Inflation & Ukraine-Krieg 10.03.2022 14:59:57

Weiter auf Rekordtief: EZB tastet Leitzins nicht an

Weiter auf Rekordtief: EZB tastet Leitzins nicht an

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den weiterhin expansiven Kurs der Notenbank bei seiner Sitzung an diesem Donnerstag bestätigt. Der Leitzins liegt seit Jahren auf dem Rekordtief von null Prozent.

Ohnehin hat sich die EZB bereits festgelegt, dass sie die Zinsen erst dann anheben will, wenn sie kein frisches Geld mehr in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen steckt. Der Leitzins im Euroraum liegt seit nunmehr sechs Jahren auf dem Rekordtief von null Prozent. Banken, die Gelder bei der EZB parken, müssen darauf seit Juni 2014 Zinsen zahlen, aktuell liegt dieser Einlagenzins - im Fachjargon Einlagefazilität genannt - bei minus 0,5 Prozent. Die Kosten dafür geben etliche Geldhäuser an ihre Kundinnen und Kunden weiter.

Ukraine-Krieg & hohe Inflation machen Ausstieg aus expansiver Geldpolitik schwierig

Eigentlich schien die Europäische Zentralbank (EZB) bereit, den Ausstieg aus der seit Jahren ultralockeren Geldpolitik einzuläuten. Doch der russische Krieg gegen die Ukraine birgt neue Risiken für die Wirtschaft, die sich gerade von der Corona-Pandemie erholt. Das erschwert es der EZB, ihre Anleihenkäufe zurückzufahren.

Hohe Energiepreise fachen Inflationsdruck an

Vor allem steigende Energiepreise halten die Teuerung auf hohem Niveau. In Deutschland kletterte die jährliche Inflationsrate im Februar mit 5,1 Prozent wieder über die Fünf-Prozent-Marke. Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im Februar um 5,8 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Dies ist der höchste Wert seit Einführung des Euro als Verrechnungswährung 1999. Die EZB strebt mittelfristig eine stabile Währung bei einem Preisniveau von 2 Prozent an. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern, sie können sich für einen Euro dann weniger leisten.

Invasion Russlands in die Ukraine belastet Welthandel enorm

Der Krieg in der Ukraine hat den Welthandel nach Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) binnen weniger Tage einbrechen lassen. Für Februar gehen die Kieler Ökonomen von minus 5,6 Prozent aus: "Dies ist der größte Einbruch seit Ausbruch der Corona-Krise im Frühjahr 2020. Der Erholungstrend der letzten Monate ist damit jäh unterbrochen."

EZB fährt ihre Anleihenkäufe schneller zurück

Die Europäische Zentralbank (EZB) fährt ihre Anleihenkäufe schneller zurück als bisher geplant. Das Kaufvolumen des Programms APP wird nach einer vorübergehenden Aufstockung bereits Ende Juni wieder auf 20 Milliarden Euro reduziert. Mit dieser Entscheidung vom Donnerstag reagierte der EZB-Rat auf die anhaltend hohen Teuerungsraten.

EZB erwartet deutlich höhere Inflation und schwächeres Wachstum

Der Krieg in der Ukraine dämpft nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) die Konjunkturaussichten für den Euroraum und heizt durch höhere Energiepreise die Inflation an. Nach der am Donnerstag vorgelegten Prognose wird die Teuerungsrate in diesem Jahr bei 5,1 Prozent liegen und damit deutlich höher als zuletzt angenommen. Im Dezember war die Notenbank noch von 3,2 Prozent ausgegangen.

Im kommenden Jahr rechnen die Währungshüter im Jahresschnitt mit einer Preissteigerung von 2,1 Prozent (Dezember-Prognose: 1,8 Prozent). Für 2024 sagt die EZB eine Inflationsrate von 1,9 Prozent im gemeinsamen Währungsraum voraus (Dezember: 1,8 Prozent).

Die Notenbank strebt für den Währungsraum der 19 Euro-Länder eine jährliche Teuerungsrate von zwei Prozent an und ist zumindest zeitweise bereit, ein moderates Über- oder Unterschreiten dieser Marke zu akzeptieren.

Die Wirtschaft im Euroraum wird nach der neuesten EZB-Vorhersage in diesem Jahr um 3,7 Prozent zulegen (Dezember-Prognose: 4,2 Prozent). Im Jahr 2023 soll das Bruttoinlandsprodukt um 2,8 Prozent wachsen (Dezember: 2,9 Prozent) und ein Jahr später um 1,6 Prozent (Dezember: 1,6 Prozent).

Redaktion finanzen.at / dpa-AFX

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