Zinserhöhungen schrittweise 17.12.2015 10:37:40

US-Notenbank hebt Zins an und stellt weitere Schritte in Aussicht

Am Mittwochabend mitteleuropäischer Zeit teilte die Fed in Washington mit, dass der Leitzins erstmals seit der Finanzkrise um 0,25 Prozent von der Nulllinie angehoben werde und künftig innerhalb einer Spanne zwischen 0,25 und 0,50 Prozent liege. Der Beschluss fiel einstimmig. Volkswirte und die Finanzmärkte hatten ihn erwartet. Nun rätseln die Anleger, wie es weitergeht. Fed-Präsidentin Janet Yellen kündigte an, dass weitere Zinserhöhungen "voraussichtlich graduell" erfolgen werden.

"Wir fangen frühzeitig mit Erhöhungen an und handeln schrittweise", sagte Yellen auf einer Pressekonferenz in Washington im Anschluss an den Zinsentscheid. Von einer "mechanischen Anhebung" könne keine Rede sein. Ein einfaches Kriterium, an dem weitere Schritte festgemacht werden könnten, gebe es nicht. Ohne eine Verminderung der geldpolitischen Stütze gäbe es jedenfalls die Gefahr, dass die Wirtschaft überschieße.

YELLEN: 'WERDEN VORSICHTIG VORGEHEN'

Der erste, nun gemachte Schritt sollte nicht überbewertet werden, sagte Yellen. Es handele sich um eine kleine Zinserhöhung. Die Fed werde die Märkte genau beobachten und auch künftig vorsichtig vorgehen.

Entsprechend Yellens Worten rechnen die meisten Experten mit einer langsamen Anhebung der Zinsen. Yellen werde im kommenden Jahr sehr behutsam mit weiteren Zinserhöhungen umgehen, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe. "In Anbetracht der fragilen Lage im Verarbeitenden US-Gewerbe bleiben weitere Zinsschritte eine Gratwanderung."

Christopher Probyn, Chefökonom beim Vermögensverwalter State Street Gobal Advisors, geht davon aus, dass vor künftigen Zinsentscheidungen wieder viel Unklarheit herrschen dürfte. "Die Zinserhöhung wird eine volatile Phase einleiten", so Probyn. "Der Markt wird von nun an vor jedem Treffen der Federal Reserve darüber spekulieren, ob die Notenbank eine Anhebung der Zinsen verkündet oder doch lieber abwartet."

'BETRÄCHTLICHE WIRTSCHAFTLICHE FORTSCHRITTE'

Wie genau es künftig weitergeht, dürfte von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Das weitere Tempo der Zinsanhebung hänge vom wirtschaftlichen Ausblick und den Konjunkturdaten ab, hieß es von der Fed. Die Notenbank senkte ihre Inflationsprognose für das kommende Jahr auf 1,6 Prozent. Bislang war sie von 1,7 Prozent ausgegangen. Gleichzeitig hob sie die Wachstumsprognose für 2016 von bisher 2,3 Prozent auf 2,4 Prozent an.

Mit der Entscheidung, die Zinsen anzuheben, habe die Notenbank auf "beträchtliche wirtschaftliche Fortschritte" reagiert, sagte Yellen. Am Arbeitsmarkt und vor allem bei der Lohnentwicklung habe es bedeutende Verbesserungen gegeben. Es gebe zudem Anzeichen, dass das Lohnwachstum anziehe.

Die langfristigen Inflationserwartungen seien überwiegend stabil, wenn auch der starke Dollar und die niedrigen Ölpreise auf die Teuerungsrate drückten. Dies seien jedoch vorübergehende Effekte. Von dem jüngsten Abwärtstrend bei den Ölpreisen zeigte sich Yellen zwar überrascht. Die Fed gehe jetzt von einer Stabilisierung der Ölpreise aus. Die US-Exporte würden durch den starken Dollar und das schwache Wachstum der Weltwirtschaft zwar belastet. Allerdings seien die vom Ausland ausgehenden wirtschaftlichen Risiken seit dem Sommer gesunken.

EXPERTEN BEGRÜSSEN ENTSCHEIDUNG

Analysten und Bankenvertreter sind sich einig, dass die Einleitung der Zinswende ein richtiger Schritt war. "Die Zinserhöhung ist eine gute Nachricht", sagte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Bankenverbandes. "Sie zeigt, dass die Fed dem konjunkturellen Aufschwung in den USA vertraut und die Folgen der Finanzkrise zum größten Teil als überwunden ansieht."

Frank Hübner, Ökonom beim Bankhaus Sal. Oppenheim, sieht in der Fed-Entscheidung einen "Adelsschlag" für die erholte US-Wirtschaft. Für 2016 rechnet Hübner mit weiteren Zinsanhebungen von insgesamt rund einem Prozentpunkt.

EUROKURS SCHWANKT - AKTIEN LEGEN LEICHT ZU

An den Aktienmärkten wurden die Zinserhöhung und die Begründung positiv aufgenommen. Der Dow Jones Industrial (Dow Jones) ging mit einem Aufschlag von 1,28 Prozent aus dem Handel. An den asiatischen Börsen ging es ebenfalls bergauf, und beim DAX wird beim Broker IG ein Anstieg um rund 1,2 Prozent auf knapp 10 600 Punkte indiziert. Der Eurokurs kam zuletzt deutlich unter Druck, nachdem er am Mittwochabend kurzzeitig noch über die Marke von 1,10 Dollar gestiegen war. Zuletzt war die europäische Gemeinschaftswährung noch 1,0846 Dollar wert - und damit deutlich weniger als vor der Zinsentscheidung.

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