"Rechtlich korrekt" 10.01.2014 16:55:00

Streit um Raiffeisen-Kreditgeschäfte in Kroatien

Für die RBI und den Raiffeisenverband Steiermark ist alles rechtlich korrekt. Kroatische Kunden fühlen sich aber hinters Licht geführt und haben Anzeige in Kroatien und Österreich erstattet.

Die steirischen Raiffeisenbanken agieren bereits seit zehn Jahren nach dem Muster: Sie bieten über Zeitungsinserate und Vermittler Kredite an, das Geld - wenige Tausende Euro bis zu 300.000 Euro und mehr - holen sich die Kunden dann in Österreich ab.

Die kroatischen Kreditnehmer nahmen nach eigenen Angaben vergleichsweise hohe Zinsen und Provisionszahlungen an Bankdirektoren und Kreditvermittler in Kauf und verpfändeten ihre Häuser und Wohnungen an der Adriaküste. Kreditnehmer, die ihre Darlehen nicht zurückzahlen konnten und deswegen ihr Hab und Gut verloren haben, werfen den Raiffeisenbanken nun unter anderem Betrug und Steuerhinterziehung vor und verweisen außerdem darauf, dass die österreichischen Banken keine Banklizenzen für Kroatien hätten. Auch die Grazer Staatsanwaltschaft prüft die Vorwürfe.

In einigen Fällen wurden die nach Kreditausfällen versteigerten Immobilien in attraktiver Küstenlage von Firmen erworben, die von den Bankmanagern und Kreditvermittlern eigens zu diesem Zweck gegründet worden sein sollen.

Die kroatischen Kreditnehmer werfen den Bankern vor, es bewusst darauf angelegt zu haben, um günstig zu wertvollen Immobilien zu kommen. Vor einem Jahr schlossen sie sich zu einer Vereinigung zusammen, um juristisch gegen die Institute vorzugehen. Die Liste, die der APA vorliegt, umfasst 20 steirische Raiffeisenbanken und - Genossenschaften sowie eine slowenische Bank. Die eigens gegründeten Gesellschaften sind im kroatischen Firmenregister registriert.

Wie viele Kredite auf diese Weise vergeben wurden, weiß auch die Vereinigung nicht. Anwalt Miroslav Vidaljic hält die Zahl von 20.000 bis 30.000 für realistisch. Er vertritt 160 mutmaßlich geschädigte Parteien und sagt: "Meine Klienten müssen ihre Kredite zurückzahlen, ob es ihnen gefällt oder nicht. Aber hier geht es auch um Ungesetzlichkeiten dieser Banken gegenüber dem Staat, also den Aufbau eines parallelen, schwarzen Bankenmarktes, Ein- und Ausfuhr von Geld und das Nicht-Bezahlen von Steuern auf die Kreditgeschäfte." Für seine Mandanten versucht er, die Pfändung der Immobilien zu verhindern.

Betroffene Kunden beschrieben im Gespräch mit der APA wie Kredite vergeben wurden: Riefen sie bei der Telefonnummer an, die in der Anzeige angegeben war, meldete sich ein Kreditvermittler. Es wurde ein Treffen vereinbart und bei diesem die Kreditsumme besprochen und die Immobilie als Besicherung für den Kredit begutachtet.

Die Bank in Österreich schickte daraufhin den unterzeichneten Kreditvertrag nach Kroatien. Der Kunde unterschrieb den Vertrag, ein Notar beglaubigte ihn. Das Geld holten die Kreditkunden in Österreich ab, buchstäblich im Koffer. Sowohl der Bankdirektor als auch der Vermittler hätten gleich nach der Übergabe eine Provision kassiert, erzählte einer der Kunden, der anonym bleiben wollte.

Dann ging es mit dem Bargeld zurück nach Kroatien - in den meisten Fällen ohne Meldung beim Zoll, trotz der hohen Beträge. Die Tilgungsraten seien den Vermittlern bar übergeben worden, die Quittungen dafür zum Teil auf Servietten und Kaffeehausrechnungen ausgestellt worden.

Dass nicht überall Raiffeisenbank Austria drinsteckt, wo das Giebelkreuz draufsteht, war den meisten kroatischen Kunden nicht bewusst - das stellten aber jene fest, die ihre Kreditraten bei Raiffeisen-Filialen in Kroatien einzahlen wollten und dort erfuhren, dass das nicht möglich sei.

Für die Raiffeisenbank in Kroatien seien die Geschäfte der Provinzbanken äußerst problematisch, sagte ein Raiffeisen-Mitarbeiter der APA. "Wir können aber nichts machen, die Banken sind autonom", sagte er.

"Die Kredite wurden gemäß gültigem österreichischen Recht vergeben," sagte auch Hans Siebenbäck, Leiter der Abteilung Recht im Raiffeisenverband Steiermark, in einer Stellungnahme. Man habe sich bei der kroatischen Notenbank HNB versichert, dass man nicht gegen kroatisches Recht verstoße, so der Jurist.

Die Verträge seien in Österreich besprochen und ebenso wie der Kreditantrag, die Versicherungszessionen etc. auch in der Bank unterfertigt worden. "In jenen Fällen, in denen eine Pfandrechtseinverleibung vorgesehen war (das ist die überwiegende Mehrheit) wurde ein Notariatsakt beim Notar in Kroatien mit Übersetzung gemacht. Die Auszahlung der Kreditvaluta erfolgte in der Regel in den Banken an die jeweiligen Kreditnehmer oder an Boten derselben bzw. wurde sie an die Kunden überwiesen."

Hinsichtlich der gepfändeten Liegenschaften sagte Siebenbäck, dass nur in einem Fall an Stelle der Raiffeisenbank einer der beiden Geschäftsleiter eine Verwertungsfirma gegründet habe, im Auftrag der Bank. Es sei nicht im Interesse der steirischen Raiffeisenbanken, Liegenschaften in Kroatien zu besitzen. "Eine Lösung, die den Kreditkunden letztlich zugutegekommen ist, da der offene Tilgungsbetrag verringert werden konnte, war, dass daher einige Raiffeisenbanken in Kroatien selbstständige Unternehmen gegründet haben, um höhere Erlöse bei der Verwertung von verpfändeten Liegenschaften zu erzielen", rechtfertigt er das Vorgehen der Banken. Es sei nicht auszuschließen, dass in Einzelfällen eine andere Vorgehensweise gewählt worden sei, so Siebenbäck.

Auch aus der Sicht der Raiffeisenbank International ist alles in Ordnung, im übrigen habe die RBI mit den Geschäften der Raiffeisenbanken nichts zu tun. "Unsere RBA in Kroatien agiert unabhängig von den Raiffeisenbanken", sagte eine Sprecherin der APA.

Die Staatsanwaltschaft Graz nahm im November Ermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue und Betrug gegen einen Kroaten sowie eine österreichische und eine bosnische Staatsbürgerin auf, die als Vermittler tätig waren, bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Hansjörg Bacher. Der genaue Sachverhalt werde sich im Lauf der Ermittlungen klären. "Wir stehen erst am Anfang", sagte Bacher. Am 4. Dezember sandte die Grazer Justiz ein Rechtshilfeersuchen an die kroatische Staatsanwaltschaft und wartet nun auf Antwort.

Die Kroatische Nationalbank (HNB) wollte gegenüber der APA nicht Partei ergreifen und bestätigte einerseits, dass die Raiffeisenbanken keine Lizenz in Kroatien hätten, dass es kroatischen Staatsbürgers andererseits auch freistehe, im Ausland Kredite aufzunehmen.

Das kroatische Finanzministerium teilte Ende Dezember des Vorjahres mit, dass die von den Banken gegründeten Firmen sowie die involvierten Anwalts- und Notariatsbüros von Finanz- und Steuerprüfern geprüft würden. "Wir sind uns dessen bewusst, dass Bürger in schwierigen finanziellen Situationen oft unüberlegte Entscheidungen treffen, ohne sich der langfristigen Folgen bewusst zu sein", sagte Finanzminister Slavko Linic in einem Schreiben an eine Parlamentsabgeordnete, die sich für die Kreditnehmer einsetzt. Der Minister bemerkte aber auch, dass die "Alphabetisierung" der Bürger in Finanzsachen verbessert gehöre.

(Schluss) mil/ivn/rf

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