten die jüngsten Unwetterschäden, die Niedrigzinsen und die steigenden Preise im Baugewerbe eine spürbare Erhöhung der Rückversicherungspreise.
Die Hannover Rück erwartet, dass die Flutkatastrophe im Juli allein in Deutschland versicherte Schäden von deutlich mehr als acht Milliarden Euro verursachte. Die Munich Re geht weiterhin von mindestens sieben Milliarden aus. Allerdings ist nur ein Bruchteil der tatsächlichen Schäden versichert. Die Munich Re schätzt die Gesamtschäden in Europa auf 46 Milliarden Euro, davon 33 Milliarden Euro in Deutschland.
Während die Rückversicherer auf deutliche Prämienerhöhungen pochen, meldet der Makler Aon Zweifel an. Äußerungen zu allgemeinen Preissteigerungen oder auch Preisreduktionen seien "unangemessen und weitreichend wertlos", sagte Aon-Deutschlandchef Jan-Oliver Thofern in einem Video-Statement. Denn Rückversicherung sei ein globales Geschäft. Und das Jahr 2021 gehöre trotz schweren Naturkatastrophen wie Tief "Bernd" in Europa sowie Hurrikan "Ida" und Wintersturm "Uri" in den USA weltweit gesehen nicht zu den Rekord-Schadenjahren.
Zudem sei das Kapital der Rückversicherungsbranche zur Jahresmitte auf ein Rekordniveau gestiegen, argumentiert Thofern. Daher dürfte eine steigende Nachfrage nach Rückversicherungsschutz nach seiner Einschätzung auf genügend Kapazität treffen.
Munich-Re-Managerin Höpke forderte unterdessen ein breiteres Risikobewusstsein in Politik und Bevölkerung: "Krisenmanagement darf nicht vernachlässigt werden, auch wenn es jahrelang keine solchen Katastrophen gegeben hat." So müsse der Staat in schützende Infrastruktur investieren, um die Schäden durch künftige Katastrophen zu begrenzen und Menschenleben zu schützen. In anderen Ländern habe sich gezeigt, dass entsprechende Maßnahmen die Sachschäden und die Zahl der Todesopfer verringerten.
Dabei brachte die Munich Re auch eine mögliche Versicherungspflicht gegen Elementarschäden wie Hochwasser ins Spiel, wie sie immer wieder öffentlich diskutiert wird. Der Münchner Konzern hatte sich dieser Idee zuletzt nicht mehr grundsätzlich verschlossen.
Unterdessen hält der weltweit drittgrößte Rückversicherer Hannover Rück auch bei den Risiken in Gewerbe und Industrie höhere Prämien für notwendig. Gerade in der Feuerindustrie-Versicherung seien die Schäden zuletzt häufiger geworden, hieß es. Hinzu kämen vermehrte Angriffe auf Computersysteme. Zuletzt hatten sich sogenannte Ransomware-Attacken gehäuft, bei denen die Angreifer Computersysteme von Unternehmen verschlüsseln und nur gegen die Zahlung hoher Lösegelder wieder freigeben. Auch bei der Cyber-Versicherung in Deutschland hält die Hannover Rück daher eine Anpassung der Konditionen für nötig.
In der Kfz-Versicherung sieht die Hannover Rück bei Erst- und Rückversicherern keinen Spielraum, die Prämien zum kommenden Jahreswechsel zu senken. Während hohe Hagel- und Flutschäden in einigen Regionen auch in der Kfz-Versicherung teuer zu Buche geschlagen hätten, verzeichnet die Hannover Rück auch einen starken Anstieg der Kosten für Ersatzteile und Reparaturen. Dem deutschen Versichererverband GDV zufolge sind Auto-Ersatzteile zwischen August 2020 und August 2021 im Schnitt um sechs Prozent teurer geworden. Seit 2013 belaufe sich der Anstieg auf fast 44 Prozent.
Hannover Rück: Flutkatastrophe kostet Versicherer bis zu 10 Milliarden Euro
Die Flutkatastrophe in Deutschland dürfte die Versicherungsbranche nach Einschätzung der Hannover Rück noch deutlich teurer zu stehen kommen als gedacht. Nach den ersten Sondierungen beim Branchentreffen in Baden-Baden könne man "davon ausgehen, dass der Schaden eher an 10 Milliarden als an 9 Milliarden Euro herankommt", sagte der Deutschlandchef des weltweit drittgrößten Rückversicherers, Michael Pickel, am Montag. Der deutsche Versichererverband GDV hatte seine Prognose für die Schäden durch Tief "Bernd" zuletzt auf rund 7 Milliarden Euro angehoben.
Pickel erklärte seine Erwartung mit der enormen Wucht der Wassermassen, die nach dem Starkregen im Juli vor allem durch Gebiete im nördlichen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen geschossen waren. Die Versicherer hätten ihren ersten Berechnungen die normalen Durchschnittsschäden von Flutereignissen zugrunde gelegt. Inzwischen sei aber klar, dass die Schäden an Autos etwa zwei- bis dreimal so hoch lägen wie üblich, sagte Pickel. Beim Hausrat beschädigter Häuser sei oft nichts mehr zu retten, sodass die vollen Schadensummen fällig würden. Und bei vielen Häusern zeige sich erst nach und nach, ob sie noch zu reparieren seien ober abgerissen werden müssten.
Die Rückversicherungsbranche trifft sich im Oktober in Baden-Baden, um mit ihren Kunden die Konditionen für das folgende Jahr auszuloten. Wegen der Corona-Pandemie finden die Beratungen in diesem Jahr teilweise erneut online statt.
Hannover Rück: Kfz-Versicherer werden Kasko-Tarife erhöhen
Die deutschen Kfz-Versicherer werden nach Einschätzung der Hannover Rück nach den jüngsten Hagel- und Flutschäden an der Preisschraube drehen. Für 2022 gehe er in der Kasko-Versicherung von einer Tariferhöhung im mittleren einstelligen Prozentbereich aus, sagte der zuständige Bereichsleiter bei der Hannover-Rück-Tochter E+S Rück, Stefan Schmuttermair, am Montag vor Journalisten in Baden-Baden. In der Kfz-Haftpflicht sei der Trend noch nicht klar: Hier dürften Unternehmen Neukunden eher mit leichten Preissenkungen locken, während Bestandskunden eher Tariferhöhungen zu erwarten hätten, schätzt er.
Als größter Kfz-Rückversicherer in Deutschland hat die Hannover Rück einen guten Einblick in die Preisgestaltung deutscher Versicherer wie der Allianz oder der Huk Coburg. Im Gegensatz zu Preisvergleichsportalen wie Check24 und Verivox kann sie daher auch die Beiträge derjenigen Autobesitzer einschätzen, die ihrem Versicherer treu bleiben.
Laut Verivox-Versicherungsindex sind die Preise für neue Kfz-Verträge - Haftpflicht, Teilkasko und Vollkasko - zum Teil deutlich günstiger als vor einem Jahr - im mittleren Preissegment je nach Versicherungsart um drei bis vier Prozent, im unteren Segment sieben bis acht Prozent. Nach den Zahlen von Check24 liegt der durchschnittliche Kfz-Haftpflichtbeitrag aktuell bei 279 Euro. Das wären demnach 2,4 Prozent weniger als vor einem Jahr und 14 Prozent weniger als im Juli.
Alljährlicher Wechselstichtag für eine fristgerechte Kündigung zum Jahreswechsel ist der 30. November. Laut Hannover-Rück-Deutschlandchef Michael Pickel wird inzwischen jedoch ein wachsender Anteil der Kfz-Verträge im Jahresverlauf gewechselt, so dass der Termin zum Jahreswechsel ein Stück weit an Bedeutung verliert.
Die Aktie von Hannover Rück zeigt sich am Montag via XETRA zeitweise 0,46 Prozent schwächer bei 152,95 Euro, während Papiere von Munich Re 0,45 Prozent tiefer bei 243,25 Euro notieren.
/stw/cho/mne/jha/
BADEN-BADEN/MÜNCHEN/HANNOVER (dpa-AFX)
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