Leitzinsentscheid |
22.09.2016 06:32:45
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US-Notenbank Fed sendet Signale für Zinserhöhung im Dezember
Über den genauen Zeitpunkt einer weiteren Zinserhöhung ließen die Währungshüter die Marktteilnehmer erneut im Ungewissen, doch scheint die Zahl derer zu wachsen, die noch vor Jahresende den nächsten Zinsschritt machen wollen. Die Entscheidung fiel mit drei Gegenstimmen: Esther George, Loretta Mester und Eric Rosengren votierten für eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte. Im Juli hatte nur George für eine sofortige Straffung gestimmt.
Die Fed hatte ihre Zinsen im Dezember 2015 erstmals seit fast zehn Jahren wieder angehoben, und zwar um 25 Basispunkte. Seither zauderte sie mit weiteren Zinsschritten, weil immer wieder Zweifel an der Stabilität des Aufschwungs aufkamen; auch der Brexit-Beschluss der Briten sorgte zeitweise für Ungewissheit.
Erste Gelegenheit für die Fed im Dezember
Viele Experten rechnen damit, dass die Fed erst nachlegen wird, wenn die US-Präsidentschaftswahl gelaufen ist. Die erste Gelegenheit wäre im Dezember. "Die Argumente für eine Zinserhöhung sind stärker geworden", hieß es im Begleittext zum Zinsbeschluss. Allerdings wolle der Ausschuss "vorerst" noch abwarten, bis sich die Anzeichen, dass sich die Wirtschaft in Richtung ihrer Zielvorgabe entwickelt, verfestigen.
In ihrer Pressekonferenz sagte Fed-Chefin Yellen, dass sie in diesem Jahr noch eine Zinserhöhung erwartet, sollte die US-Wirtschaft auf Kurs bleiben. "Die Entscheidung, die Zinsen nicht sofort zu erhöhen, beruhte großteils auf der Beobachtung, dass es derzeit keine Anzeichen für eine Überhitzung der Wirtschaft gibt", sagte Yellen und wies damit den Vorwurf zurück, die Fed lasse sich vom laufenden Wahlkampf in den USA beeinflussen; die Fed sei nicht "politisch kompromittiert".
Der Fokus des Treffens habe auf dem Timing der Zinserhöhungen gelegen. Der Leitzins könne bei jeder Sitzung erhöht werden, so auch im November, sagte Yellen. Wie bei jedem Treffen würden auch im November die hereinkommenden Daten analysiert. Die Zinsentscheidungen fußten auf ökonomischen Faktoren und nicht auf politischen Überlegungen.
Projektionen unterstreichen Differenzen im Rat
Den Projektionen zufolge erwarten zehn von insgesamt 17 Währungshütern, dass bis Dezember die Fed-Funds-Rate um 25 Basispunkte steigt. Drei Ratsmitglieder rechnen mit gar keinem Schritt in diesem Jahr, vier Notenbanker erwarten indes mehr als einen Zinsschritt. Diese unterschiedlichen Projektionen unterstreichen die internen Differenzen in der Notenbank über den künftigen Kurs.
Indes wurden die Zinsprojektionen für die nächsten zwei Jahre nach unten revidiert: Für Ende 2017 lautet die Projektionen jetzt 1,1 (zuvor: 1,6) Prozent, für Ende 2018 auf 1,9 (zuvor: 2,6) Prozent. Der aktualisierten Projektionen sehen also für 2016 eine Zinserhöhung vor, für 2017 zwei Schritte und für 2018 drei Schritte. Die für 2019 erstmals genannte Zinsprojektion von 2,6 Prozent liegt immer noch unter der langfristigen Projektion, die leicht auf 2,9 (zuvor: 3,0) Prozent nach unten genommen wurde.
Analysten sehen Signale für Zinserhöhung
"Eine wichtige Änderung im Kommunique der Fed ist die Einschätzung, dass die kurzfristigen Risiken für den Wirtschaftsausblick nun annähernd ausgewogen sind", sagte BNP-Paribas-Ökonom Paul Mortimer-Lee. "Das ist eine Aufwertung gegen dem Juli, als es hieß, die Risiken hätten abgenommen." Die Fed scheine sich für eine Zinserhöhung im Dezember zu positionieren. Sollten keine schwerwiegenden Ereignisse eintreten, dürfte eine Zinserhöhung kaum ausbleiben.
Eine ganz ähnliche Einschätzung vertritt Unicredit-Experte Harm Bandholz: "Die Fed hat klare Signale für eine Zinserhöhung in diesem Jahr gesendet - ein falkenhafteres Statement, drei Abweichler für eine sofortige Zinserhöhung und eine Zinsprojektionen, in der eine große Mehrheit eine Straffung in diesem Jahr erwartet."
Es gibt allerdings auch Analysten, die nicht so stark überzeugt sind, dass die Fed im Dezember wirklich an der Zinsschraube drehen wird. "Nichts in den Daten weist darauf hin, dass wir zu Jahresende ein stärkeres Wachstum oder eine höhere Inflation sehen werden", meint Chris Gaffney von der Everbank. "Daher bin ich nicht überzeugt, dass die Fed im Dezember in einer besseren Position sein wird, um die Zinsen zu erhöhen."
Diese Einschätzung schien auch an den Finanzmärkten vorzuherrschen: Der Dow-Jones-Index legte nach einer gewissen Verzögerung deutlicher zu, er gewinnt aktuell 1,0 Prozent. Der Dollar gab gegenüber dem Euro etwas nach. Die US-Staatsanleihen legten leicht zu, im Gegenzug fielen die Renditen etwas. Auch das Gold notierte fester.
DJG/apo/raz
Dow Jones Newswires
Von Jon Hilsenrath und Andreas Plecko
WASHINGTON (Dow Jones)
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