Ausblick auf Fed-Beschluss |
27.04.2015 15:12:46
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Zinserhöhung in den USA hängt am Dollar und am Wachstum
Die Fed hat bereits signalisiert, dass sie die Zinswende nächste Woche wahrscheinlich noch nicht einleiten wird. In Interviews und öffentlichen Aussagen scheinen Zentralbankvertreter zudem eine Zinsanhebung auch im Juni nicht mehr für wahrscheinlich zu halten, da sich die US-Konjunktur im ersten Quartal verschlechtert hat.
Starker Dollar schadet Konjunktur, hält Inflation zu niedrig
Wenn sie die Aussichten für die zweite Jahreshälfte besprechen, schauen die Fed-Vertreter zunehmend auf den starken Dollar. Ihre Entscheidung wird maßgeblich davon beeinflusst, wie sehr der starke Dollar ihren Zielen von 2,5 Prozent Wachstum, kleinen Inflationsschritten und der stetigen Abnahme der Arbeitslosigkeit schaden könnte.
Fed-Vertreter sagen, dass sie erst den Leitzins anheben werden, wenn sie zuversichtlich sind, dass die Inflation sich auf ihr Ziel von zwei Prozent zubewegt und die Bedingungen am Arbeitsmarkt sich weiter verbessern.
Wie kommt da der feste Außenwert des Dollars ins Spiel? Nun, zum einen schadet eine stärkere Währung meist den Exporten, da sie die Waren im Ausland teurer macht. Das wiederum bremst das Wachstum und damit unter Umständen auch die Schaffung von Arbeitsplätzen. Und zweitens bleiben die Preise für importierte Waren durch eine feste Währung niedrig, was wiederum die Inflation unter Umständen unerwünscht stark abschwächt.
Asynchrone Wirtschaftsentwicklung bereitet Sorge
Die Dollar-Stärke und das unterschiedlich starke Wachstum auf verschiedenen Kontinenten werden für die Fed immer wichtiger, sagt Eric Rosengren, Vorsitzender der Federal Reserve Bank of Boston, im Interview mit dem Wall Street Journal (WSJ). "Wir stehen an sehr unterschiedlichen Punkten in der Weltwirtschaft", sagt er. Die USA und zu einem gewissen Grad auch Großbritannien wachsen weit stärker als Japan und Europa. "Das bedeutet, dass Devisenkurse und Zinsen volatiler sein könnten als wenn sich alle synchron entwickeln. Das ist ein Grund zur Sorge."
William Dudley, Vorsitzender der New York Fed und Mitglied von Fed-Chefin Janet Yellens engstem Beraterkreis, setzte die Währung auf den ersten Platz seiner Liste von Problemen. "Ich bin zwar optimistisch, was die Wachstumsaussichten für 2015 angeht, aber ich muss auch anerkennen, dass es große Risiken gibt", sagt er. "Vor allem die Aufwertung des Dollars um etwa 15 Prozent seit Mitte 2014 macht US-Exporte teurer und Importe wettbewerbsfähiger." Ökonomen der New York Fed schätzen, dass die Aufwertung des Dollars das amerikanische Wirtschaftswachstum in diesem Jahr um etwa 0,6 Prozentpunkte drücken könnte.
Die Fed hält ihre nächste Strategiesitzung am 28. und 29. April ab. Am Dienstag vergangener Woche begann ihre selbst auferlegte Schweigephase, während der die Mitglieder der Notenbank keine öffentlichen Kommentare abgeben und sich zu vorbereitenden Diskussionen treffen.
Dollar-Aufwertung noch rasanter als beim Technologieboom
Die Aufwertung des Dollars seit Juli letzten Jahres gestaltete sich noch rasanter als während des Technologiebooms Ende der 1990er Jahre. Damals stürmte die US-Wirtschaft voran, während die Volkswirtschaften in Asien und Russland von Finanzkrisen geplagt wurden. Seit der März-Sitzung der Fed, bei der sie ihre Zinsprognosen für die kommenden drei Jahre reduzierte, hat sich der Kurs des Dollar immerhin stabilisiert.
Seit Januar haben vom WSJ befragte Ökonomen ihre Prognosen für das US-Wirtschaftswachstum jedoch von 3,0 auf 2,7 Prozent gesenkt. Das ist auch der Dollar-Aufwertung geschuldet. Außerdem haben sie ihre Inflationserwartungen von 1,6 auf 1,3 Prozent gesenkt. Auch andere Faktoren haben einen Einfluss genommen, vor allem der Verfall der Ölpreise. Kurzfristig schadet das den Investitionen, niedrigere Benzinpreise könnten später jedoch auch die Verbraucherausgaben stärken.
Während sich die Wachstumsaussichten verschlechtern, erwarten immer weniger Börsianer, dass die Fed bald die Zinswende einleitet. Die Zentralbank hält ihren kurzfristigen Referenzzinssatz seit Ende 2008 nahe null. Seit März zeigen Terminkontrakte, die mit diesem Zinssatz in Verbindung stehen, dass Anleger es für immer unwahrscheinlicher halten, dass die Fed im September oder noch früher den Zins anheben wird.
Die Wiederkehr des Taper Tantrums?
Das Dollar-Dilemma der Fed deutet noch auf ein anderes Problem der US-Notenbank hin: Ihre eigenen Hinweise zur künftigen Zinsentwicklung, die unter anderem für weniger Unsicherheit und mehr Stabilität am Markt sorgen sollen, haben es ihr womöglich erschwert, die eigenen Wirtschaftsziele zu erreichen.
Denn die Fed-Vertreter signalisieren seit letztem Jahr, dass sie 2015 ihren Leitzins anheben wollen, da sie erwarten, dass sich die Wirtschaft weiter erholen wird. Investoren haben deshalb große Mengen an Kapital in US-Dollar-Papiere gesteckt, da sie sich dort durch die anstehende Zinswende höhere Renditen erhofften. Das hat den Wert der Währung nach oben schießen lassen und mit zu jener Konjunkturschwäche beigetragen, die die Fed jetzt verarbeiten muss.
Das Problem erinnert an die Situation am Anleihemarkt im Jahr 2013, die auch "Taper Tantrum" genannt wurde. Damals bereiteten sich Anleger auf ein graduelles Ende des Anleihekaufprogramms der Fed vor. Im Mai 2013 begannen die Zinsen dadurch zu steigen und schadeten der jungen Erholung am Immobilienmarkt. Die Fed zögerte das Ende der quantitativen Lockerung daraufhin einige Monate hinaus.
"Die angemessene Reaktion ist, klar darzulegen, was wir erreichen wollen", sagt Rosengren. "Wenn man von einer Wirtschaft mit sehr niedrigen Zinsen in eine mit normalen Zinsen wechselt, wird es Marktreaktionen geben. Das ist zwar insgesamt eine positive Entwicklung, aber es kann zwischenzeitlich ungemütlich werden."
DJG/DJN/awi/kgb/apo
Dow Jones Newswires
Von Jon Hilsenrath
WASHINGTON (Dow Jones)
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