10.05.2016 13:57:45

IWF: Deutsche Lebensversicherer versprechen immer noch zu hohe Zinsen

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT (Dow Jones)-- Deutsche Lebensversicherer versprechen ihren Kunden nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zwar deutlicher niedrigere Zinsen als früher, aber immer noch zu hohe. In seinem aktuellen Financial Sector Assessment Program (FSAP) für Deutschland kommt der IWF zu dem Ergebnis, dass die deutschen Versicherer noch stärker als ihre europäische Konkurrenz unter dem aktuellen Niedrigzinsumfeld leiden. Er fordert die Aufsichtsbehörden auf, gemeinsam mit der Branche einen Kommunikationsplan für 2017 zu entwerfen, in dem allen Betroffenen die Auswirkungen der dann geltenden Solvenzrichtlinie Solvency II klar gemacht werden sollen.

   Michaela Erbenova, FSAP-Missionschefin für Deutschland, wies in einem Gespräch darauf hin, dass die Versicherer auch in Neuverträgen noch Festzinszusagen von 1 bis 2 Prozent machten. Zwar seien es früher 3 Prozent gewesen, "aber auch das ist angesichts des Zinsumfelds relativ hoch", sagte sie. "Darunter leidet die Solvenz, die Versicherer müssen ihr Geschäftsmodell überdenken."

   Sorgen bereitet der Missionschefin auch, dass auf Neuverträge ohne feste Zinszusagen erst 15 Prozent der Prämieneinnahmen entfielen. "Der Übergang von Festzinsprodukten zu fondsgebundenen Produkten wird länger dauern", prophezeite sie. Das Problem für deutsche Versicherer ist, dass ihre Kunden an Festzinsprodukte gewöhnt sind und der Wettbewerb der Versicherer untereinander hart ist.

   Der IWF fordert daher in seinem Bericht die Aufsichtsbehörden auf, den Sektor genau zu beobachten und von Unternehmen, die in Schwierigkeiten steckten, Notfallpläne zu fordern. Erschwerend kommt für die Versicherer hinzu, dass sich in der Aufsicht unter der Geltung der Solvenzrichtlinie Solvency II ein Paradigmenwechsel vollzieht - weg von Anlagevorschriften hin zu der Forderung, Risiken mit Eigenkapital zu unterlegen. Das erhöht den Druck, sich den Niedrigzinsen anzupassen.

   Dass die Behörden den Versicherern den lange Übergangsfristen für die Einführung der neuen Standards eingeräumt haben, sieht der IWF mit gemischten Gefühlen. "16 Jahre Übergangszeitraum sind angesichts des Niedrigzinszeitraums angemessen, aber die Unternehmen müssen diese Zeit auch nutzen", sagte Erbenova.

   Der IWF erwartet, dass von Übergangsregelungen vor allem Versicherer mit einem hohen Anteil traditioneller Produkte, einer geringen Trendprofitabilität und niedrigen stillen Reserven auf der Aktivseite Gebrauch machen werden. "Die Behörden konzentrieren ihre Aufsichtsaktivität sehr zu Recht auf diese Unternehmen. Sie sollten gemeinsam mit der Branche einen Kommunikationsplan im Vorfeld von 2017 aufstellen, wenn die neuen Solvenzmaßnahmen veröffentlicht werden, und allen Betroffenen die Auswirkungen des Übergangs zu Solvency II klar machen."

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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   May 10, 2016 07:46 ET (11:46 GMT)

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