03.02.2022 16:26:40

MÄRKTE EUROPA/Falkenhafte Lagarde lässt Zinsen und Euro steigen

FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte notieren am Donnerstagnachmittag tief im Minus. Es ist der Tag der Notenbanken - zunächst die Bank of England, dann nach einem kurzen Verschnaufen die Europäische Zentralbank. Und beide überraschten die Märkte. Dies sorgte vor allem am Devisen- und Anleihemarkt für Bewegung, der Euro stieg zwischenzeitlich über 1,14 Dollar, die Rendite der Bundesanleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren steigt um 10 Basispunkte auf 0,14 Prozent. Die Risiko-Assets kamen in der Folge deutlich unter Druck. Der DAX verliert 1 Prozent auf 15.463 Punkte, für den Euro-Stoxx-50 geht es um 1,4 Prozent auf 4.165 Zähler nach unten.

Die Bank of England hob die Leitzinsen um 0,25 Prozent auf nun 0,5 Prozent an, was so zunächst erwartet wurde. Doch damit nicht genug, fast hätte es im Rat eine Mehrheit für eine Anhebung um 0,50 Prozent gegeben. Zudem wurde beschlossen, dass die Bilanz nach dem massiven Aufblähen mit dem Kauf von Anleihen während der Corona-Krise nun verschlankt werden soll. Dies ist das erste Mal im aktuellen Zyklus, dass eine der großen Zentralbanken eine nachhaltige Schrumpfung ihrer Bilanz in Angriff nimmt.

Falkenhafte Lagarde öffnet Tür für Zinsanhebung 2022

Nachdem EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Dezember noch aufkeimenden Spekulationen um eine Zinserhöhung mit dem deutlichen Hinweis begegnet war, dass eine Anhebung des Leitzinses im Jahr 2022 sehr unwahrscheinlich sei, vermied es die oberste europäische Währungshüterin nun, sich erneut so stark festzulegen. Stattdessen betonte sie die Datenabhängigkeit und wies auf das EZB-Treffen im März hin, wenn neue Projektionen anstehen. Gleichzeitig sind die Inflationsrisiken deutlich gestiegen. Dies interpretiert Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa der DWS als Indikation dafür, dass nun auch für die Eurozone angesichts anhaltend hoher Inflationsraten die Diskussion über einen schnelleren Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik an Fahrt gewinne. Eine erste Zinserhöhung noch in diesem Jahr scheine damit ein durchaus realistisches Szenario.

Für Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank, hat die EZB auf ihrer Sitzung indirekt eingeräumt, die Inflationsrisiken unterschätzt zu haben. Deshalb müsse EZB-Chefin Lagarde ihre bisherige geldpolitische Strategie aufgeben. Ab sofort sei eine Zinserhöhung in diesem Jahr nicht mehr ausgeschlossen. Wann diese komme, sei allerdings noch offen. Die EZB wolle "flexibel reagieren". Diese Wendung sei ein Schritt in die richtige Richtung. Es bestehe zwar nicht die Notwendigkeit, bereits im Frühjahr die Zinsen anzuheben. Schließlich zeichne sich in Europa bisher noch keine Lohn-Preis-Spirale ab. Aber mit Lagardes Bereitschaft, wachsam zu sein und flexibel zu handeln, habe sich das Fenster für eine Verschärfung der Geldpolitik weit geöffnet.

Technikaktien schwach

Mit heftigem Gegenwind haben an der Börse, auch mit Blick auf die steigenden Marktzinsen, die Aktie aus dem Technologiesektor (-3,1%) zu kämpfen. Zudem lieferten aus den USA die Schwergewichte wie der Facebook-Konzern Meta sowie Spotify enttäuschende Geschäftszahlen für das abgelaufene Quartal. "Die Berichtssaison hat ihre erste ganz große Enttäuschung", kommentiert QC Partners. Für die Infineon-Aktie geht es nach guten Geschäftszahlen um 4,0 Prozent nach unten. Bemängelt wird an der Börse nach einem guten Start in das Jahr ein doch sehr konservativer Ausblick von Infineon, der an der Börse einige Anleger verstimmt. Die Titel leiden aber auch unter dem schwachen Umfeld für Technologiewerte.

Im Industriegütersektor sind die Geschäftszahlen der Schweizer ABB durchwachsen ausgefallen. Während der Umsatz im vierten Quartal leicht über den Erwartungen liege, habe der operative Gewinn den Konsens knapp verfehlt, heißt es. Die Aktie büßt 2,5 Prozent ein.

T-Aktie mit Rückenwind von US-Tochter

Nach Zahlenausweis der Tochter T-Mobile US geht es für den Kurs der Deutschen Telekom um 3,4 Prozent nach oben. Die DZ Bank wertet das Rekordergebnis der US-Tochter im vergangenen Jahr als "klar positiv" auch für die Konzernmutter Deutsche Telekom. Der anfängliche Ausblick für das laufende Jahr erscheine aber eher konservativ, er dürfte im Laufe des Jahres angehoben werden. Gleichwohl dürften die Marktteilnehmer "sicherlich noch mehr Tiefstapeln befürchtet" haben.

Für Roche geht es dagegen um 0,8 Prozent nach unten. "Das Zahlenwerk offenbart ähnliche Schwächen wie schon bei Novartis", sagt ein Händler. Während die Umsätze stiegen, enttäusche die Gewinnentwicklung. Publicis gewinnen dagegen 0,6 Prozent. Das Verlagshaus hat laut der Citigroup die Erwartungen deutlich geschlagen. Das bessere organische Wachstum von 9,3 Prozent, dem eine Marktschätzung von 6,1 Prozent entgegenstehe, spiegele sich in besseren Margen, besseren Ergebnissen, einem besseren Cashflow sowie einer geringeren Verschuldung wider. Der Ausblick für 2022 falle ebenfalls gut aus.

BT verlieren rund 4 Prozent, nachdem der Telekomkonzern in den ersten neun Monaten seines Geschäftsjahrs einen Umsatz- und Gewinnrückgang verzeichnet hat. Ursächlich seien Lieferkettenprobleme gewesen. Außerdem habe sich die Erholung von den Folgen der Covid-19-Pandemie verzögert.

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Aktienindex zuletzt +/- % absolut +/- % YTD

Euro-Stoxx-50 4.164,37 -1,4% -57,68 -3,1%

Stoxx-50 3.753,91 -1,3% -50,25 -1,7%

DAX 15.462,61 -1,0% -151,16 -2,7%

MDAX 33.724,46 -0,9% -312,98 -4,0%

TecDAX 3.471,34 -1,5% -52,71 -11,5%

SDAX 15.069,22 -1,8% -277,03 -8,2%

FTSE 7.563,51 -0,3% -19,49 +2,7%

CAC 7.035,40 -1,1% -79,87 -1,6%

Rentenmarkt zuletzt absolut +/- YTD

Dt. Zehnjahresrendite 0,13 +0,09 +0,31

US-Zehnjahresrendite 1,83 +0,05 +0,32

DEVISEN zuletzt +/- % Do, 8:55 Mi, 17:32 % YTD

EUR/USD 1,1409 +0,9% 1,1295 1,1297 +0,4%

EUR/JPY 131,05 +1,3% 129,44 129,17 +0,1%

EUR/CHF 1,0476 +0,9% 1,0400 1,0381 +1,0%

EUR/GBP 0,8391 +0,8% 0,8332 0,8331 -0,1%

USD/JPY 114,89 +0,4% 114,52 114,34 -0,2%

GBP/USD 1,3593 +0,1% 1,3556 1,3559 +0,5%

USD/CNH (Offshore) 6,3554 -0,1% 6,3679 6,3623 +0,0%

Bitcoin

BTC/USD 36.860,16 -0,5% 37.050,11 37.219,92 -20,3%

ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD

WTI/Nymex 87,81 88,26 -0,5% -0,45 +17,3%

Brent/ICE 89,04 89,47 -0,5% -0,43 +14,9%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD

Gold (Spot) 1.799,45 1.806,77 -0,4% -7,33 -1,6%

Silber (Spot) 22,21 22,83 -2,7% -0,61 -4,7%

Platin (Spot) 1.031,30 1.036,40 -0,5% -5,10 +6,3%

Kupfer-Future 4,44 4,50 -1,2% -0,05 -0,5%

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Kontakt zum Autor: thomas.leppert@wsj.com

DJG/thl/flf

(END) Dow Jones Newswires

February 03, 2022 10:27 ET (15:27 GMT)

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